Ihr-Recht-Blog

24. Mai 2023

OLG Saarbrücken zu den AGB eines Maklervertrages

Das OLG Saarbrücken hat mit Urteil vom 29.03.2023, Az. 5 U 72/22 ausgeführt, dass eine Regelung in den AGB eines Makler-Alleinauftrags, wonach der bereits durch die schriftliche Vereinbarung oder die Inanspruchnahme der Tätigkeit zu Stande gekommene Vertrag eine Laufzeit von 12 Monaten „ab Online-Schaltung der Immobilie auf unserer Homepage und im Internet“ haben und sich sodann mangels Kündigung jeweils um einen weiteren Monat verlängern soll, wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam ist, weil sie den Beginn der 12-Monats-Frist, vor deren Ablauf eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, unabhängig vom Vertragsbeginn und der damit einhergehenden Bindung des Kunden in das freie Belieben des Maklers stellt und überdies von Voraussetzungen abhängig macht, die für den Kunden nicht zu beeinflussen sind

Das OLG Saarbrücken sieht eine solche Regelung auch deshalb als intransparent an, weil sie vordergründig auf die Vertragslaufzeit von „12 Monaten ab Online-Schaltung“ abstellt und sich nur in der Zusammenschau mit den weiteren Regelungen ergibt, dass der Kunde eine Bindung bereits mit Abschluss des Vertrags eingeht und der Makler es in der Hand hat, über den Beginn der 12-Monats-Frist selbst zu bestimmen.

Mit ihrer am 5. April 2022 zum Landgericht Saarbrücken erhobenen Klage hatte die Klägerin (wörtlich) die Feststellung begehrt, dass ein von den Parteien geschlossener Maklervertrag von ihr wirksam gekündigt worden sei und dass die Beklagte keinen Anspruch auf eine von ihr geforderte Abstandszahlung in Höhe von 71.043,- Euro habe. Die Klägerin hatte sich nach dem Tode ihres Ehemannes zum Verkauf des Anwesens H. in M. entschlossen und zu diesem Zweck der Beklagten einen „qualifizierten Alleinauftrag“ erteilt, den diese mit Schreiben vom 11. November 2021 unter Beifügung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) „bestätigt“ hatte (Bl. 8 ff. GA); in den AGB der Beklagten (Bl. 12 GA) hieß es u.a.:

„1. Der Maklervertrag zwischen dem Kunden und uns kommt entweder durch schriftliche Vereinbarung oder durch die Inanspruchnahme unserer Maklertätigkeit auf der Grundlage bzw. in Kenntnis der für die erfolgreiche Vermittlungs-/Nachweistätigkeit anfallenden Provisionsforderung zustande. Ergibt sich nicht aus den Umständen oder abweichenden Vereinbarungen etwas anders, hat der Vertrag eine Laufzeit von mindestens 12 Monaten ab Online-Schaltung und wird individuell im Maklervertrag eingesetzt. Der Vertrag verlängert sich jeweils automatisch um einen weiteren Monat, wenn nicht eine Vertragspartei mit einer Frist von einem Monat vor Vertragsende gekündigt hat.

2. Der Kunde ist nicht berechtigt, während der Laufzeit des Maklervertrages mit uns andere Makler mit Vermittlungs- und/oder Nachweistätigkeiten betreffend das Vertragsobjekt zu beauftragen. Bei schuldhaftem Verstoß gegen diese Regelung haftet der Kunde uns für die hierdurch entstehenden Schäden.

[…]

6. Kennt der Kunde bei Abschluss des Maklervertrages die Vertragsgelegenheit betreffend das angebotene Vertragsobjekt sowie die Vertragsbereitschaft des anderen Vertragsteils des Hauptvertrages (Vorkenntnis), oder erlangt er diese Kenntnis während der Laufzeit des Maklervertrages von dritter Seite, so hat er uns dies unverzüglich mitzuteilen.“

Der Senat sah in den Klauseln zur Laufzeit des Vertrages mit der Folge, dass während dieses Zeitraumes eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen sein soll, eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB, weil diese Regelungen dahin ausgelegt werden können, dass sie den Beginn der 12-Monats-Frist, vor deren Ablauf eine ordentliche Kündigung nicht in Betracht kommt, unabhängig vom davor liegenden Vertragsbeginn und der damit einhergehenden Bindung des Kunden in das freie Belieben der Beklagten stellen und überdies von Voraussetzungen abhängig machen, die für die Klägerin nicht zu beeinflussen sind. Das führt zur Unwirksamkeit der Laufzeitklausel mit der Folge, dass das Vertragsverhältnis von der Klägerin nach allgemeinen Grundsätzen jederzeit beendet werden konnte und die unter Wahrung einer Monatsfrist am 27. Januar 2022 erklärte Kündigung zum 28. Februar 2022 wirksam gewesen ist:

