Ihr-Recht-Blog

28. Oktober 2013

OLG München: Zur Haftung des Architekten bei Mängeln an überwachungspflichtigen Gewerken

Filed under: Bau- und Architektenrecht — Schlagwörter: , , , , , , — ihrrecht @ 11:17

Der Bauüberwacher haftet für Ausführungsmängel an den von ihm zu überwachenden Gewerken. Einfache Arbeiten muss der Bauüberwacher allerdings nicht überwachen. Für die Beseitigung von Mängeln an solchen Arbeiten hat der Bauüberwacher nicht einzustehen. Der Bauüberwacher muss Mängel jedoch auch an nicht überwachungspflichtigen Arbeiten bei der Abnahme feststellen. Er haftet insoweit, als durch das Übersehen bei der Abnahme ein weitergehender Schaden entstehen würde (OLG München, Urteil vom 09.07.2013, Az. 28 U 4652/12).

Der Umfang und die Intensität der Überwachungstätigkeit hängt von den konkreten Anforderungen der Baumaßnahme und den jeweiligen Umständen ab (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl. 12. Teil, Rn 423 ff.). Einfache, gängige Arbeiten muss der Architekt daher nicht überwachen.

Nach Ansicht des OLG München genügen z. B. für Malerarbeiten und vergleichbare Bauleistungen stichprobenartige Kontrollen und die Kontrolle am Ende der Arbeiten. Erst soweit es sich um Bauabschnitte beziehungsweise Bauleistungen handelt, die besondere Gefahrenquellen mit sich bringen, besteht eine erhöhte Überwachungspflicht. Hierzu zählt das OLG München beispielsweise Abdichtungsarbeiten.

Der Bauüberwacher muss nicht überwachungspflichtige Mängel allerdings nach Beendigung bei Abnahme feststellen. Für deren Beseitigung hat er hingegen nicht einzustehen. Haften würde er nur insoweit, als dem Bauherrn durch das Übersehen bei der Abnahme ein weitergehender Schaden entstehen würde. Ein weitergehender Schaden des Bauherrn wird z. B. dann entstehen, wenn der Bauherr an der vermeintlich "mangelfreien Abnahme" sein weiteres Handeln orientiert, beispielsweise auf Zurückbehaltungsrechte verzichtet, Sicherheiten freigibt oder tatsächlich bestehende Mängelansprüche gegen den Unternehmer in Unkenntnis nicht verfolgt und verjähren lässt.

17. Oktober 2013

LAG Rheinland-Pfalz: Außerordentliche Kündigung bei körperlich anstrengender Baustellenarbeit während Krankschreibung

Der Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die einem Masseur mit der Diagnose „Belastungsdyspnoe sowie Verdacht auf koronare Herzerkrankung“ ausgestellt worden ist, kann als erschüttert angesehen werden, wenn der Arbeitnehmer während der ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit körperlich anstrengende Tätigkeiten auf der Baustelle im Haus seiner Tochter verrichtet. Hierbei lässt die Fähigkeit, mittelschwere bis schwere Baustellentätigkeiten auszuüben,  sich nicht mit einem vom Arbeitnehmer geschilderten Krankheitsbild in Einklang bringen, wonach er unter Herzrasen und Atemnot leidet, ihm das Gehen erhebliche Probleme bereitet, er erschöpft ist, sich ständig ausruhen und erholen muss und sein Pulsschlag nach normalem Treppensteigen etwa 120/min beträgt (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11.07.2013, Az. 10 Sa 100/13).

Das LAG  hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BAG (26.08.1993 – 2 AZR 154/93 – AP BGB § 626 Nr. 112) und des LAG Rheinland-Pfalz (12.02.2010 – 9 Sa 275/09 – Juris) darauf abgestellt, dass es einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung darstellen kann, wenn der Arbeitnehmer unter Vorlage eines ärztlichen Attestes der Arbeit fern bleibt und sich Entgeltfortzahlung gewähren lässt, obwohl es sich in Wahrheit nur um eine vorgetäuschte Krankheit handelt. Auch der dringende Verdacht, der Arbeitnehmer habe sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit unlauteren Mitteln erschlichen, kann einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen (BAG 26.08.1993 – 2 AZR 154/93 – aaO).

Hinzu komme, dass sich ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer so verhalten muss, dass er bald wieder gesund wird und an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann. Er hat alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte. Der erkrankte Arbeitnehmer habe insoweit auf die schützenswerten Interessen des Arbeitgebers, die sich ua. aus der Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung ergeben, Rücksicht zu nehmen, so das LAG.

Das LAG hat allerdings die Revision zum BAG zugelassen.

16. Oktober 2013

BGH: Mietvertragliche Kündigungsbeschränkungen binden auch Erwerber!

