Ihr-Recht-Blog

28. September 2016

BGH: Mehrkosten bei Umbuchung einer Pauschalreise

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Die Umbuchungen bei einer Pauschalreise bleiben teuer. Reiseveranstalter dürfen ihren Kunden auch künftig – ggf. auch hohe – Zusatzkosten in Rechnung stellen, wenn sie deren Pauschalreise auf einen Ersatz-Teilnehmer umbuchen. Dies hat der BGH mit 2 Urteilen vom 27. September 2016, Az. X ZR 107/15 und X ZR 141/15 entschieden.

Der Kläger in der Sache X ZR 107/15 buchte bei der beklagten Reiseveranstalterin für seine Eltern eine einwöchige Reise von Hamburg nach Dubai zu einem Gesamtpreis von 1.398 €. Die Luftbeförderung zum Reiseziel sollte nach dem Vertrag mit einer Linienfluggesellschaft erfolgen. Wegen einer Erkrankung seiner Mutter erkundigte sich der Kläger zwei Tage vor Abflug nach den Bedingungen eines Eintritts zweier anderer Personen in den Reisevertrag. Die Beklagte teilte ihm am nächsten Tag mit, dass eine Umbuchung entweder den Erwerb von Business-Class-Tickets mit Mehrkosten in Höhe von 1.850 € pro Person oder neuer Economy-Class-Tickets mit einer anderen Abflugzeit und Mehrkosten in Höhe von 725 € pro Person erfordere. Der Kläger trat daraufhin vom Reisevertrag zurück.

In der Sache X ZR 141/15 buchten die Klägerin und ein vorgesehener Mitreisender, der der Klägerin seine Ansprüche abgetreten hat, bei der beklagten Reiseveranstalterin eine zehntägige Reise von Berlin nach Phuket (Thailand) zu einem Gesamtpreis von 2.470 €. Die Luftbeförderung zum Reiseziel sollte wiederum mit einer Linienfluggesellschaft erfolgen. Wegen einer Erkrankung des Mitreisenden bat die Klägerin zwei Tage vor Abflug um den Eintritt zweier anderer Personen in den Reisevertrag. Die Beklagte teilte ihr am nächsten Tag mit, dass eine Umbuchung den Erwerb neuer Flugtickets mit Mehrkosten in Höhe von 1.648 € pro Person erfordere. Die Klägerin und ihr Mitreisender traten daraufhin vom Reisevertrag zurück.

In beiden Fällen stellte der Reiseveranstalter den Kunden eine Rücktrittsentschädigung in Höhe von 85 bzw. 90 % des Reisepreises in Rechnung und zahlte nur den restlichen Reisepreis zurück. Die Kläger verlangen jeweils Rückzahlung des vollen Reisepreises. Sie waren damit beim Amtsgericht erfolglos, das Berufungsgericht hat hingegen den Klagen jeweils stattgegeben (AG München – Urteil vom 21. November 2014, Az. 121 C 25717/13, folgend: LG München I, Urteil vom 25. August 2015, Az. 30 S 25399/14 sowie  AG München, Urteil vom 20. Februar 2015, Az.  281 C 9715/14, folgend LG München I, Urteil vom 27. Oktober 2015, Az. 13 S 5113/15).

Auf die Revision der beklagten Reiseveranstalter hat der für das Reiserecht zuständigen X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Berufungsurteile aufgehoben und die klageabweisenden erstinstanzlichen Urteile wiederhergestellt.