19. Mai 2023

BGH zur Erforderlichkeit des Zustellungsdatums auf der Zustellungsurkunde

Der BGH hat mit Urteil vom 15.03.2023, Az. VIII ZR 99/22 ausgeführt, daß es sich bei der Verpflichtung des Zustellers gem. § 180 Satz 3 ZPO, das Datum der Zustellung auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks zu vermerken, um eine zwingende Zustellungsvorschrift i.S.d. § 189 ZPO handelt mit der Folge, dass das Schriftstück bei einer Verletzung dieser Vorschrift erst mit dem tatsächlichen Zugang als zugestellt gilt (im Anschluss an BGH, IBR 2022, 547).

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt nimmt der Kläger den Beklagten auf Erstattung von Stromkosten in Anspruch. Das Amtsgericht hat den Beklagten durch Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren antragsgemäß verurteilt. Die Zustellung dieser Entscheidung an den Beklagten erfolgte am 7. Oktober 2021 durch Einlegen in den zur Wohnung des Beklagten gehörenden Briefkasten. Die zur Gerichtsakte gelangte Zustellungsurkunde enthält die Bemerkung, dass der Tag der Zustellung durch den Zusteller auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks vermerkt wurde.

Mit am 22. Oktober 2021, einem Freitag, beim Amtsgericht eingegangenem anwaltlichen Schriftsatz hat der Beklagte Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt. Nachdem ihn das Amtsgericht auf die Nichteinhaltung der zweiwöchigen Einspruchsfrist hingewiesen hatte, hat der Beklagte vorgetragen, den Brief mit dem Versäumnisurteil erst am 8. Oktober 2021 aus dem Briefkasten entnommen zu haben. Auf dem Umschlag sei das Zustellungsdatum nicht vermerkt gewesen.

Der BGH hat das Verfahren zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes zurückverwiesen und ausdrücklich darauf hingewiesen, daß den Kläger die Darlegungs- und Beweislast für eine noch am 7. Oktober 2021 erfolgte tatsächliche Kenntnisnahme des Beklagten von dem Versäumnisurteil im Sinne des § 189 ZPO trifft (vgl. MünchKommZPO/Häublein/Müller, 6. Aufl., § 189 Rn. 20; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 189 Rn. 17; jeweils mwN) und es insoweit nicht genügt, den unter Beweis gestellten Vortrag des Beklagten, er habe den Brief erst am 8. Oktober 2021 aus dem Briefkasten genommen, lediglich zu bestreiten.

10. Mai 2023

OVG Nordrhein-Westfalen zur Löschung des überschuldeten Architekten aus der Architektenliste

Das OVG Nordrhein-Westfalen hat mit Beschluss vom 14.04.2023, Az. 4 B 866/21 entschieden, dass die Eintragung eines Architekten aus der Architektenliste ist u. a. dann zu löschen ist, wenn nach der Eintragung Tatsachen eintreten oder bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass er die für die Wahrnehmung der Berufsaufgaben erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn ein Architekt überschuldet ist und über kein tragfähiges Sanierungskonzept verfügt, das den Schluss auf einen baldigen Schuldenabbau rechtfertigt.

Ausnahmsweise kommt eine andere Beurteilung auch ohne Sanierungskonzept in Betracht, wenn trotz Überschuldung im Einzelfall keine Gefahren für diejenigen Personen bestehen, die Architektenleistungen in Anspruch nehmen möchten. Die Annahme einer solchen Sondersituation setzt zumindest voraus, dass ein überschuldeter Architekt, um die Löschung aus der Architektenliste zu vermeiden, seine selbstständige Tätigkeit vollständig und nachhaltig aufgibt, nur noch als angestellter Architekt auftritt und mit seinem Arbeitgeber rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Auftraggeber effektiv verhindern, so das OVG. Allein die Aufgabe der Selbstständigkeit und die Aufnahme einer Tätigkeit als angestellter Architekt schließen die Gefährdung schon deshalb nicht aus, weil der Antragsteller bei Fortbestand seiner Erlaubnis jederzeit die Möglichkeit hat, wieder selbstständig auf eigene Rechnung tätig zu werden, ohne dass dies von der Architektenkammer oder von seinem Arbeitgeber ohne Weiteres kontrolliert werden kann (vgl. bezogen auf Rechtsanwälte BGH, Beschluss vom 18.10.2004 – AnwZ (B) 43/03 -; siehe zur Art und Eignung solcher einzelfallbezogener Maßnahmen bei auch gewerblich tätigen Steuerberatern z. B. OVG NRW, Urteil vom 15.5.2017 – 4 A 2197/13 -).

