Ihr-Recht-Blog

22. Februar 2016

OLG Düsseldorf: Zur Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung!

Hat ein Besteller objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrags, kann ihm der Unternehmer regelmäßig die Nachbesserung wegen hoher Kosten der Mängelbeseitigung nicht verweigern.Ein unverhältnismäßiger Aufwand im Sinne des § 635 Abs. 3 BGB ist dann anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer mangelfreien Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht.  Mängel, durch die die Funktionsfähigkeit des Werkes spürbar beeinträchtigt wird, führen regelmäßig dazu, dass eine Verweigerung der Nachbesserung unter Verweis auf die hohen Kosten unberechtigt ist.

Entsprechend hat das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 14.04.2015, Az. 21 U 182/14 zur Frage der Verhältnismäßigkeit bzw. Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung Stellung genommen.

Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Von Bedeutung ist auch, ob und in welchem Ausmaß der Unternehmer den Mangel verschuldet hat (vgl. BGH, zuletzt, Beschluss vom 16.04.2009, VII ZR 177/07, NZBau 2009, 441 Tz. 3; Urteil vom 10.04.2008, VII ZR 214/06, BauR 2008, 1140 = NZBau 2008,  575 = NJW-RR 2008, = ZfBR 2008, 476 Tz. 16 m.w. Nachw.; Urteil vom 10. 11. 2005 – VII ZR 64/04, BauR 2006,  377 = NZBau 2006, 1107 TZ 16). Besteht nur ein objektiv geringes Interesse des Bestellers an der Nacherfüllung, also an der Beseitigung des der ordnungsgemäßen Leistungserbringung entgegenstehenden Mangels und würde diese Nacherfüllung eine erhebliche Belastung des Unternehmers darstellen, sind dies schwergewichtige Umstände, die im Rahmen der in jedem Fall erforderlichen Gesamtabwägung gegen die Berechtigung des Unverhältnismäßigkeitseinwand streiten (vgl. Voit in Bamberger/Roth, BGB, Stand 2014, Rz. 14 zu § 635). Je erheblicher der Mangel ist, umso weniger Rücksicht ist auf die den (vertragsuntreuen) Werkunternehmer belastenden Kosten der Nacherfüllung zu nehmen. Da der Besteller regelmäßig ein starkes Interesse an der Funktionsfähigkeit des vom Unternehmer geschuldeten Werkes hat, die Herstellung und Lieferung zu den Primärpflichten des Auftragnehmers gehört, führen Mängel, durch die die Funktionsfähigkeit des Werkes spürbar beeinträchtigt wird, regelmäßig dazu, dass eine Verweigerung der Nachbesserung unter Verweis auf die hohen Kosten unberechtigt ist, so das OLG.

17. Februar 2016

Aktuell: BGH: Vollständige Zahlung des Flugpreises bei Buchung zulässig!

Der Bundesgerichtshof hat sich in drei Verfahren mit der Praxis bei Flugbuchungen befasst, die vollständige Bezahlung des Flugpreises bereits unmittelbar bei Abschluss des Luftbeförderungsvertrags – unabhängig von der Höhe des Flugpreises oder dem zeitlichen Abstand zwischen Buchung und Flugantritt – zu verlangen. Der BGH hat nunmehr entschieden, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen, nach denen der Flugpreis unabhängig vom Zeitpunkt der Buchung bei Vertragsschluss vollständig zur Zahlung fällig ist, keine unangemessene Benachteiligung der Fluggäste darstellen (BGH, Urteile vom 16. Februar 2016, AZ. X ZR 97/14, X ZR 98/14, X ZR 5/15).

Nach Ansicht des BGH widerspricht die Verpflichtung des Fluggasts, das Beförderungsentgelt bei Vertragsschluss zu entrichten, nicht den wesentlichen Grundgedanken des Personen(Luft)beförderungsrechts (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).  Eine Vertragsgestaltung, bei der das Beförderungsentgelt erst bei Ankunft am Zielort zur Zahlung fällig würde, wäre beim Massengeschäft der Fluggastbeförderung im Linienverkehr weder interessengerecht noch praktikabel.

