Ihr-Recht-Blog

30. August 2016

Bausparverträge: Rechtsprechung weiter uneinheitlich!

Die Rechtsprechung ist hinsichtlich der Kündigung gut verzinster sogenannter “Altverträge” durch die Bausparkassen weiterhin nicht einheitlich.

Zwar mußte die Badenia Bausparkasse vor dem OLG Bamberg aktuell eine Niederlage hinnehmen. Dieses hat mit Urteil vom 10.08.2016, Az. 8 U 24/16 entschieden, daß die Kündigung eines zuteiligungsreifen, aber nicht voll besparten Bausparvertrages durch die Bausparkasse rechtswidrig sei und ist damit der gleichgelagerten Rechtsprechung des OLG Stuttgart gefolgt (siehe OLG Stuttgart, Urteile vom 30.03.2016, Az. 9 U 171/15 und 04.05.2016, Az. 9 U 230/15). Die im Verfahren vor dem OLG Bamberg streitgegenständlichen Bausparverträge stammten aus den 80-iger und 90-iger Jahren, offensichtlich bestand seit längerem kein Interesse an einer Inanspruchnahme der Bauspardarlehen auf Seiten des Bausparkunde. Die Verträge laufen nun ungekündigt zu einem Guthabenzins von 2,5 % und mehr auf unbestimmte Zeit weiter.

Anders das OLG Koblenz mit Urteil vom 29. Juli 2016, Az. 8 U 11/16. Dieses hält die Kündigung der Bausparkasse für wirksam und stützt das Kündigungsrecht der Bausparkasse auf § 489 Abs. 1 Nr.2 BGB (so auch OLG Hamm, Beschluss vom 30.12.2015, Az. 31 U 191/15  sowie Urteile vom 22.06.2016, Az. 31 U 271/15 und 31 U 278/15; OLG Köln, Beschluss vom 15.02.2016, Az. 13 U 151/15).

Nach Ansicht des OLG Bamberg wiederum schlägt die Berufung der Bausparkasse auf § 489 BGB fehl. Zwar vertauschen Bausparkunde und Bausparkasse in der Ansparphase die Rollen, womit der Bausparkunden für diesen Zeitraum als Darlehensgeber, die Bausparkasse als Darlehensnehmerin einzustufen ist. Von einem „Empfang“ des Darlehens durch die Bausparkasse im Sinne dieser Vorschrift könne aber erst mit Vollbesparung des Bausparvertrages gesprochen werden.

Das OLG Koblenz hat im Hinblick auf die abweichenden Entscheidungen des OLG Stuttgart die Revision zum BGH zugelassen. Damit besteht die Hoffnung, daß der BGH die relevanten Rechtsfragen in absehbarer Zeit höchstrichterlich klärt.

22. August 2016

Einmal mehr: Kein Honoraranspruch ohne Architektenvertrag!

Die Frage der Abgrenzung zwischen vergütungspflichtigen Planungsleistungen und Akquisitionstätigkeit des Architekten bleibt problematisch und ist weiterhin einzelfallabhängig.

Ein Architektenvertrag kommt nicht allein dadurch zu Stande, dass der Architekt für den (vermeintlichen) Auftraggeber tätig geworden ist und (erhebliche) Planungsleistungen erbracht hat. Es ist Sache des Honorar fordernden Architekten, das Zustandekommen des Vertrags vorzutragen und im Falle des Bestreitens unter Beweis zu stellen.

Der BGH hat mit Beschluss vom 29.06.2016, Az. VII ZR 206/14 die Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein entsprechendes Urteil des OLG Naumburg vom  Urteil vom 23.07.2014, Az. 1 U 24/14 zurückgewiesen und damit seine bisherige Rechtsprechung bestätigt.

In dem seitens des OG Naumburg entschiedenen Sachverhalt bestanden zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und dem Kläger bestanden seit ca. 35 Jahren zumindest enge geschäftliche Beziehungen. Der Kläger wurde ständig mit der Erbringung von Architektenleistungen beauftragt und es kam zu regelmäßigen wöchentlichen Treffen (dienstags und freitags), anlässlich derer dem Kläger die Aufträge mündlich erteilt wurden. Hierüber legte der Kläger später Rechnung, wobei ihm die abgerechneten Leistungen stets bezahlt wurden. Die Beklagte ist Eigentümerin eines Grundstücks in H. , das mit einem SB-Markt bebaut ist. Der diesbezüglich bestehende Mietvertrag mit einem Handelsunternehmen lief im März 2010 aus. Die Geschäftsleitung der Beklagten machte sich deshalb Gedanken über die weitere Nutzung des Gebäudes. Der Geschäftsführer der Beklagten vermisste in H. schon geraume Zeit ein Veranstaltungs- oder Kongresszentrum. Es stellte sich die Frage, ob dieses Zentrum möglicherweise durch den Umbau des SB-Marktes geschaffen werden konnte. Hierzu wollte der Geschäftsführer mit dem Landrat des zuständigen Landkreises in Kontakt treten, um die Auffassung der Politik und der Verwaltung zu einem solchen Vorhaben zu sondieren.