Er hat hierzu ausgeführt, der Reiseveranstalter müsse dem Kunden zwar nach § 651b Abs. 1 BGB die Übertragung des Anspruchs auf die Reiseleistungen auf einen Dritten ermöglichen. Hierdurch entstehende Mehrkosten muss er jedoch nicht selbst tragen, sondern kann den Kunden und den Dritten damit belasten, die hierfür als Gesamtschuldner haften. Er ist auch nicht gezwungen, die vertraglichen Reiseleistungen so zu gestalten, dass sie für den Kunden möglichst kostengünstig auf einen Dritten übertragbar sind. Für den Streitfall bedeutet dies, dass der Reiseveranstalter den Anspruch des Kunden auf Flugbeförderung im Rahmen der gebuchten Pauschalreise auch dadurch erfüllen kann, dass er für diesen bei einem Luftverkehrsunternehmen einen Flug zu einem Tarif bucht, der einen nachträglichen Wechsel der Person des Fluggastes nicht zulässt und typischerweise zu einem niedrigeren Preis erhältlich ist als Tarife, die eine größere Flexibilität gestatten. Der Reiseveranstalter bleibt gleichwohl verpflichtet, dem Dritten auch in einem solchen Fall den Eintritt in den Reisevertrag zu ermöglichen. Die Kosten für den notwendigen Erwerb eines neuen Flugscheins sind dann jedoch Mehrkosten im Sinne des § 651b Abs. 2 BGB. Auch wenn sie insbesondere den Eintritt eines Dritten kurz vor Reisebeginn, wie er in den Streitfällen in Rede stand, wirtschaftlich unattraktiv machen können, rechtfertigt dieser Umstand es nicht, derartige Mehrkosten den Reiseveranstalter tragen zu lassen, so der BGH.

22. September 2016

Aktuell: BGH zur Schadensersatzpflicht eines Zuschauers gegenüber einem Verein

Der VII. Zivilsenat des BGH hat mit Urteil vom  22. September 2016, Az. VII ZR 14/16 die Pflicht des Zuschauers eines Fußballspiels bejaht, dem veranstaltenden Verein die von diesem gezahlte Verbandsstrafe wegen des Zündens eines Knallköpers durch den Zuschauer als Schadensersatz zu erstatten.

Die Klägerin betreibt den Profifußballbereich des 1. FC Köln. Sie verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen des Zündens eines Knallkörpers bei einem Heimspiel im RheinEnergieStadion in der 2. Bundesliga gegen den SC Paderborn 07 am 9. Februar 2014.

Der Beklagte zündete in der zweiten Halbzeit einen Knallkörper, der aufgrund seiner Sprengenergie dem Sprengstoffgesetz unterfällt, und warf ihn vom Oberrang der Nordtribüne auf den Unterrang, wo er detonierte und sieben Zuschauer verletzte.

Wegen dieses Vorfalls und vier weiterer vorangegangener Vorfälle bei anderen Spielen der Lizenzspielermannschaft der Klägerin verhängte das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes e.V. (DFB) eine Verbandsstrafe gegen die Klägerin, u.a. bestehend aus einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 € sowie der Bewährungsauflage, weitere 30.000 € für Projekte und Maßnahmen zu verwenden, die der Gewaltprävention sowie der Ermittlung von konkreten Tätern bei den Fußballspielen der Klägerin dienen.

Die Klägerin bezahlte die Geldstrafe. Sie verlangt vom Beklagten Ersatz in Höhe von 30.000 €.

Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 8. April 2015, Az. 7 O 231/14 der Klage stattgegeben. Das OLG Köln hat auf die Berufung des Beklagten mit Urteil vom 17. Dezember 2015, Az. 7 U 54/15 das Urteil des Landgerichts Köln abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des OLG Köln aufgehoben und ausgeführt, dass jeden Zuschauer die Verhaltenspflicht trifft, die Durchführung des Fußballspiels nicht zu stören. Verstößt er hiergegen durch das Zünden und den Wurf eines Knallkörpers, hat er für die daraus folgenden Schäden zu haften und sie zu ersetzen. Das gilt auch für eine dem Verein wegen des Vorfalls auferlegte Geldstrafe des DFB. Sie ist kein nur zufällig durch das Verhalten verursachter, hiermit nicht mehr in einem inneren Zusammenhang stehender Schaden. Vielmehr wird sie gerade wegen der Störung durch den Zuschauer verhängt. Auch die Regeln des Verbandes dienten wie die Pflichten des Zuschauervertrags der Verhinderung von Spielstörungen.

Der Bundesgerichtshof hat  die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, damit dieses die weiteren Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs prüft.

21. September 2016

Architekt und Honorar für Auftragsvermittlung

Geldempfänge des Architekten von Seiten des bauausführenden Unternehmens mögen ungewöhnlich sein, lassen aber für sich gesehen nicht den Schluss zu, sie hätten mit dem Ziel zusammengearbeitet, durch mangelhafte Leistungen dem Bauherrn Schaden zuzufügen. Der BGH hat mit Beschluß vom 13.07.2016, Az. VII ZR 29/14 die gegen das Urteil des Oberlandgerichts Dresden vom 23.12.2013, Az. 9 U 1820/10 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Die Parteien streiten über Inhalt und Umfang eines Architektenvertrages; die Auftraggeber, eine Erbengemeinschaft eines im Jahr 1997 rückübertragenen Anwesens, beabsichtigten insoweit eine Generalsanierung und Umnutzung desselben.

