Ein Ausnahmefall in Form enger wirtschaftlicher Beziehung kann nicht allein daraus hergeleitet werden, dass ein Ingenieur als Nachunternehmer über längere Zeit eine Vielzahl von Aufträgen zu einem unter dem Mindestsatz liegenden Pauschalhonorar ausführt. Hierauf hat der BGH mit Urteil vom 27.10.2011 – VII ZR 163/10, hingewiesen.
Allerdings kann einem Ingenieur es in Ausnahmefällen nach Treu und Glauben untersagt sein, nach Mindestsätzen abzurechnen, wenn er durch sein Verhalten ein besonderes Vertrauen des Auftraggebers dahin erweckt hat, er werde sich an die unter dem Mindestsatz liegende Pauschalvereinbarung halten, so der BGH.
Im Ausgangsfall hatte die Klägerin, eine bulgarische Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Niederlassung in der Bundesrepublik Deutschland, von den Beklagten restliches Honorar für die Erbringung von Leistungen der Tragwerksplanung verlangt mit der Behauptung, das vereinbarte Pauschalhonorar unterschreite das ihr nach den Mindestsätzen der HOAI zustehende Honorar. Zuvor hatten die Parteien seit dem Jahre 2003 siebzehn Mal zusammengearbeitet. Die Beklagte ihrerseits hatte mit ihren Auftraggebern ein Pauschalhonorar vereinbart und ein Teil der Planungsleistungen war in Bulgarien erbracht worden.
Das Berufungsgericht war von einer Ausnahme im Sinne des § 4 II HOAI ausgegangen und hatte die geltend gemachten Ansprüche im wesentlichen verneint.
Dem folgte der BGH nicht. Die wiederkehrende Zusammenarbeit von Ingenieuren in der Weise, dass der eine Ingenieur einen anderen als Nachunternehmer beauftragt, ist keine ungewöhnliche Zusammenarbeit, sondern eine übliche Vertragsgestaltung. Auch in diesen Fällen verdiene der als Nachunternehmer eingesetzte Ingenieur den Schutz, den ihm die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure dadurch verschaffe, dass eine Honorarvereinbarung grundsätzlich nur dann wirksam ist, wenn sie schriftlich bei Auftragserteilung im Rahmen der durch die Verordnung festgesetzten Mindest- und Höchstsätze getroffen wird, § 4 Abs. 1 HOAI (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 10. Aufl., § 7 Rn. 120 a.E.). Auch der als Nachunternehmer tätige Ingenieur muss davor geschützt werden, dass er unter dem Druck des Wettbewerbs einen nicht auskömmlichen Preis anbietet. Das ist die gesetzgeberische Intention (vgl. BVerfG, BauR 2005, 1946, 1948), wobei es grundsätzlich nicht darauf ankomme, ob das Honorar im konkreten Fall noch auskömmlich ist oder wie hoch die Mindestsatzunterschreitung ist.
Ob etwas anderes gelte, wenn der als Nachunternehmer eingesetzte Ingenieur aufgrund eines Rahmenvertrages arbeitet, der ihm sonstige Vorteile bringe, ließ der BGH ausdrücklich offen.
Wegen dem Einwand der Beklagten, die Klägerin sei nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB gehindert, eine Abrechnung nach Mindestsätzen vorzunehmen, verwies der BGH die Sache an das Berufungsgericht zur weiteren Aufklärung zurück.
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