2. Mai 2023

Zur Rückforderung von Mieten durch Mieter im Sozialleistungsbezug

Jegliche Forderung eines Beziehers von Sozialleistungen aus einem Mietverhältnis, die während des Bezugs von Sozialleistungen fällig wird, geht nach § 33 Abs. 1 SGB II auf den zuständigen Leistungsträger über, soweit sie im Falle ihrer pünktlichen Erfüllung gemäß § 22 Abs. 3 SGB II den Leistungsbezug des Folgemonats gemindert hätte. Für einen im Leistungsbezug stehenden Mieter bedeutet dies, dass er Ansprüche auf Rückzahlung rechtsgrundlos geleisteter Miete – beispielsweise wegen unter Verstoß gegen die „Mietpreisbremse“ nach §§ 556d ff. BGB überhöhter Mietforderungen oder wegen Eintritt eines Mangels, der nach § 536 BGB zur Minderung der Miete führt – nur dann im eigenen Namen geltend machen kann, wenn ihm der Leistungsträger die Forderungen nach § 33 Abs. 4 SGB II rücküberträgt.

Entsprechend hat das LG Berlin mit Urteil vom 19.04.202, Az. 64 S 190/21 (im Anschluss an LG Hamburg, Urteil vom 31.03.2022 – 333 S 17/21, und LG Hamburg, Urteil vom 31.05.2016 – 316 S 81/15, IMRRS 2016, 1287 = GE 2016, 917 ff.) die Klage eines Mieters auf anteilige Rückzahlung der im Zeitraum September 2018 bis Juni 2020 geleisteten Miete zurückgewiesen.

Der Kläger machte geltend, die Miete sei sittenwidrig überhöht gewesen, er beruft sich außerdem auf einen Verstoß gegen die „Mietpreisbremse“ gemäß §§ 556d ff. BGB und meint, die Miete sei im Zeitraum 15. September 2019 bis 23. März 2020 wegen eines Wasserschadens vollständig auf null gemindert gewesen. Die Mietzahlungen für den Kläger und seinen damaligen Mitmieter wurden ganz überwiegend durch das zuständige Jobcenter erbracht; die Beklagte meinte deshalb, dass die geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht dem Kläger zustünden, sondern gemäß § 33 Abs. 1 SGB II auf das Jobcenter übergegangen seien.

Das LG Berlin hat sich der Meinung der Beklagten angeschlossen, jedoch die Revision gegen das Urteil zum BGH zugelassen.

24. April 2023

BGH zur Reservierungsgebühr beim Maklervertrag

Der unter anderem für das Maklerrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 20. April 2023, Az. I ZR 113/22 entschieden, dass die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Verpflichtung eines Maklerkunden zur Zahlung einer Reservierungsgebühr unwirksam ist.

In dem der Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Sachverhalt beabsichtigten die Kläger den Kauf eines von der Beklagten als Immobilienmaklerin nachgewiesenen Grundstücks mit Einfamilienhaus. Die Parteien schlossen einen Maklervertrag und im Nachgang dazu einen Reservierungsvertrag, mit dem sich die Beklagte verpflichtete, das Grundstück gegen Zahlung einer Reservierungsgebühr bis zu einem festgelegten Datum exklusiv für die Kläger vorzuhalten. Die Kläger nahmen vom Kauf Abstand und verlangen von der Beklagten die Rückzahlung der Reservierungsgebühr.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen (AG Dresden, Urteil vom 23. April 2021, Az. 113 C 4884/20). Das Landgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen (LG Dresden, Urteil vom 10. Juni 2022, Az. 2 S 292/21). Der Reservierungsvertrag sei wirksam. Er stelle eine eigenständige Vereinbarung mit nicht nach den §§ 307 ff. BGB kontrollfähigen Hauptleistungspflichten dar.

