Ihr-Recht-Blog

26. Januar 2012

EuGH: Mehrfache Verlängerung befristeter Arbeitsverträge kein Verstoß gegen EU-Recht!

Die mehrfache Verlängerung von befristeten Arbeitsverträgen widerspricht nicht dem EU-Recht, sofern ein sachlicher Grund für die Befristung vorliegt. Das hat der Europäische Gerichtshof heute entschieden (Az. C-586/10).

Inwieweit ein befristeter Arbeitsvertrag im Einzelfall durch einen sachlichen Grund – beispielsweise den vorübergehenden Bedarf an Vertretungskräften – gerechtfertigt sei, müsse von den nationalen Behörden entschieden werden, so der EuGH. Dabei müssten «alle Umstände einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Verträge» berücksichtigt werden.

Grundsätzlich könnten wegen Vertretungsbedarfs befristeten Arbeitsverträge auch dann erlaubt sein, wenn sich dieser Bedarf «als wiederkehrend oder sogar ständig erweist». Es gehe über die Ziele des EU-Rechts und einer Rahmenvereinbarung der EU-Sozialpartner hinaus, automatisch den Abschluss unbefristeter Verträge durch Arbeitgeber zu verlangen, die immer wieder einen Bedarf an Vertretungskräften haben.

Im Ausgangsfall ging es um die Klage einer Frau, die zwischen 1996 und 2007 mit insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträgen in der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Köln als Vertretung für vorübergehend fehlende Mitarbeiter, beispielsweise für Kolleginnen im Erziehungsurlaub, beschäftigt wurde. Sie hatte auf Festanstellung geklagt.

18. Januar 2012

OLG Hamm: Mehrfache Verwendung einer Planung kann zur Honorarherausgabe führen!

Stellt ein Architekt die von ihm erstellten Pläne ein zweites Mal einem anderen Besteller für dasselbe Projekt gegen Entgelt zur Verfügung, verletzt er hierdurch seine gegenüber dem Auftraggeber bestehenden Vertragspflichten und greift ohne Rechtsgrund in das Nutzungsrecht des Auftraggebers an den Plänen ein. Den infolge der Verwertung erzielten Erlös hat der Architekt an den Auftraggeber herauszugeben.

Dies hat das OLG Hamm mit Urteil vom 29.11.2011, Az.  21 U 58/11 entschieden. Dem steht nach Ansicht des Senates nicht entgegen, daß das Bauvorhaben wie im entschiedenen Fall nicht verwirklicht wird, sondern das Grundstück durch den Auftraggeber veräußert wird.

Ob hierbei die Planungen des Architekten urheberrechtsfähig seien, könne dahinstehen. Denn auch in diesem Fall habe der beklagte Architekt die Pläne dem Auftraggeber für die einmalige Errichtung des Bauwerks auf dem hier maßgeblichen Grundstück zur Verfügung gestellt. Nach der sog. Zweckerreichungstheorie räumt der Urheber dem Vertragspartner (zumindest stillschweigend) die Rechte ein, die für die Erreichung des Vertragszwecks erforderlich sind. Wird – wie hier – ein Architektenvertrag über die Leistungsphasen 1-4 gem. § 15 HOAI a.F. geschlossen und besteht dabei Einigkeit darüber, dass der Auftraggeber als Bauträger nach den Plänen bauen wird, ohne den Architekten mit den weiteren Leistungsphasen zu beauftragen, wird dem Auftraggeber das einmalige urheberrechtliche Nutzungsrecht bzgl. des konkreten Bauvorhabens, das einmalige Nachbaurecht, übertragen. Diese Übertragung ist durch die Honorarsätze der HOAI mit abgegolten (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13.Aufl., Rn.2446 m.w.N.).

Indem der Architekt die von ihm erstellten Pläne ein zweites Mal einem anderen Auftraggeber für dasselbe Grundstück gegen Entgelt zur Verfügung gestellt hat, habe er nicht nur seine Vertragspflichten dem Auftraggeber gegenüber schuldhaft (nämlich zumindest fahrlässig) verletzt, sondern auch auf dessen Kosten ohne Rechtsgrund in dessen Nutzungsrecht an den Plänen und damit in ein diesem zugewiesenes vermögenswertes Recht eingegriffen. Den ohne Rechtsgrund erlangten Erlös habe der Architekt herauszugeben, so der Senat.

Das OLG Hamm hat allerdings die Revision zum BGH ausdrücklich zugelassen.

17. Januar 2012

BGH: Zum Einbehalt eines PKW durch Abschleppunternehmen!

Filed under: Zivilrecht/Verfahrensrecht — Schlagwörter: , , , , , — ihrrecht @ 08:04

Zu den erstattungsfähigen Kosten für die Entfernung eines unbefugt auf einem Privatgrundstück abgestellten Fahrzeugs zählen nicht nur die Kosten des reinen Ab-schleppens, sondern auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs entstehen. Nicht erstattungsfähig sind dagegen die Kosten, die nicht der Beseitigung der Besitzstörung dienen, sondern im Zusammenhang mit deren Feststellung angefallen sind, wie etwa die Kosten einer Parkraumüberwachung.

Dies hat der BGH in einem jetzt veröffentlichten Urteil entschieden (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2011 – V ZR 30/11).

