Ihr-Recht-Blog

29. Juni 2010

BGH: Selbstständiges Beweisverfahren: Kein Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Einholung eines weiteren Gutachtens!

Nach dem Beschluss des BGH vom 09.02.2010, VI ZB 59/209  ist gegen die Ablehnung der Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO ist auch im selbständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben.

Die Beweismöglichkeiten im selbständigen Beweisverfahren gehen grundsätzlich nicht weiter als im Hauptsacheverfahren, so der BGH. Im Erkenntnisverfahren ist gegen die Ablehnung der Einholung eines neuen Gutachtens grundsätzlich kein Rechtsmittel gegeben. Nach § 492 ZPO folgt die Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren den Regeln des Erkenntnisverfahrens. Würde den Parteien im selbständigen Beweisverfahren ein Beschwerderecht eingeräumt, erhielten sie ein Rechtsmittel an die Hand, welches ihnen bei einer Beweiserhebung in der Hauptsache nicht zur Verfügung stünde, begründet der BGH die von ihm vertretene Ansicht.

Der BGH führt insoweit weiter aus: Hält eine Partei die Einholung eines weiteren Gutachtens für notwendig, bleibt es ihr unbenommen, die Gründe dafür gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren vorzutragen und dort die Anordnung der erneuten Begutachtung zu beantragen. Hat dieser Antrag im Hauptsacheverfahren keinen Erfolg, ist das Unterlassen einer weiteren Begutachtung, das einen revisiblen Verfahrensfehler darstellen kann, im Rechtsmittelverfahren überprüfbar.

23. Juni 2010

Bundesarbeitsgericht gibt Rechtsprechung zur Tarifeinheit auf!

Filed under: Arbeitsrecht — Schlagwörter: , , , — ihrrecht @ 14:36

Das Bundesarbeitsgericht hat mit seiner heutigen Entscheidung seine bis in die 50er Jahre zurückgehende Rechtsprechung zur Tarifeinheit aufgegeben (BAG, 10 AS 2/10 und 10 AS 3/10). Damit sind künftig in einem Unternehmen mehrere Tarifverträge wie bei der Lufthansa oder in vielen Krankenhäusern nicht mehr die Ausnahme, sondern können zum Regelfall werden. Bislang galt die Faustregel: ein Betrieb, ein Tarifvertrag. Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts sind künftig mehrere Tarifverträge in ein und demselben Unternehmen für dieselben Berufsgruppen zugelassen.

16. Juni 2010

Aktuell: BGH: Einfacher Mietspiegel reicht zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens aus!

Filed under: Mietrecht — Schlagwörter: , , , , , , — ihrrecht @ 11:16

Nach einer heute verkündeten Entscheidung des BGH dürfen  die Gerichte auf Grundlage einfacher, ortsüblicher Mietspiegel entscheiden, ob ein Mieterhöhungsverlangen berechtigt ist oder nicht. Ein sogenannter qualifizierter Mietspiegel mit wissenschaftlichem Gutachten eines vereidigten Sachverständigen muss dagegen nicht zwingend herangezogen werden (BGH; Urteil vom 16.06.2010, VIII ZR 99/09).

Im Ausgangsfall ist der Beklagte Mieter einer Wohnung des Klägers in Backnang. Mit der Klage verlangt der Vermieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung um 76,69 € monatlich. Er stützt sein Verlangen darauf, dass die ortsübliche Vergleichsmiete bei 6,58 € pro Quadratmeter liege. Bei der Berechnung dieser Miete sei der Mietspiegel von Schorndorf zugrunde zu legen, da es sich bei der Stadt Schorndorf um eine mit Backnang vergleichbare Gemeinde handele.

Das Amtsgericht hat der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens stattgegeben. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Mieters zurückgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt: Die Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch das Amtsgericht begegne keinen Bedenken. Der erkennende Richter entscheide unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, wie die ortsübliche Vergleichsmiete zu bestimmen ist. In diesem Rahmen sei auch die Verwendung eines einfachen Mietspiegels zulässig.

