Ihr-Recht-Blog

28. August 2013

BGH: Bauherr und Baugrundrisiko

Der mit der Grundlagenermittlung beauftragte Architekt muss mit dem Auftraggeber erörtern, ob dieser trotz ihm bekannter risikoreicher Bodenverhältnisse – hier: unzureichende Standsicherheit des Bauvorhabens wegen der Lage an einem abbruchgefährdeten Steilhang – an dem Bauvorhaben festhalten will. Unterlässt der Architekt die gebotene Erörterung, ist er beweispflichtig dafür, dass der Auftraggeber an dem Bauvorhaben festgehalten hätte, wenn ihm die Gefährdung in ihrer ganzen Tragweite bewusst gemacht worden wäre.  Diese Grundsätze gelten auch für den Tragwerksplaner, weil auch er im Rahmen der von ihm vertraglich übernommenen Grundlagenermittlung standortbezogene Einflüsse unter Berücksichtigung der Bodenverhältnisse in Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber klären muss. Muss sich dem Auftraggeber aufgrund eigener Kenntnis tatsächlicher Umstände aufdrängen, dass die Planung des Architekten sowie die Statik des Tragwerksplaners eine bestimmte Gefahrenlage in Kauf nehmen, verstößt der Auftraggeber regelmäßig gegen die in seinem eigenen Interesse bestehende Obliegenheit, sich selbst vor Schaden zu bewahren, wenn er die Augen vor der Gefahrenlage verschließt  und das Bauvorhaben durchführt (BGH, Urteil vom 20.06.2013, Az. VII ZR 4/12).

In dem vom BGH entschiedenen Fall war der Bauherr Eigentümer eines Bestandsgebäudes sowie weiterer unbebauter Grundstücke an der Steilküste von Rügen. Er beauftragte den Architekten und den Tragwerksplaner, die Altbausanierung und die Errichtung von Neubauten zu planen. In einem zuvor von der Gemeinde eingeholten Baugrundgutachten heißt es zusammenfassend: "Somit ist festzustellen, dass nach den Ergebnissen der durchgeführten Berechnungen der Steilhang(…) als nicht standsicher zu betrachten ist." Die in der Baugenehmigung verlangten Baugrundaufschlüsse werden nicht durchgeführt. Kurz nach Beendigung der Bauarbeiten brach ein großer Abschnitt der Steilküste weg. Das Bestandsgebäude ist nicht mehr bewohnbar.

Für den Nachweis einer eventuellen Mitverantwortung des Bauherrn hat der BGH dem Berufungsgericht, an welches die Sache zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen wurde, enge Vorgaben gemacht. Das Berufungsgericht wird im Hinblick auf die von den Beklagten verletzte Erörterungs- und Beratungspflicht in erster Linie festzustellen haben, ob der Bauherr auch bei pflichtgemäßer Erörterung der Gefährdungslage an dem Bauvorhaben festgehalten hätte. Im Rahmen der Beweislastumkehr zu Lasten der Beklagten ist dabei zu beachten, dass der Bauherr tatsächliche Umstände, aus denen sich das Vorhandensein des Risikos ergab, kannte. Die 1997 und 1998 eingeholten Baugrundgutachten und die 1999 abgelehnte Bauvoranfrage stellen gleichzeitig gewichtige objektive Indizien dafür dar, dass der Bauherr nach Ansicht des BGH auch die Tragweite der Gefahrenlage subjektiv ermessen konnte. Soweit es bei der Frage, ob dem Bauherrn das Risiko in seiner ganzen Tragweite bewusst war, auf innere Einschätzungen ankommt, wird, so der BGH, zu beachten sein, dass dem Prozessgegner eine so genannte sekundäre Darlegungslast obliegt, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner zumutbar nähere Angaben machen kann. Die Beklagten müssen insoweit lediglich spezifizierten Vortrag der Klägerin ausräumen, so der BGH.

8. August 2013

BGH: Folgen der Festsetzung der Mindestgebühr gegen den Mandanten

Beantragt der Rechtsanwalt gegen seinen Mandanten, nachdem er diesem höhere Rahmengebühren in Rechnung gestellt hat, die Festsetzung der Mindestgebühren, verzichtet er damit auf die weitere Gebührenforderung. Entsprechend hat dies der BGH mit Urteil vom 4.7.2013, Az. IX ZR 306/12.

Nach Ansicht des BGH enthält die Übermittlung des auf die Mindestgebühr gerichteten Festsetzungsantrags an den Mandanten zugleich die Unterbreitung eines Antrages,  ihm die über die Mindestgebühr hinausgehende Honorarforderung zu erlassen. Den Annahmewillen hat der Mandant nach außen betätigt, indem er den gegen ihn ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss hingenommen hat. Nach Ansicht des BGH kommt so ein Erlassvertrag zustande, der den Rechtsanwalt an der Geltendmachung weiterer Gebühren, die er zuvor – richtigerweise – in Rechnung gestellt hat, hindert.

Im Ausgangsfall hatte Der klagende Rechtsanwalt stellte dem Beklagten, den er in einem Bußgeldverfahren vertreten hatte, Rechtsanwaltsgebühren  über 892,50 Euro in Rechnung. In Höhe dieses Betrages beantragte er bei dem Amtsgericht die Kostenfestsetzung gegen den Beklagten. Nach Hinweis des Rechtspflegers auf die
Regelung des § 11 Abs. 8 RVG ermäßigte der Kläger sein Begehren auf die jeweilige Mindestgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer von insgesamt 154,70 Euro, die antragsgemäß gegen den Beklagten festgesetzt wurde. Mit seiner letztendlich abgewiesenen Klage nahm der Rechtsanwalt seinen Mandanten auf Zahlung des Differenzbetrages von 737,80 Euro in Anspruch.

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