Im entschiedenen Fall hatte die Klägerin trotz Hinweisschildes, dass unberechtigt parkende Fahrzeuge kostenpflichtig entfernt werden, ihr Fahrzeug unbefugt auf dem Kundenparkplatz eines Supermarktes abgestellt. Aufgrund eines Rahmenvertrages mit dem Betreiber des Supermarktes, der u.a. die Abtretung von Ansprüchen gegen unberechtigte Nutzer enthält, schleppte die Beklagte das Fahrzeug ab und verbrachte es auf einen öffentlichen Parkgrund. Da die Klägerin nicht bereit war, den Rechnungsbetrag über netto 219,50 € ("Grund-gebühr mit Versetzung") zu begleichen, gab die Beklagte ihr den Standort des Fahrzeugs nicht bekannt.

Nach Ansicht des BGH war die Verpflichtung des beklagten Abschleppunternehmens zur Herausgabe war nicht fällig, weil ihm gemäß § 273 Abs. 1 und 2 BGB ein Zurückbehaltungsrecht zustand. Durch das unbefugte Parken ist dem Betreiber des Supermarkts ein Schaden entstanden, dessen Ersatz die Beklagte von der Klägerin verlangen kann, weil ihr der Betreiber des Markts seine Ansprüche abgetreten hat. Der Geschädigte habe den auf Freistellung von seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber der Beklagten gerichteten Schadensersatzanspruch wirksam an die Beklagte abgetreten, wodurch er sich in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2010 III ZR 209/09, BGHZ 185, 310, 315 Rn. 12). Die im Rahmenvertrag geregelte Abtretung der Ansprüche des Geschädigten sei auch nicht wegen Verstoßes gegen  das Rechtsdienstleistungsgesetz nichtig.

Nicht erstattungsfähig, so der BGH, seien allerdings die Kosten einer Parkraumüberwachung durch regelmäßige Kontrollgänge, da diese nicht zu dem adäquat verur-sachten und damit erstattungsfähigen Schaden zählten.

3. Januar 2012

BGH: Mindestsatzunterschreitung des Architektenhonorars bei ständiger Zusammenarbeit

Filed under: Bau- und Architektenrecht — Schlagwörter: , , , , , — ihrrecht @ 18:09

Ein Ausnahmefall in Form enger wirtschaftlicher Beziehung kann nicht allein daraus hergeleitet werden, dass ein Ingenieur als Nachunternehmer über längere Zeit eine Vielzahl von Aufträgen zu einem unter dem Mindestsatz liegenden Pauschalhonorar ausführt. Hierauf hat der BGH mit Urteil vom 27.10.2011 – VII ZR 163/10, hingewiesen.

Allerdings kann einem Ingenieur es in Ausnahmefällen nach Treu und Glauben untersagt sein, nach Mindestsätzen abzurechnen, wenn er durch sein Verhalten ein besonderes Vertrauen des Auftraggebers dahin erweckt hat, er werde sich an die unter dem Mindestsatz liegende Pauschalvereinbarung halten, so der BGH.

Im Ausgangsfall hatte die Klägerin, eine bulgarische Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Niederlassung in der Bundesrepublik Deutschland, von den Beklagten restliches Honorar für die Erbringung von Leistungen der Tragwerksplanung verlangt mit der Behauptung, das vereinbarte Pauschalhonorar unterschreite das ihr nach den Mindestsätzen der HOAI zustehende Honorar. Zuvor hatten die Parteien seit dem Jahre 2003 siebzehn Mal zusammengearbeitet. Die Beklagte ihrerseits  hatte mit ihren Auftraggebern ein Pauschalhonorar vereinbart und ein Teil der Planungsleistungen war in Bulgarien erbracht worden.

Das Berufungsgericht war von einer Ausnahme im Sinne des § 4 II HOAI ausgegangen und hatte die geltend gemachten Ansprüche im wesentlichen verneint.

Dem folgte der BGH nicht.  Die wiederkehrende Zusammenarbeit von Ingenieuren in der Weise, dass der eine Ingenieur einen anderen als Nachunternehmer beauftragt, ist keine ungewöhnliche Zusammenarbeit, sondern eine übliche Vertragsgestaltung. Auch in diesen Fällen verdiene der als Nachunternehmer eingesetzte Ingenieur den Schutz, den ihm die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure dadurch verschaffe, dass eine Honorarvereinbarung grundsätzlich nur dann wirksam ist, wenn sie schriftlich bei Auftragserteilung im Rahmen der durch die Verordnung festgesetzten Mindest- und Höchstsätze getroffen wird, § 4 Abs. 1 HOAI (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 10. Aufl., § 7 Rn. 120 a.E.). Auch der als Nachunternehmer tätige Ingenieur muss davor geschützt werden, dass er unter dem Druck des Wettbewerbs einen nicht auskömmlichen Preis anbietet. Das ist die gesetzgeberische Intention (vgl. BVerfG, BauR 2005, 1946, 1948), wobei es grundsätzlich nicht darauf ankomme, ob das Honorar im konkreten Fall noch auskömmlich ist oder wie hoch die Mindestsatzunterschreitung ist.

Ob etwas anderes gelte, wenn der als Nachunternehmer eingesetzte Ingenieur aufgrund eines Rahmenvertrages arbeitet, der ihm sonstige Vorteile bringe, ließ der BGH ausdrücklich offen.

Wegen dem Einwand der Beklagten, die Klägerin sei nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB gehindert, eine Abrechnung nach Mindestsätzen vorzunehmen, verwies der BGH die Sache an das Berufungsgericht zur weiteren Aufklärung zurück.

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