Ihr-Recht-Blog

28. September 2015

BGH: Gemeinschaftsantennenanlagen nicht GEMA-pflichtig!

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft schuldet keine Vergütung für die Weiterübertragung der über die Gemeinschaftsantenne der Wohnanlage per Satellit empfangenen Fernseh- und Hörfunksignale durch ein Kabelnetz an die Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungseigentümer.

Entsprechend hat der BGH mit  Urteil vom 17. September 2015, Az. I ZR 228/14 entschieden.

Die GEMA hatte eine Wohnungseigentümergemeinschaft eines Wohngebäudes mit 343 Wohneinheiten in Anspruch genommen. Diese betreibt in dem Gebäude ein Kabelnetz, mit dem das von einer Gemeinschaftsantenne abgeleitete Sendesignal in die einzelnen Wohnungen weitergeleitet wird. Die GEMA ist der Ansicht, die Beklagte verletze mit der Weiterleitung der Sendesignale das Kabelweitersenderecht der von ihr vertretenen Urheber und Leistungsschutzberechtigten. Sie hat die Beklagte daher auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen (LG München I, Urteil vom 20. Februar 2013, Az. 21 O 16054/12) . Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen (OLG München, Urteil vom 11. September 2014, Az. 6 U 2619/13)  Mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin ihren Klageantrag weiterverfolgt. Der Bundesgerichtshof hat die Revision zurückgewiesen.

Das Oberlandesgericht hat, so der Bundesgerichtshof, mit Recht angenommen, dass die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Betrieb der Kabelanlage nicht das von der Klägerin wahrgenommene ausschließliche Recht von Urhebern, ausübenden Künstlern, Sendeunternehmen und Filmherstellern zur Kabelweitersendung verletzt hat. Eine Kabelweitersendung setzt eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG voraus. Die Rechte der Urheber und Leistungsschutzberechtigten wegen einer öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke und Leistungen durch Kabelweitersendung beruhen auf Richtlinien der Europäischen Union (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG). Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG ist deshalb in Übereinstimmung mit den entsprechenden Bestimmungen dieser Richtlinien und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen. Danach setzt die Öffentlichkeit einer Wiedergabe voraus, dass einer "unbestimmten Zahl potentieller Adressaten" der Zugang zu denselben Werken und Leistungen eröffnet wird. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Wiedergabe auf "besondere Personen" beschränkt ist, die einer "privaten Gruppe" angehören.

24. September 2015

OLG München zur Abnahmeverpflichtung beim Architektenvertrag

Ohne ausdrückliche Vereinbarung besteht keine Pflicht des Auftraggebers zur Teilabnahme nach Leistungsphase 8, wenn der Architekt auch mit der Leistungsphase 9 beauftragt ist. Sind die Leistungen des Architekten mangelhaft, kommt auch keine konkludente Abnahme nach der Leistungsphase 8 in Betracht.

Hierauf hat das OLG München mit Urteil vom 10.02.2015, Az. 9 U 2225/14 hingewiesen.

Wegen der gravierenden Folgen der Abnahme muss der Wille des Bauherrn zu einer solchen Abnahme klar zum Ausdruck kommen (BGH BauR 2006, 1332; BGHZ 125, 111; OLG München NJW 2012, 397). Daran fehlt es hier. Weil der Beklagte auch die Leistungen der Leistungsphase 9 schuldete und diese unstreitig erst in den Jahren nach 1999 zu erbringen waren, kann einer vorherigen Zahlung nicht der gleiche Erklärungsgehalt beigemessen werden, wie einer Zahlung nach Fertigstellung der Architektenleistung (BGH BauR 2010, 795; OLG München, Urteil vom 20.03.2012, 9 U 2732/11). Im Übrigen würde auch eine schlüssige Erklärung das Bewusstsein voraussetzen, dass noch eine Erklärung erwartet wird (BGH BauR 2010, 1585). Dieses Bewusstsein hatten die Kläger nicht, weil nach ihren Vorstellungen das Werk des beklagten Auftragnehmers nicht im wesentlichen mangelfrei fertig gestellt war und somit kein Anlass für eine Abnahme bestand (BGH BauR 2014, 1023), so das OLG.