Der Bundesgerichtshof hat dagegen die Beklagte auf die Revision der Kläger zur Rückzahlung der Reservierungsgebühr verurteilt.

Der Reservierungsvertrag unterliegt der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, weil es sich dabei nach dem Inhalt der getroffenen Abreden nicht um eine eigenständige Vereinbarung, sondern um eine den Maklervertrag ergänzende Regelung handelt. Dass der Reservierungsvertrag in Form eines gesonderten Vertragsdokuments geschlossen wurde und später als der Maklervertrag zustande kam, steht dem nicht entgegen.

Der Reservierungsvertrag benachteiligt die Maklerkunden im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen und ist daher unwirksam, weil die Rückzahlung der Reservierungsgebühr ausnahmslos ausgeschlossen ist und sich aus dem Reservierungsvertrag weder für die Kunden nennenswerte Vorteile ergeben noch seitens des Immobilienmaklers eine geldwerte Gegenleistung zu erbringen ist. Außerdem kommt der Reservierungsvertrag der Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Provision zugunsten des Maklers gleich. Das widerspricht dem Leitbild der gesetzlichen Regelung des Maklervertrags, wonach eine Provision nur geschuldet ist, wenn die Maklertätigkeit zum Erfolg geführt hat, so der BGH.

18. April 2023

OLG Düsseldorf zur fiktiven Abrechnung von Mangelfolgeschäden

Verlangt ein Besteller Ersatz der Kosten für die Beseitigung eines Mangelfolgeschaden, darf er sie fiktiv abrechnen und der Berechnung seines Schadensersatzanspruchs die sachverständig ermittelten durchschnittlichen Stundenlöhne bzw. den durchschnittlich anfallenden Arbeitsaufwand zugrunde legen.

Entsprechend hat dies das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 04.11.2021, Az. 23 U 223/20 ausgeführt; die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 23.06.2022, Az. VII ZR 844/21 zurückgewiesen.

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt begehrt die klagende Kirchengemeinde von der Beklagten, die sie in Zusammenhang mit einem Umbauvorhaben an dem seitlich zum Kirchengebäude gelegenen Anbau mit der Durchführung von Abbruch- und Erdarbeiten beauftragt hatte, die Erstattung der Kosten für die Sanierung und Reinigung der Kirchenorgel von Baustaub.

Ausgehend von den in einem Gutachten des Sachverständigen – eingeholt im Rahmen eines vorangegangen selbstständigen Beweisverfahren – festgestellten Sanierungskosten hat die Klägerin die Beklagte erstinstanzlich auf Zahlung von 23.950,00 Euro für die Sanierung der Kirchenorgel im Kirchengebäude aufgrund des durch die Bautätigkeit der Beklagten entstandenen Staubschadens in Anspruch genommen. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme stand fest, dass die seitens der Beklagten mit schwerem Gerät durchgeführten Stemm- bzw. Abbrucharbeiten an dem Lichtschacht vor dem Technikraum zu der Staubentwicklung im Technikraum und im Kircheninnern geführt hatten. Für die Beklagte habe eine vertragliche Nebenpflicht bestanden, Vorkehrungen gegen den Staubanfall zu treffen, die sie verletzt habe. Eine blaue Plane, die sie vor der Öffnung zum nach außen führenden Lichtschacht lediglich lose befestigt habe und die nach rechts und links offen gewesen sei, habe keine geeignete Sicherungsmaßnahme dargestellt. Die Notwendigkeit von Sicherungsmaßnahmen sei für die Beklagte, ein erfahrenes Fachunternehmen, nicht zuletzt aufgrund der Dimension des Abzugsschachts von erheblicher Größe auch erkennbar gewesen, so die Feststellungen.

