Ihr-Recht-Blog

29. März 2012

BGH: Niedriger Startpreis bei eBay ist kein Indiz für Plagiat (Vertu-Handy)!

Filed under: Zivilrecht/Verfahrensrecht — Schlagwörter: , , , , , , — ihrrecht @ 11:30

Der BGH hat am Mittwoch, 28.03.2012 entschieden, dass ein niedriges Einstiegsgebot bei Internetplattformen wie z. B. eBay kein Indiz für ein Plagiat ist (BGH, Urteil vom 28. März 2012 – VIII ZR 244/10).

Im entschiedenen Fall bot die Beklagte auf der Internetplattform eBay im Rahmen einer Auktion unter Hinzufügung eines Fotos ein Handy zum Verkauf unter der Bezeichnung "Vertu Weiss Gold" ohne Festlegung eines Mindestpreises zu einem Startpreis von 1 € an. Zur Beschreibung heißt es in dem Angebot, dass der Zustand gebraucht sei. Außerdem teilte die Beklagte dazu Folgendes mit:

"Hallo an alle Liebhaber von Vertu

Ihr bietet auf ein fast neues Handy (wurde nur zum ausprobieren ausgepackt). Weist aber ein paar leichte Gebrauchsspuren auf (erwähne ich ehrlichkeit halber). Hatte 2 ersteigert und mich für das gelb goldene entschieden. Gebrauchsanweisung (englisch) lege ich von dem gelb goldene bei, das andere habe ich auch nicht bekommen. Dazu bekommt ihr ein Etui, Kopfhörer und Ersatzakku. Privatverkauf, daher keine Rücknahme. Viel Spaß beim Bieten."

Der Kläger gab ein Maximalgebot von 1.999 € ab und erhielt für 782 € den Zuschlag. Die Annahme des seitens der Beklagten angebotenen Handys verweigerte er mit der Begründung, dass es sich um ein Plagiat handele. Der Kläger hat behauptet, dass ein Original des von der Beklagten angebotenen Handys 24.000 € koste. Die auf Zahlung von 23.218 € Schadensersatz (24.000 € abzüglich des Kaufpreises von 782 €) nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

Der BGH hat die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und das Verfahren zurückverwiesen.

Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung, so der BGH,  könne  eine Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts, dass es sich bei dem angebotenen Mobiltelefon um ein Originalexemplar der Marke Vertu handelt, nicht verneint werden. Das Berufungsgericht meinte, gegen die Annahme einer entsprechenden Beschaffenheitsvereinbarung spreche "vor allem" der von der Beklagten gewählte Startpreis der Auktion von 1 €. Diese Begründung trägt nach Ansicht des BGH nicht. Das Berufungsgericht verkenne, dass dem Startpreis angesichts der Besonderheiten einer Internetauktion im Hinblick auf den Wert des angebotenen Gegenstandes grundsätzlich kein Aussagegehalt zu entnehmen ist. Denn der bei Internetauktionen erzielbare Preis sei von dem Startpreis völlig unabhängig, da er aus den Maximalgeboten der Interessenten gebildet werde, so dass auch Artikel mit einem sehr geringen Startpreis einen hohen Endpreis erzielen können, wenn mehrere Bieter bereit sind, entsprechende Beträge für den Artikel zu zahlen.

Auch die Möglichkeit eines Wuchers hat der BGH verneint, da die Situation einer Internetversteigerung  sich grundlegend von den bisher entschiedenen Fällen unterscheide, in denen sich in den Vertragsverhandlungen jeweils nur die Vertragsparteien gegenüberstanden.

28. März 2012

Aktuell: Bauvorbescheid: Kein Wohngebäude im Außenbereich ohne ausreichende Zufahrtsmöglichkeit!

Ein teilweise geschotterter und mit unsortiertem Material befestigter Wirtschaftsweg stellt keine ausreichende Erschließung für ein im Außenbereich nicht privilegiertes Wohnbauvorhaben dar. Allein dieser Umstand rechtfertigt die Ablehnung eines Bauvorbescheids zur Nutzungsänderung eines Wochenendhauses in eine bauliche Anlage zu Dauerwohnzwecken. Dies entschied das VG Koblenz mit Urteil vom 17.02.2012, Az. 7 K 974/11.KO.

Nach Ansicht des Gerichts sei für ein nicht privilegiertes Wohnbauvorhaben im Außenbereich eine wegemäßige Erschließung notwendig, die in vergleichbarer Weise wie ein Weg in der Ortslage befahrbar sei. Dem genüge regelmäßig nur ein Weg, der asphaltiert sei, da nur hierdurch gewährleistet werde, dass der durch eine Wohnnutzung hervorgerufene Ziel- und Quellverkehr bewältigt werden könne.

Geklagt hatte die Eigentümerin eines 1968 im Außenbereich errichteten Wochenendhauses, die 2010 einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids für einen Erweiterungsbau gestellt und das Bauvorhaben mit "Nutzung als Wohngebäude" bezeichnet hatte.