Der Erwerber von vermietetem Wohnraum tritt gemäß § 566 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) an die Stelle des bisherigen Vermieters in die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag ein. Er muss sich daher auch an Kündigungsbeschränkungen halten, die in dem Mietvertrag vereinbart wurden, so der Bundesgerichtshof  mit Urteil vom 16.10.2013, Az. VIII ZR 57/13.

Im vom BGH entschiedenen Fall mietete der Mieter eine Wohnung im zweiten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses in Berlin. Bei Vertragsschluss befanden sich in dem Gebäude drei einzeln vermietete Wohnungen. In § 4 des auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrags heißt es unter anderem:

"Die Vermieterin wird das Mietverhältnis grundsätzlich nicht auflösen. Sie kann jedoch in besonderen Ausnahmefällen das Mietverhältnis schriftlich unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen kündigen, wenn wichtige berechtigte Interessen der [Vermieterin] eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machen. Die fristlose Kündigung richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften…"

Im Juli 2006 verkaufte die ursprüngliche Vermieterin das Gebäude. Der notarielle Kaufvertrag enthielt eine an spätere Erwerber weiterzugebende Mieterschutzbestimmung, die eine Kündigung wegen Eigenbedarfs und die Verwertungskündigung ausschloss. Der Weiterverkauf an die jetzigen Kläger im Jahr 2009 durch den Zwischenerwerber erfolgte ohne die Mieterschutzbestimmung. Die jetzigen Kläger legten die beiden Wohnungen im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss zusammen und bewohnen sie seitdem.

Die Kläger kündigten das Mietverhältnis mit Schreiben vom 2. November 2009 zum 31. Juli 2010, da sie die Wohnung der Schwester der Klägerin überlassen wollten. Am 30. Juni 2010 kündigten sie nochmals vorsorglich wegen Eigenbedarfs und stützten die Kündigung hilfsweise auf § 573a BGB, also das erleichterte Kündigungsrecht für Vermieter, die selbst im vermieteten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen leben .

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine Kündigung nach § 573a Abs. 1 Satz 1 BGB durch die im Mietvertrag enthaltene Kündigungsbeschränkung ausgeschlossen sei. Gemäß § 566 Abs. 1 BGB trete der Erwerber vermieteten Wohnraums anstelle des Vermieters in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis ein. Dies gelte auch für die Kündigungsbeschränkung.

Da das Berufungsgericht allerdings über die – nicht generell von der Kündigungsbeschränkung erfasste – Eigenbedarfskündigung noch nicht entschieden hatte, war das Berufungsurteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückzuverweisen.

9. Oktober 2013

BGH: Rechtsmittelfrist für Streithelfer

Der einfache Streithelfer kann ein Rechtsmittel nur solange einlegen, wie die Rechtsmittelfrist für die Hauptpartei läuft. Das gilt auch für die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen den die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss des Berufungsgerichts, wenn sich die Hauptpartei bereits im Berufungsverfahren nicht mehr aktiv beteiligt hat. Dies hat der BGH mit Beschluss vom 20. August 2013, Az. IX ZB 2/12 ausgeführt und schließt damit an seinen Beschluss vom 24. Mai 2012, Az. VII ZR 24/11(NJW-RR 2012, 1042) an.

Im nunmehr entschiedenen Fall hatte das Landgericht hat auf einen im Berufungsverfahren – gegen ein die Klage abweisendes Urteil – gestellten Inzidentantrag der beklagten Partei hin (§ 717 Abs. 2 ZPO) die Klägerin zur Zahlung von 12.306,84 € nebst Zinsen verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen allein durch den Streithelfer eingelegte Berufung unter Hinweis auf § 511 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen. Dieser Beschluss ist der Klägerin spätestens bis 24. November 2011 und dem Streithelfer am 9. Dezember 2011 zugestellt worden. Mit der am 9. Januar 2012 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Rechtsbeschwerde wollte der Streithelfer die Aufhebung dieses Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erreichen.

Der BGH hat die Rechtsbeschwerde als unzulässig (§ 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO) verworfen, weil sie nicht innerhalb der Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses bei dem Rechtsbeschwerdegericht eingelegt worden ist (§ 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Nach Ansicht des BGH reichen die prozessualen Befugnisse des Streithelfers nicht weiter als die Befugnisse der Hauptpartei; die Zustellung des Beschlusses an den Streithelfer setzte für ihn keine eigene Rechtsmittelfrist in Lauf. Hat danach die vom Streithelfer unterstützte Partei, hier die Klägerin, eine für sie gesetzte Notfrist, hier die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde, versäumt, so kann die ausgeschlossene Prozesshandlung nicht durch den Streithelfer wirksam nachgeholt werden.

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