Der Senat hat darauf hingewiesen, daß die Beklagte fehl gehe, soweit sie die Auffassung vertritt, im Rahmen fiktiven Schadensersatzes könne nur der Mindestschaden geltend gemacht werden. Die fiktiv abrechnende Klägerin darf vielmehr die zur Beseitigung des entstandenen Schadens erforderlichen Kosten geltend machen, und zwar vor der tatsächlichen Vornahme der Arbeiten (und unabhängig von dieser) (MüKoBGB/Ernst, 8. Aufl. 2019, BGB § 281 Rn. 140). Erweist sich die Beseitigung der Schäden als teurer als vom Sachverständigen geschätzt, dann geht das zu Lasten des Schädigers, d.h. er hat den tatsächlich angefallenen Aufwand zu erstatten (MüKoBGB/Oetker, 8. Aufl. 2019, BGB § 249 Rn. 402). Solche Kosten sowie die bei Durchführung der Arbeiten anfallende Mehrwertsteuer soll der von der Klägerin gestellte, zulässige und begründete Feststellungsantrag abdecken. Auf einen Mindestschaden muss sich die Klägerin hingegen nicht verweisen lassen. Dies wäre entgegen der Ansicht der Beklagten gerade der Fall, wenn sie einen Kostenvorschussanspruch geltend machen würde. Da sie die Kosten für die Beseitigung eines Mangelfolgeschadens begehrt, darf sie aber fiktiv abrechnen und der Berechnung ihres Schadensersatzanspruchs die von dem Sachverständigen ermittelten durchschnittlichen Stundenlöhne bzw. den durchschnittlich anfallenden Arbeitsaufwand zugrunde legen.

13. April 2023

OLG Brandenburg zum Schadensersatz wegen Mängeln beim VOB-Vertrag

Das OLG Brandenburg hat mit Urteil vom 22.03.2023, Az. 4 U 190/21 einmal mehr darauf hingewiesen, daß die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen Mängel nach der Abnahme im VOB-Vertrag eine vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung voraussetzt.

Dabei kommt ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Mängeln aus § 13 Abs. 7 VOB/B vor der Abnahme nicht in Betracht. Eine vor der Abnahme erklärte Fristsetzung kann daher nicht als Fristsetzung zur Nacherfüllung ausgelegt werden.

Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung gegenüber dem Auftragnehmer ist entbehrlich, wenn dieser die Mängelbeseitigung endgültig und ernsthaft verweigert.

5. April 2023

OLG Koblenz zur Gewährleistung ohne Wartungsvertrag

Das OLG Koblenz hat mit – noch nicht rechtskräftigem – Urteil vom 09.03.2023, Az. 2 U 63/22 entschieden, dass in einem Werkvertrag mit einem Verbraucher eine Klausel unwirksam ist, die die Gewährleistungsverpflichtung des Unternehmers davon abhängig macht, dass die Durchführung der Wartung entsprechend der Herstellervorschriften nachgewiesen wird.

Kläger ist ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKIaG eingetragener Verein, der sich für Verbraucherschutz im Bauwesen einsetzt. Das OLG Koblenz sieht den Verbraucher durch diese Klausel als unangemessen benachteiligt im Sinne § 307 BGB an.

30. März 2023

AGH RLP zur Fortbildungsverpflichtung von Fachanwälten

Der AGH Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 25.02.2022, Az. 1 AGH 8/21 entschieden, dass die Befugnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung widerrufen werden kann, wenn der Fortbildungsnachweis nicht geführt wird. Ist die Teilnahme an einem Online-Seminar möglich gewesen, kann der Ausfall von Präsenzveranstaltungen im jeweiligen Fachgebiet aufgrund der Corona-Pandemie die Säumnis nicht entschuldigen.

Ob Anwältinnen und Anwälte ihrer Fortbildungspflicht genügt haben, steht erst nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres fest. Ist ein Jahr ohne Fortbildung verstrichen, können sie sich in diesem Jahr nicht mehr fortbilden. Die Nachholung versäumter Fortbildungsstunden im Folgejahr ist nicht möglich.

Der AGH hat weiterdarauf hingewiesen, dass eine einmalige Verletzung der Fortbildungspflicht den Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung zwar nicht zwingend rechtfertige. Dafür spricht bereits der Wortlaut des § 43 c Abs. 4 S. 2 BRAO („kann“). Zudem wäre ein Verständnis der Regelung in § 43 c Abs. 4 S. 2 BRAO, bei § 15 FAO handle es sich um eine „MussRegelung“, mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar und würde dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widersprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 02.04.2001, a.a.O., 1945; BGH, Beschluss vom 06.11.2000, a.a.O., 1572; BGH, Urteil vom 26.11.2012 – AnwZ (Brfg) 56/11, NJW 2013, 175, Rn. 12; BGH, Urteil vom 8.4.2013 – a.a.O., Rn. 10).