Die gebotene Interessenabwägung erfordere es auch nicht, eine Vorauszahlung auf eine Anzahlung bei Vertragsschluss (in Höhe von regelmäßig maximal 20 % des Flugpreises) und eine (höchstens 30 Tage vor Flugantritt fällige) Restzahlung zu beschränken, wie dies der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Reisevertragsrecht entspräche (hierzu: BGH, Urteil vom 9. Dezember 2014 – X ZR 85/12, BGHZ 203, 335). Die mit der Pflicht zur sofortigen Vorauszahlung in voller Höhe einhergehenden Nachteile des Fluggasts sind nicht von solchem Gewicht, dass eine Umstellung der weltweit üblichen und einem einheitlichen – von der International Air Transport Association (IATA) empfohlenen – Standard folgenden Abrechnungspraxis der Luftfahrtunternehmen unter Beeinträchtigung deren auch im Allgemeininteresse liegender wirtschaftlicher Tätigkeit im Linienverkehr geboten wäre.

Das vom Fluggast zu tragende Risiko der Insolvenz seines Vertragspartners ist durch die unionsrechtlichen wie nationalen Zulassungs- und Aufsichtsbestimmungen, denen Luftfahrtunternehmen im Linienverkehr unterliegen, deutlich verringert., so der BGH, der sich damit deutlich von seiner Rechtsprechung zum (Pauschal-) Reisevertragsrecht angrenzte.

11. Februar 2016

Fälligkeit von Nachträgen im BGB-Bauvertrag

Enthält ein BGB-Bauvertrag keine Regelung über die Fälligkeit etwaiger Nachtragsforderungen, sind diese erst nach Fertigstellung und Abnahme der Gesamtleistung zu vergüten.

Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen dieses Urteil des OLG Bamberg vom 08.07.2015, Az. 3 U 189/14, wurde nunmehr zurückgenommen, so daß das Urteil rechtskräftig ist (BGH, Beschluß vom 02.12.2015, Az. VII ZR 184/15).

Der Senat stellt insoweit darauf ab, daß , sofern keine gesonderten Vereinbarungen getroffen worden sind, weitere abrechenbare Leistungen außerhalb des geschlossenen Vertragsinhalts und damit z. B. Nachtragsforderungen nach Maßgabe des gesetzlichen Werkvertragsrechts, also grundsätzlich erst nach Fertigstellung und Abnahme, zu vergüten sind.

2. Februar 2016

Aktuell: BVerfG: § 59a I 1 BRAO teilweise verfassungswidrig!

§ 59a Abs. 1 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung ist insoweit verfassungswidrig und nichtig, als er Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten verbietet, sich mit Ärztinnen und Ärzten sowie mit Apothekerinnen und Apothekern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in einer Partnerschaftsgesellschaft zu verbinden. Dies hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit heute – 02.02.2016 -  veröffentlichtem Beschluss in einem Verfahren der konkreten Normenkontrolle auf Vorlage des Bundesgerichtshofs entschieden. Der mit dem Sozietätsverbot verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) ist unverhältnismäßig. Denn der Gesetzgeber hat den Zusammenschluss von Rechtsanwälten mit anderen Berufsgruppen – insbesondere mit Patentanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern – in einer Partnerschaftsgesellschaft zugelassen. Im Vergleich hierzu birgt eine interprofessionelle Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern keine so wesentlichen zusätzlichen Risiken für die Einhaltung der anwaltlichen Berufspflichten, dass dies eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigte, so das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 12. Januar 2016, Az. 1 BvL 6/13).

Im Vergleich zu den nach § 59a BRAO zulässigen Konstellationen der gemeinsamen Berufsausübung bietet die interprofessionelle Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern jedoch kein entscheidend erhöhtes Gefährdungspotential für die anwaltliche Unabhängigkeit, so dass deren Verbot sich als unangemessen erweist. Zwar fehlt es hier im Unterschied zu den sozietätsfähigen Berufen an der Gemeinsamkeit einer im weitesten Sinne wirtschaftlichen oder wirtschaftsrechtlichen Beratung; dies lässt jedoch keinen plausiblen Grund für einen gesteigerten Schutzbedarf zugunsten der anwaltlichen Unabhängigkeit erkennen. Im Gegenteil spricht das grundlegend andere Tätigkeitsfeld der Ärzte und Apotheker eher dafür, dass diese schon wegen ihrer beruflichen Distanz zu rechtlichen Fragestellungen die Unabhängigkeit des anwaltlichen Partners stärker respektieren werden.

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