Im Rahmen der Verhandlungen machte der beklagte Architekt die Erbengemeinschaft auf einen Herrn J. als einen aus seiner Sicht geeigneten Generalunternehmer aufmerksam. Mit diesem schloss der Beklagte am 04.02.1998 eine Vereinbarung, ausweislich derer Herr J. und der Beklagte je 5 % aus der Bausumme von 2.100.100,00 DM als Honorar und der Beklagte aus der Erhöhung der Bausumme weitere 50.000,00 DM erhalten sollten.

Am 20.02.1998 schloss die Bauherrengemeinschaft, bestehend aus den Mitgliedern der Erbengemeinschaft V. B. und Dr. U. B., mit dem Planungsbüro J. GmbH (fortan: J. GmbH) einen Generalübernehmervertrag mit dem Ziel der Instandsetzung, der Modernisierung und dem Umbau des Objektes …straße .. in L.. Diesem Generalübernehmervertrag beigefügt waren u.a. von dem Beklagten gefertigte Planskizzen, die den Stempelaufdruck "Büro für Architektur und Stadtplanung, Dipl. Ing. Reg.-Baumeister … …" tragen.

In der Folge wurden Mängel an der Leistung des Generalunternehmers geltend gemacht, die der beklagte Architekt hätte erkennen müssen. Die Klägerin hat ferner behauptet, der Beklagte habe die nach Baufortschritt von der J. GmbH gelegten Rechnungen zur Zahlung frei gegeben bzw der Erbengemeinschaft nicht von der Bezahlung abgeraten, obwohl er bei entsprechender Prüfung unschwer hätte erkennen können, dass nicht Bauleistungen i.H.v. 1.940.946,00 DM, sondern nur i.H.v. 1.769.357,00 DM erbracht gewesen seien. Dadurch sei die J. GmbH in Höhe eines Betrages von 171.589,00 DM überzahlt worden. Darüber hinaus hat sie behauptet, dass der Beklagte die ihm obliegende Planung mangelhaft aus- und keine Bestandsaufnahme durchgeführt, keine Untersuchungen auf Hausschwamm und andere Schädlinge veranlasst und fehlerhaft zunächst keine Baugenehmigung für notwendig erachtet habe.

U. a. hat die Klägerin erklärt, von dem Beklagten auch die Rückzahlung der ihm von Herrn J. aufgrund der Vereinbarung vom 04.02.1998 überlassenen Geldbeträge i.H.v. insgesamt 79.250,24 EUR verlangen zu wollen.

Die Klage wurde nach Beweiserhebung u. a durch Einholung von Sachverständigengutachten teilweise zugesprochen; soweit Ansprüche auf deliktsrechtliche Anspruchsnormen wegen Eigentums- und Vermögensschäden durch kollusives Zusammenwirken des Beklagten mit Herrn J. gestützt wurden, wurde die Klage abgewiesen.

Zwar könne ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen der Beschädigung fremden Eigentums grundsätzlich auch dann bestehen, wenn die verletzende Handlung oder Unterlassung im Rahmen eines Vertragsverhältnisses erfolgt ist und sich aus diesem Ansprüche auf Schadloshaltung ergeben (BGH, Urteil vom 24.11.1976, Az.: VIII ZR 137/75). So hat der Bundesgerichtshof wiederholt eine Eigentumsverletzung durch eine fehlerhafte Planung oder Bauüberwachung des Architekten oder Ingenieurs für möglich gehalten (BGH, Urteil vom 09.03.2004, Az.: X ZR 67/01). Dies gilt indes nur, wenn der geltend gemachte Schaden nicht den auf der Mangelhaftigkeit beruhenden Unwert der Sache für das Nutzungs- und Äquivalenzinteresses des Eigentümers ausdrückt. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB besteht daher grundsätzlich dann nicht, soweit mit dem Schadensersatzanspruch allein die Kosten für die Beseitigung des Mangels der in Auftrag gegebenen Bauleistung geltend gemacht werden (BGH, Urteil vom 27.01.2004, Az.: VII ZR 158/03).