Bei der Ausübung des der Rechtsanwaltskammer danach zustehenden Ermessens sind daher sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, so etwa eine wegen einer Erkrankung des Rechtsanwalts unverschuldete Versäumung der Fortbildung (vgl. BGH, Beschluss vom 02.04.2001, a.a.O.). Fehlende Kenntnisse zur Handhabung eines Online-Seminars gelten nicht als Entschuldigungsgrund, so der AGH.

21. März 2023

LG München zum Maklerhonorar bei unterschiedlicher Provisionshöhe

Seit dem 23.12.2020 gilt bei Maklerverträgen, bei denen der Makler sowohl für Verkäufer als auch für Käufer tätig wird, die Regelung des § 656 c BGB.

Das LG München hat mit Urteil vom 30.01.2023, Az. 2 O 4028/21 entschieden, dass ein Maklervertrag über den Verkauf eines Einfamilienhauses, der eine unterschiedliche Höhe der Provision für Verkäufer und Käufer vorsieht, gem. § 656c Abs. 1 BGB unwirksam ist und der Makler hat keinen Anspruch auf den unwirksam vereinbarten Maklerlohn hat.

Dabei ist es ausreichend, wenn der Maklervertrag mit einer der Parteien nach dem Stichtag (23.12.2020) geschlossen wurde (Staudinger/Arnold (2021) BGB § 656c, Rn. 1 mHa Fischer NJW 2020, 3553, 3557 f). Das ergibt sich nach Ansicht des LG München auch aus dem Wortlaut der Übergangsvorschrift, wonach auf Rechtsverhältnisse, die vor dem 23.12.2020 entstanden sind, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung weiter anzuwenden sind.

§ 656c BGB und § 656d BGB regeln das sogenannte Halbteilungsprinzip (BT-Drs 19/15827 S. 22). Dieses soll, genau wie das Bestellerprinzip (§ 2 Absatz 1a WoVermG) vermeiden, dass Makler übermäßig von einem Marktversagen auf angespannten Immobilienmärkten profitieren. Bei angespannter Marktlage unterliegt die Provisionshöhe keinem Leistungswettbewerb, wenn der Erstveranlasser der Maklertätigkeit, wie häufig, der Verkäufer ist. Dieser kann aufgrund seiner Marktposition in der Regel durchsetzen, dass die Bezahlung der von ihm veranlassten Maklertätigkeit vom Käufer übernommen wird (BT-Drs. 19/15872 S. 10). So kommt es zum Auseinanderfallen von Kostenveranlassung und Kostentragung. Das führt dazu, dass der Verkäufer, anders als bei funktionierendem Preiswettbewerb, keinen direkten Anreiz hat, den Preisvorstellungen des Maklers entgegenzutreten, denn die Lasten trägt ohnehin ein Dritter. Somit unterbleibt häufig eine kritische Prüfung, ob die Tätigkeit des Maklers überhaupt ihr Geld wert ist. Das Bestellerprinzip (§ 2 Absatz 1a WoVermG) wirkt dem entgegen, indem es den Makler zwingt, seine Provision ausschließlich beim Erstveranlasser durchzusetzen. Das Halbteilungsprinzip ist demgegenüber abgeschwächt, es verbessert lediglich die Verhandlungsposition der zweiten Hauptvertragspartei. Der Makler kann seinen Lohn ihr gegenüber nur in der Höhe durchsetzen, die er mit dem Erstveranlasser ausgehandelt hat. Diese Halbteilung soll zum Schutz des Käufers ausreichend sein, da der Makler häufig auch seinen Interessen diene (BT-Drs. 19/15827 S. 9). Der zwingende gesetzliche Schutzmechanismus gilt nicht für alle Maklerverträge, sondern nur für diejenigen mit besonders schutzbedürftigen Käufern, das sind die Fälle des § 656b BGB. § 656c BGB ist nicht abdingbar (Grüneberg/Retzlaff, BGB, 81. A., § 656c Rz. 1 aE).

Rechtsfolge der unterschiedlichen Vereinbarung ist die Nichtigkeit. Diese ist endgültig und kann nicht einseitig durch den Makler dadurch beseitigt werden, dass er schließlich doch nur den geringeren Betrag gegenüber einer Vertragspartei verlangt. Sonst hätte es der Makler in der Hand, die Unwirksamkeit des Vertrages zu beeinflussen, so das LG.

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