Diesen Überlegungen hat sich der BGH angeschlossen. Der örtliche Mietspiegel sei gerade dann ein wichtiges Indiz für die Ortsüblichkeit der Miete, wenn er sowohl von den Mieter- als auch von den Vermieterverbänden erstellt wurde. Das sei hier der Fall gewesen. Der Mieter habe keine qualifizierten Argumente vorgetragen, wieso die im Mietspiegel angegebenen Mietpreise überhöht seien. Ein einfaches pauschales Bestreiten reiche insoweit nicht aus, so der BGH.

15. Juni 2010

EU: Änderungen im Erbrecht geplant!

Filed under: Erbrecht, Spanisches Recht — Schlagwörter: , , , , , — ihrrecht @ 10:03

Die EU-Kommission plant Änderungen im Erbrecht herbeizuführen, die in zahlreichen Fällen auch deutsche Erblasser betreffen können – und zwar in Fällen mit Auslandsberührung.

Bislang vererben Deutsch nach deutschem Recht; dies betrifft z. B. auch die Auslandsimmobilie in Spanien. Geplant ist, daß das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes entscheidend sein soll. Dies wäre dann z. B. bei einem in Spanien seinen Lebensabend verbringenden Deutschen spanisches Recht, und dies wäre dann nicht nur bezüglich der spanischen Immobilie, sondern auf den gesamt Nachlass, auch wenn er sich in Deutschland befinden sollte, anzuwenden. Im spanischen Recht ist das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten allerdings wesentlich schwächer ausgestaltet als nach deutschem Recht. Der überlebende Ehegatte erhält nach spanischem Recht nur ein Nießbrauchsrecht an einer von weiteren Erben abhängigen Quote am Nachlass; auch durch ein Testament kann beim Vorhandensein von Kindern allenfalls 1/3 des Nachlasses dem Ehegatten zugewandt werden.

In diesen Fällen stünde ein Ehegatte wesentlich schlechter da als beim derzeitigen Rechtszustand; nach deutschem Recht kann ein Ehegatte bekanntlich als Alleinerbe eingesetzt werden.

Die Lösung: der derzeitige Vorschlag der Kommission lässt dem Erblasser die Möglichkeit offen, in seinem Testament das anwendbare Recht zu wählen, allerdings beschränkt auf sein Heimatland. Dies sollte nicht nur bei künftigen Testamenten berücksichtigt werden; auch bereits errichtete Testamente des betroffenen Personenkreises sind unbedingt zu überarbeiten und zu ergänzen, will man die oben aufgezeigten Konsequenzen ausschließen.

9. Juni 2010

BGH: Fertighausanbieter kann in AGB 100% Zahlungsbürgschaft vom privaten Bauherrn verlangen!

Filed under: Bau- und Architektenrecht — Schlagwörter: , , , , , , — ihrrecht @ 14:25

Gemäß § 648a BGB steht dem Unternehmer von Bauwerksleistungen ein Anspruch auf Sicherung der Vergütungsansprüche zu. Das gilt gemäß § 648a Abs. 6 Nr. 2 BGB jedoch nicht, wenn der Besteller eine natürliche Person ist und die Bauarbeiten zur Herstellung oder Instandsetzung eines Einfamilienhauses mit oder ohne Einliegerwohnung ausführen lässt. Allerdings, so der BGH, kann ein Anbieter von Einfamilienwohnhäusern bzw. Fertighäusern jedoch in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine 100%-ige Zahlungsbürgschaft vereinbaren und sich so absichern (BGH, Urteil vom 27. Mai 2010 – VII ZR 165/09).

Nach Ansicht des BGH benachteiligt die Klausel bei einer umfassenden Würdigung der Interessen beider Parteien den Bauherrn nicht unangemessen. Zwar werde der Bauherr mit den Kosten der Bürgschaft in Form der Avalprovision des Kreditinstituts belastet. Das sei aber durch ein zumindest gleichwertiges Interesse des Fertighausanbieters auf Absicherung seiner Forderung gerechtfertigt. Dieses ergebe sich aus dessen Vorleistungspflicht in Verbindung mit der Tatsache, dass es keine gesetzlichen Regelungen gebe, die sein Sicherungsbedürfnis ausreichend erfüllten. Die Kostenbelastung für den Bauherrn falle im Rahmen der üblichen Finanzierungskosten nicht entscheidend ins Gewicht. Die abzusichernden Risiken seien dagegen für den Fertighausanbieter nicht unwesentlich.

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