Ihr-Recht-Blog

31. Juli 2014

Seit 29.07.2014: Gesetz zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr!

Das seit dem 29.07.2014 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr soll einen Wandel zu einer „Kultur der unverzüglichen Zahlung“ und „mehr Zahlungsdisziplin“ bringen, wie dies die dem Gesetz zugrunde liegende EU-Richtlinie (RL 2011/7/EU) ausdrückt. Ihre Ziele finden sich jetzt im neuen § 271a BGB sowie weiter in den §§ 286, 288, 308, 310 BGB. Im Wesentlichen regelt das neue Gesetz Vereinbarungen über Fristen der Bezahlung, Überprüfung und Abnahme von Leistungen.

Die Neuregelungen gelten nur für Geschäfte zwischen Unternehmen und auch nur für solche, die ab dem 28.7.2014 geschlossen werden; bei bereits  bestehenden Dauerschuldverhältnissen findet es Anwendung, wenn die Gegenleistung erst nach dem 30.6.2016 erbracht wird.

Zahlungsfristen, die die Geschäftspartner vereinbaren, sollen maximal 60 Tage betragen. Nur wenn ausgeschlossen ist, dass dies nicht grob unbillig für den Vertragspartner ist und dies ausdrücklich vereinbart wird, ist eine längere Frist möglich.

Für öffentliche Auftraggeber ist die Zahlungsfrist von 60 Tagen die absolute Höchstgrenze. Mehr als 30 Tage darf die Frist nur betragen, wenn es hierfür eine besondere sachliche Rechtfertigung gibt und dies ausdrücklich schriftlich vereinbart wurde. Alles darüber hinausgehende ist unwirksam und daher nicht vereinbar. Als öffentlicher Auftraggeber gelten dabei nur die in § 98 Nr. 1 bis 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) genannten. Dazu zählen unter anderem Gebietskörperschaften wie Bund, Länder und Gemeinden.

Damit der Schuldner den Fristbeginn, z.B. durch Verleugnung des Rechnungserhalts nicht manipulieren kann, wird dieser festgesetzt auf den Zeitpunkt des Empfangs der Gegenleistung, den Zugang der Rechnung nach Erbringung der Gegenleistung oder auf einen späteren, vom Gläubiger benannten Zeitpunkt.

Soweit die Zahlungsfälligkeit von der vorherigen Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung abhängt, wie z. B. bei Warenlieferungen oder ein gemäß Werkvertrag zu errichtendem Gebäude, legt § 271a Abs. 3 BGB nun fest, dass eine Vereinbarung, nach der die Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung mehr als 30 Tage nach Empfang der Gegenleistung beträgt, nur wirksam ist, wenn sie ausdrücklich getroffen und im Hinblick auf die Belange des Gläubigers nicht grob unbillig ist.

Die zeitlichen Grenzen gelten auch für Vereinbarungen zum Verzugseintritt, nicht aber für Abschlags- oder Ratenzahlungen.

Säumige Zahler müssen künftig mit höheren Forderungen als Ersatz für den Verzugsschaden rechnen. Der Verzugszinssatz hat sich von 8 auf 9 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz erhöht. Ferner wurde in § 288 V BGB neu eingeführt  eine Schadenspauschale von 40 Euro, die immer, auch bei verspäteten Abschlags- oder Ratenzahlungen anfällt. Macht ein Gläubiger die tatsächlichen Rechtsverfolgungskosten geltend, werden die 40 Euro darauf angerechnet.

Ein vertraglicher (Teil-)Verzicht auf die gesetzlichen Verzugszinsen ist unzulässig. Das Gleiche gilt für einen gesamten oder teilweisen Ausschluss der sonstigen Verzugsschäden, es sei denn er stellt im besonderen Einzelfall keine grob unbillige Beschränkung des Gläubigers dar.

23. Juli 2014

BGH: Konkludenter Vertragsschluss durch Energieverbrauch!

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 22. Juli 2014, Az. VIII ZR 313/13  eine Entscheidung zu der Frage getroffen, mit wem ein Vertrag durch die Entnahme von Energie zustande kommt, wenn ein schriftlicher Liefervertrag nicht abgeschlossen worden und das mit Energie versorgte Grundstück vermietet oder verpachtet ist.

Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, begehrte von der Beklagten als Mitmieterin eines Einfamilienhauses in Berlin eine Vergütung in Höhe von 6.964,75 € für das in dem Einfamilienhaus in der Zeit vom 1. Oktober 2005 bis zum 23. Juli 2008 verbrauchte Gas. Die Beklagte hatte den gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten abgeschlossenen Mietvertrag aus "Bonitätsgründen" als zweite Mieterin unterschrieben, in dem Einfamilienhaus allerdings nicht gewohnt.

Das Landgericht Berlin hatte der Zahlungsklage stattgegeben (Urteil vom 1. August 2012, Az. 13 O 201/1) . Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht Berlin das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 10. Oktober 2013, Az. 22 U 233/12 ). Die vom Kammergericht zugelassene Revision des klagenden Energieversorgungsunternehmens, mit der sie ihr Zahlungsbegehren weiterverfolgte, hatte Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat seine bisherige Rechtsprechung, dass sich das in dem Leistungsangebot eines Energieversorgungsunternehmens schlüssig enthaltene Angebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrags (sogenannte "Realofferte") typischerweise an denjenigen richtet, der nach außen erkennbar die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt, nunmehr präzisiert. Es kommt danach nicht maßgeblich auf die Eigentümerstellung, sondern auf die hierdurch vermittelte Zugriffsmöglichkeit auf den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt an. Soweit das Grundstück vermietet oder verpachtet ist, steht die tatsächliche Verfügungsgewalt entsprechend der aus dem Mietvertrag folgenden rechtlichen Befugnis dem Mieter zu, so der BGH. Das gilt auch für mehrere gemeinschaftliche Mieter eines Einfamilienhauses. Dementsprechend richtet sich mangels anderer Anhaltspunkte das Vertragsangebot des Versorgungsunternehmens regelmäßig an sämtliche Mieter.

Das typischerweise an alle Mieter gerichtete Angebot des Energieversorgungsunternehmens wird von demjenigen, der die Energie entnimmt, konkludent angenommen, und zwar sowohl für sich selbst als auch im Wege der Stellvertretung für die übrigen Mieter. Die Vertretungsmacht beruht im Streitfall jedenfalls auf den Grundsätzen der Duldungsvollmacht. Indem die Beklagte den Mietvertrag unterzeichnete und den Mitmieter im Anschluss daran allein in das Haus einziehen ließ, duldete sie es willentlich, dass er die – zur Nutzung zwingend erforderliche – Heizung in Betrieb nahm, Gas verbrauchte und damit die Realofferte der Klägerin annahm. Sie ist somit ebenfalls für die entnommene Energie zahlungspflichtig, so der BGH.

10. Juli 2014

BGH zur Auslegung eines Mischmietverhältnisses

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Der Bundesgerichtshof hat sich mit Urteil vom 9. Juli 2014, Az. VIII ZR 376/13 mit der Frage befasst, welchen Vorschriften ein sogenanntes Mischmietverhältnis unterliegt, das sowohl eine Wohnnutzung als auch eine freiberufliche Nutzung umfasst.

Die Beklagten sind Mieter, die Kläger Vermieter eines mehrstöckigen Hauses in Berlin. In dem schriftlichen Mietvertrag vom 20. November 2006 wurde den Mietern gestattet, die Räume im Erdgeschoss als Hypnosepraxis zu nutzen. Mit Schreiben vom 20. Februar 2012 kündigten die Kläger das Mietverhältnis ohne Angaben von Kündigungsgründen zum 30. September 2012. Nach Widerspruch der Beklagten gegen die erhoben die Kläger Räumungsklage beim Landgericht Berlin. Dieses hat das Mietverhältnis als Wohnraummiete eingeordnet und die Klage mangels sachlicher Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen.