In der Folgezeit kam es zu entsprechenden Gesprächen mit dem Landrat des Landkreises. Dabei legte die Beklagte mehrere Unterlagen vor, deren Umfang und Inhalt streitig blieb. Auch sind die Einzelheiten über Verlauf, Inhalt und Grundlage dieses Gesprächs zwischen den Parteien streitig.

Nachdem es zwischen den Parteien zum Streit über die Abrechnung des Klägers bezüglich seiner Honorare im Jahr 2010 kam, kündigte dieser seine Abrechnung für die angeblich von ihm erbrachten Leistungen für das o. g. Projekt an.; er übersandte ferner diversen Planungsunterlagen. Diese sandte die Beklagte zurück mit dem Hinweis, keinen Auftrag erteilt zu haben.

Ein schriftlicher Architektenvertrag existierte nicht.

Klage und Berufung des Klägers blieben erfolglos.

Nach Durchführung einer Beweisaufnahme stellte das OLG Naumburg darauf ab,  dass die vom Kläger vorgetragenen Indizien keinen Vertragsabschluss tragen. Sie genügen auch nicht als Ansatzpunkt für eine Parteivernehmung von Amts wegen. Der Senat hält es selbst unter Berücksichtigung des Sachvortrages des Klägers nicht für wahrscheinlich, dass sich die Parteien tatsächlich auf einen entgeltlichen Vertrag einigten. Im Ergebnis sprechen die vom Kläger vorgetretenen Tatsachen ebenso gut dafür, dass der von der Beklagten ständig beauftragte Architekt angesichts des Interesses des Geschäftsführers der Beklagten an der Errichtung eines Veranstaltungs-und Kulturzentrums in der Hoffnung, die Beklagte werde eines Tages den Umbau des SB-Marktes in diese Richtung vorantreiben, auf eigenes Risiko (vor-)arbeitete.
Der Kläger geht zu Unrecht davon aus, er habe viel Zeit investiert und den Umbau geplant, weshalb er hierfür eine Vergütung beanspruchen könne. Es kommt nicht auf die Architektenleistung, sondern vielmehr darauf an, ob der Kläger mit einem der Beklagten vermittelten Rechtsbindungswillen tätig wurde oder die Beklagte zumindest Anlass hatte, einen solchen Willen anzunehmen, und ihrerseits den Willen zur Annahme äußerte.

Ob Anfang 2010 ein rechtsgeschäftlicher Bindungswille vorhanden war, ist nicht nach dem inneren Willen des Leistenden zu beurteilen, sondern danach, ob der Leistungsempfänger, hier die Beklagte, aus dem Handeln des Leistenden nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen durfte (BGH NJW 1996, 1889). Dies ist nicht immer einfach zu beantworten, denn entgegen dem Vorbringen des Klägers kommt es nicht selten vor, dass Architekten im Vorfeld von Verträgen nicht unerhebliche Leistungen erbringen, ohne dafür eine Vergütung zu beanspruchen (so bspw. OLG Celle NJW-RR 2012, 21, 22). Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des Einzelfalls. Anhaltspunkte, die objektiv auf einen Bindungswillen schließen oder einen solchen vermissen lassen, ergeben sich zumeist aus Umfang, Zeitpunkt und Zweck der Architektenleistung, dem Zeitpunkt der Rechnungslegung, der wirtschaftlichen Bedeutung sowie den damit zusammenhängenden Haftungsrisiken sowie dem Vorhandensein von Mitbewerbern.

9. August 2016

EuGH: Auftraggeber darf keine prozentuale Eigenleistung vorschreiben!

Die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ist nach einem aktuellen Urteil des EuGH vom 14.07.2016, Az. Rs. C-406/14 dahin auszulegen, dass es nicht zulässig ist, dass ein öffentlicher Auftraggeber in einer Klausel der Verdingungsunterlagen eines öffentlichen Bauauftrags vorschreibt, dass der künftige Auftragnehmer einen bestimmten Prozentsatz der von diesem Auftrag umfassten Arbeiten mit eigenen Mitteln zu erbringen hat.