19. März 2012

Aktuell: Vorsicht: Fake-Abmahnungen wegen Filesharing per Mail!

Filed under: Strafrecht, Urheberrecht — Schlagwörter: , , , , , — ihrrecht @ 18:19

In den letzten Tagen wurden zahlreichen Empfängern von Mails von einer angeblichen Anwaltskanzlei Dr. Kroner & Kollegen vorgeworfen, über die Plattform Megaupload illegal Musik und Filme heruntergeladen zu haben. Dazu werden diverse IP-Adressen benannt, über die das Herunterladen erfolgt sein soll.

Dabei bietet besagte Anwaltskanzlei an, daß gegen Zahlung eines für derartige Fälle äußerst entgegenkommenden Betrages in Höhe von € 149,90 sowie der Abgabe einer inhaltlich wenig aussagekräftigen Unterlassungserklärung die Angelegenheit erledigt sei.

Es muß davor gewarnt werden, auf diese Mail zu zahlen oder auch nur zu antworten. Es handelt sich insoweit wohl um einen Betrugsversuch:

  • Die Unterlassungserklärung ist nicht strafbewehrt.
  • Die angeblich heruntergeladenen Werke werden nicht benannt.
  • Zum einen wird dem Adressaten das Herunterladen vorgeworfen, dann soll er es allerdings unterlassen, die nicht genannten Werke zum Download bereitzustellen.
  • Das Konto, auf welches  bezahlt werden soll, ist im Ausland, nämlich in der Slowakei.
  • Der Vergleichsbetrag ist für derartige Fälle sehr niedrig.
  • Eine Anwaltskanzlei Kroner & Kollegen existiert unter der angegebenen Anschrift nicht.

In diesem Fall sollte die Abmahnung somit ausnahmsweise nicht ernst genommen werden.

6. März 2012

BGH: Zur Verwertung eines Selbstgesprächs

Filed under: Strafrecht — Schlagwörter: , , , , , — ihrrecht @ 12:45

Ein in einem Kraftfahrzeug mittels akustischer Überwachung aufgezeichnetes Selbstgespräch eines sich unbeobachtet fühlenden Beschuldigten ist im Strafverfahren – auch gegen Mitbeschuldigte – unverwertbar, da es dem durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeit zuzurechnen ist (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2011, Az. 2 StR 509/10 im Anschluss an BGH, Urteil vom 10. August 2005, 1 StR 140/05, BGHSt 50, 206).

In dem der Hauptverhandlung vorangegangenen Ermittlungsverfahren wurden verschiedene verdeckte Überwachungsmaßnahmen durchgeführt. Unter anderem fand mit ermittlungsrichterlicher Gestattung gemäß § 100f StPO in Verbindung mit §§ 100b Abs. 1, 100d Abs. 2 StPO eine elektronische Überwachung im Auto des Angeklagten S. K. statt. Dabei wurden dessen Selbstgespräche, als er sich alleine im Auto befand, an mehreren Tagen aufgezeichnet und später in die Hauptverhandlung eingeführt sowie im Urteil des Landgerichts verwertet.

Der Grund für den absoluten Schutz eines Kernbereichs der Persönlichkeitsentfaltung bestehe in der Eröffnung einer Möglichkeit für Menschen, sich in einem letzten Rückzugsraum mit dem eigenen Ich befassen zu können, ohne Angst davor haben zu müssen, dass staatliche Stellen dies überwachen (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 1983 – 2 StR 775/82, BGHSt 31, 296, 299 f.). Die Gedanken sind grundsätzlich frei, weil Denken für Menschen eine Existenzbedingung darstelle (vgl. Mahrenholz/Böckenförde/Graßhof/Franßen in BVerfG, Beschluss vom 14. September 1989 – 2 BvR 1062/87, BVerfGE 80, 367, 381). Den Gedanken fehle aus sich heraus die Gemeinschaftsbezogenheit, die jenseits des Kernbereichs der Persönlichkeitsentfaltung liege. Gleiches gelte, so der BGH,  für die Gedankenäußerung im nicht öffentlich geführten Selbstgespräch (vgl. BGH, Urteil vom 10. August 2005 – 1 StR 140/05, BGHSt 50, 206, 213). Gedanken werden typischerweise in Form eines "inneren Sprechens" entwickelt (vgl. Tönnies, Selbstkommunikation, 1994, S. 16). Denken und Sprache, die dem Menschen als einzigem Lebewesen zur Verfügung steht, seien untrennbar miteinander verbunden. Die Gedankeninhalte des inneren Sprechens treten vor allem in Situationen, in denen der Sprechende sich unbeobachtet fühlt, durch Aussprechen hervor. Das möglicherweise unbewusste "laute Denken" beim nichtöffentlich geführten Selbstgespräch nehme sodann an der Gedankenfreiheit teil, so der BGH in seiner Begründung.

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