10. September 2015

OLG Schleswig: Verjährung von Mängeln an Dach-Photovoltaikanlage

Eine auf einem Dach installierte Photovoltaikanlage stellt kein Bauwerk dar, da es an der eigenen Verbindung zum Erdboden mangelt und sie keine wesentliche Bedeutung für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Nutzbarkeit des Gebäudes hat. Mängel an der Anlage verjähren deshalb (längstens) in drei Jahren.

Diese Ansicht vertritt das OLG Schleswig mit Beschluss vom 26.08.2015, z. 1 U 154/14.

Das OLG hat darauf hingewiesen, daß im entschiedenen Fall die Photovoltaikanlage keine eigene Verbindung zum Erdboden hatte und  nicht der Herstellung oder Nutzung des Stalles, auf dem sie angebracht war, diente. Sie diene allein dem Zweck, eine Einnahmequelle zu schaffen, und sei lediglich aus Zweckmäßigkeitserwägungen auf dem Stalldach installiert worden, weil dieses nach Größe und Lage am besten geeignet schien. An diesen Umständen ändert es nichts, wenn der Stall kaum noch als solcher genutzt werden sollte oder sich Teile der für den Betrieb der Anlage notwendigen Einrichtungen in seinem Inneren befinden. Auch dass sich die Module ggf. schwer anderweitig verwenden ließen oder dass es zur Montage und Demontage der Anlage eines Eingriffs in die Gebäudesubstanz bedarf, mache die Anlage selbst nicht zu einem Bauwerk, so das OLG.

3. September 2015

Zur Anwendbarkeit der HOAI im VOF-Verfahren – BGH lässt Nichtzulassungsbeschwerde zu!

Das OLG Frankfurt hatte mit  Beschluss vom 11.06.2014, Az. 13 U 44/12 entschieden,  daß in Fällen, in denen für die Erstellung einer Planungsstudie in einem VOF-Verfahren eine "Entschädigung" von 6.000 Euro angeboten wird und sich der Architekt/Ingenieur mit dieser Pauschalvergütung einverstanden erklärt, es diesem verwehrt ist, für die Erstellung der Studie ein Honorar nach den Mindestsätzen der HOAI (hier: in Höhe von über 250.000 Euro) zu fordern. Es hatte damit die Berufung der Klägerin gegen das am 23.01.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Darmstadt Az. 1 O 208/11 zurückgewiesen.

Das OLG hatte darauf angestellt, daß sich die Klägerin auf eine Unwirksamkeit der getroffenen Pauschalpreisvereinbarung im Hinblick auf die Mindestsatzunterschreitung der gewährten Vergütung (BGH NJW 2012, 848) kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen könne. Die Berufung auf die Mindestsatzunterschreitung stelle vorliegend eine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verstoßende unzulässige Rechtsausübung dar. Durch ihr gesamten Verhalten während des Vergabeverfahrens hat die Klägerin – mit Ausnahme der einmaligen bloßen "Feststellung der Nichtauskömmlichkeit" der angebotenen Vergütung – bei der Beklagten den Eindruck erweckt, mit den Vergabebedingungen insgesamt, das heißt auch mit der Vergütung für die Erstellung der Projektstudie einverstanden zu sein. Hierdurch hat sie bei der Beklagten einen schützenswerten Vertrauenstatbestand begründet (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 242 Rz. 56), der ihr nachträgliches – zusätzliches – Vergütungsverlangen als widersprüchlich und damit missbräuchlich erscheinen lasse, so das OLG.

Die gegen den Beschluss eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Vergabesenat des BGH am 21.04.2015 zur Entscheidung angenommen (Az.: X ZR 77/14).

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