In dem seitens des EuGH entschiedenen Sachverhalt leitete am 18. Mai 2007 die zuständige Behörde einer – polnischen – Gemeinde ein nicht offenes Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags über den Bau eines Teilabschnitts einer Ringstraße ein. Für dieses Projekt, dessen Kosten sich auf ungefähr 65 Mio. Euro beliefen, wurde eine Finanzhilfe der Union nach dem vom Kohäsionsfonds und vom EFRE kofinanzierten operationellen Programm der gemeinschaftlichen Förderung der Republik Polen im Bereich Infrastruktur und Umwelt im Rahmen des Ziels "Konvergenz" gewährt.V on den sieben Wirtschaftsteilnehmern, die sich um eine Teilnahme an diesem Verfahren beworben hatten, wurden fünf zur Abgabe eines Angebots aufgefordert. Die an diese fünf Teilnehmer übersandten Verdingungsunterlagen enthielten eine Klausel mit folgendem Wortlaut:

"Der Auftragnehmer ist verpflichtet, mindestens 25 % der von dem Auftrag umfassten Arbeiten mit eigenen Mitteln zu erbringen."

Ein in der Folgezeit eingeleitetes verwaltungsgerichtliches Verfahren wurde ausgesetzt, da das vorlegende Gericht es im Hinblick auf die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits für notwendig erachtete, vom Gerichtshof eine Auslegung von Art. 25 der Richtlinie 2004/18, insbesondere der Wendung "Teil des Auftrags", zu erhalten, um zu bestimmen, ob es diese Vorschrift verwehrt, dass ein öffentlicher Auftraggeber einen maximalen Prozentsatz des Teils des Auftrags festlegt, den der künftige Auftragnehmer an Unterauftragnehmer vergeben kann.

Der EuGH hat darauf hingewiesen, daß  es Bietern nach Art. 48 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18 freistehe, für die Ausführung eines Auftrags grundsätzlich unbegrenzt auf Unterauftragnehmer zurückzugreifen, da ihnen mit dieser Bestimmung die Möglichkeit eingeräumt wird, nachzuweisen, dass sie den vom öffentlichen Auftraggeber festgelegten Mindestanforderungen an die technische und berufliche Leistungsfähigkeit unter Rückgriff auf die Kapazitäten von Drittunternehmen genügen, sofern sie belegen, dass sie, sollte der Auftrag an sie vergeben werden, tatsächlich über die für die Ausführung des Auftrags erforderlichen Ressourcen – die nicht ihre eigenen sind – verfügen werden.

1. August 2016

Hinweispflicht des Heizungsbauers auf erforderliche Wärmedämmung!

Der mit der Erneuerung einer Heizungsanlage beauftragte Werkunternehmer hat den Auftraggeber darüber aufzuklären, dass die angebotene Anlage angesichts der baulichen Gegebenheiten nur dann wirtschaftlich betrieben werden kann, wenn umfangreiche und kostenintensive Wärmeschutzmaßnahmen an dem Gebäude durchgeführt werden. Verletzt der Unternehmer die ihm obliegenden Aufklärungspflichten, kann der Auftraggeber den Vertrag rückabwickeln und ist nicht zur Zahlung des vereinbarten Werklohns verpflichtet.

Der BGH hat mit Beschluss vom 13.07.2016, Az. VII ZR 305/13 die Zulassungsbeschwerde gegen die entsprechende Entscheidung des OLG Oldenburg, vom 09.10.2013, Az. 3 U 5/13 zurückgewiesen.

Prüf- und Hinweispflichten namentlich des Verkäufers und des Werkunternehmers haben ihren Grund in seinem gegenüber dem Interessenten größeren Fachwissen, auf das der Besteller einer Leistung in der Regel setzt und dessen Einsatz zu seinen Gunsten er nach Treu und Glauben erwarten darf. Dabei wird der Umfang der Aufklärungs- und Prüfungspflichten maßgeblich einerseits durch den Beratungsbedarf des Auftraggebers und andererseits durch das Fachwissen des Unternehmers bestimmt.
Diese Pflichten bestanden vorliegend dahingehend, dass der beklagte Werkunternehmer gehalten war, den Auftraggeber darüber aufzuklären, dass die angebotene Anlage angesichts der baulichen Gegebenheiten in dem Wohnhaus des Auftraggebers nur dann wirtschaftlich oder gar wirtschaftlicher als die vorhandene Anlage betrieben werden könnte, wenn umfangreiche und kostenintensive Wärmeschutzmaßnahmen an dem Gebäude durchgeführt werden. Diese Verpflichtung hat der Beklagte nicht erfüllt.

Der Beklagte hat den Auftraggeber vielmehr einseitig und falsch dahin beraten, dass der bloße Austausch der vorhandenen Heizungsanlage gegen die Wärmepumpe möglich sei, so der Senat.

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