Auf die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht – Kammergericht – die Beklagten zur Räumung und Herausgabe des Hauses verurteilt. Es hat das Mietverhältnis als Gewerberaummietverhältnis eingestuft und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein Mischmietverhältnis, wie es hier gegeben sei, unterliege insgesamt entweder dem Wohnraum- oder dem Gewerberaummietrecht, je nachdem, welcher Vertragszweck nach dem Parteiwillen bei Vertragsschluss überwiege. Ausschlaggebend sei, dass die Beklagten in einem Teil der Mieträume mit dem Betrieb der Hypnosepraxis ihren Lebensunterhalt bestritten. Dies mache die freiberufliche Nutzung zum vorherrschenden Vertragszweck. Somit sei – anders als bei der Wohnraummiete – für eine Kündigung des Mietverhältnisses kein berechtigtes Interesse erforderlich.

Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat hat entschieden, dass das Berufungsgericht zwar zutreffend von einem Mischmietverhältnis, also einem einheitlichen Mietverhältnis über Wohn- und Geschäftsräume, ausgegangen sei, dessen Beurteilung sich wegen der von den Parteien gewollten Einheitlichkeit entweder nach den Bestimmungen der Wohnraummiete oder nach den Vorschriften der Geschäftsraummiete richte. Ebenfalls zutreffend habe das Berufungsgericht für den Zeitpunkt der rechtlichen Einordnung des Mietverhältnisses auf den überwiegenden Vertragszweck bei Vertragsabschluss abgestellt.

Dagegen hat der Bundesgerichtshof beanstandet, dass das Berufungsgericht den vorherrschenden Vertragszweck allein deswegen in der Nutzung zu freiberuflichen Zwecken gesehen hat, weil die Mieter in den angemieteten Räumen eine Hypnosepraxis betreiben und damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Das Bestreiten des Lebensunterhalts durch eine freiberufliche oder gewerbliche Nutzung stelle kein sachgerechtes Kriterium für die Bestimmung des überwiegenden Nutzungszwecks dar, so der BGH. Es bestehe kein allgemeiner Erfahrungssatz dahin, dass bei einem Mischmietverhältnis die Schaffung einer Erwerbsgrundlage Vorrang vor der Wohnnutzung habe. Dass das Wohnen als wesentlicher Aspekt des täglichen Lebens generell hinter der Erwerbstätigkeit des Mieters zurücktreten soll, lässt sich weder mit der Bedeutung der Wohnung als – grundrechtlich geschütztem – Ort der Verwirklichung privater Lebensvorstellungen, noch mit dem Stellenwert, dem das Wohnen in der heutigen Gesellschaft zukommt, in Einklang bringen.

Bei der gebotenen Einzelfallprüfung seien vielmehr alle auslegungsrelevanten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wobei etwa der Verwendung eines auf eine der beiden Nutzungsarten zugeschnittenen Vertragsformulars, dem Verhältnis der für die jeweilige Nutzungsart vorgesehen Flächen und der Verteilung der Gesamtmiete auf die einzelnen Nutzungsanteile Indizwirkung zukommen kann. Lässt sich ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung nicht feststellen, sind vorrangig die für die Wohnraummiete geltenden Vorschriften anzuwenden. Andernfalls würden nach Ansicht des Bundesgerichtshofs die zum Schutz des Wohnraummieters bestehenden zwingenden Sonderregelungen unterlaufen.

3. Juli 2014

Zur Vorfahrt auf Parkplätzen

In einem Berufungsverfahren hatte sich das Landgericht Frankenthal einmal mehr mit der Frage einer möglichen Vorfahrtsregelung auf Parkplätzen auseinandergesetzt.

Das Landgericht Frankenthal hat in dem Verfahren 2 S 28/14 einmal mehr darauf hingewiesen, dass die landläufig „Rechts vor Links“ genannte Vorfahrtsregel des § 8 StVO nur für den fließenden Verkehr gilt. Parkplätze sind jedoch nicht dem fließenden, sondern dem ruhenden Verkehr zugeordnet. Dies gilt auch für Zufahrtswege auf Parkplätzen. Von daher scheide die Anwendung der Vorfahrtsregel des § 8 StVO aus, dieser könne auch nicht durch Hinweisschilder oder Schrifttafeln des Parkplatzbetreibers Geltung verschafft werden.

Somit gelte, so das Landgericht Frankenthal, auf Parkplätzen das allgemeine Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Dieses beinhaltet nach herrschender Rechtsprechung u. a. eine Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h.

Auf den vorstehenden Hinweis der Berufungskammer nahm der Berufungsführer sein Rechtsmittel zurück.

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