So liege der Fall hier. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung einen Anspruch auf Ersatz der Kosten weiter, die für die Beseitigung zweier von ihr im einzelnen näher bezeichneten Mängel notwendig werden sollen. Damit ist der geltend gemachte Schaden deckungsgleich mit dem angeblichen Mangelunwert der Architektenleistung des Beklagten mit der Folge, dass der Klägerin gegen den Beklagten deretwegen keine deliktischen Schadensersatzansprüche zustehen können.

Für einen aus § 826 BGB abgeleiteten Anspruch mit Blick auf das behauptete kollusive Zusammenwirken des Beklagten mit der Fa. J. fehlt es an belastbaren Tatsachen. Geldempfänge des Beklagten von Seiten des bauausführenden Unternehmens mögen ungewöhnlich sein, lassen aber für sich gesehen nicht den Schluss zu, sie hätten mit dem Ziele zusammengearbeitet, durch mangelhafte Leistungen der Erbengemeinschaft Schaden zuzufügen.

16. September 2016

BVerwG: Anschluss an Fernwärmeversorgung aus Klimagründen erleichtert!

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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat sich mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen eine Kommune den Anschluss- und Benutzungszwang an eine Fernwärmeversorgung zum Zwecke des globalen Klimaschutzes nach § 16 Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) anordnen darf. Es hat mit Urteil vom 08. September 2016, Az. BVerwG 10 CN 1.15 entschieden, dass die Gemeinde- und Stadträte vor Erlass einer solchen Satzung nicht immer ein aufwändiges Gutachten über die klimatischen Auswirkungen der Maßnahme einholen müssen.

Der Entscheidung liegt ein Rechtsstreit zwischen der Stadt Halberstadt und einer lokalen Wohnungsbaugenossenschaft zu Grunde. Die Stadt beschloss am 27. September 2012 eine Satzung, mit der für einen Teil des Stadtgebiets zum Zwecke des Klima- und Ressourcenschutzes ein Anschluss- und Benutzungszwang an die Fernwärmeversorgung angeordnet wurde. Die Wohnungsbaugesellschaft stellte dagegen einen Normenkontrollantrag und bestritt, dass mit dem Anschluss der Grundstücke an die Fernwärmeversorgung im konkreten Fall Vorteile für den Klimaschutz verbunden seien. Das Oberverwaltungsgericht hat die Satzung in wesentlichen Teilen für unwirksam erklärt, weil ein dringendes öffentliches Bedürfnis im Sinne des § 8 Nr. 2 Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt (GO) nicht hinreichend festgestellt sei. Die Stadt habe es vor dieser Anordnung unterlassen, den dafür erforderlichen gutachtlichen Vergleich der zu erwartenden CO2-Emissionen mit und ohne Anschlusszwang an die Fernwärmeversorgung durchzuführen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat der Revision der Stadt stattgegeben und festgestellt, dass § 16 EEWärmeG als bundesrechtliche Erweiterung für die Ermächtigung für die Kommunen, einen Anschluss- und Benutzungszwang anzuordnen, zwar in einem bestimmten Umfang Raum lässt für eine ergänzende Anwendung von Landesrecht. Jedoch ermächtigt die Vorschrift die Länder nicht, die Anforderungen in Bezug auf den globalen Klimaschutz zu verschärfen. § 8 Nr. 2 GO kann daher nicht als Grundlage für zusätzliche Erfordernisse herangezogen werden. Nach dem EEWärmeG kann ein gutachtlicher Vergleich der zu erwartenden CO2-Emissionen mit und ohne Anschluss- und Benutzungszwang nicht generell gefordert werden. Wenn die Fernwärmeversorgungseinrichtung in einem bestimmten Mindestmaß mit erneuerbaren Energien, mit Abwärme oder Kraft-Wärme-Koppelung betrieben wird, das in Anlage VIII des Gesetzes definiert ist, so spricht eine generelle Vermutung dafür, dass der Anschluss- und Benutzungszwang von Wohngebieten dem Klima- und Ressourcenschutz dient. Erfüllt sie diese Anforderungen nicht, bedarf es allerdings in der Regel einer konkreten Vergleichsberechnung in Bezug auf die gesamtklimatischen Auswirkungen. Da das Oberverwaltungsgericht noch nicht geprüft hat, ob die Fernwärmeeinrichtung der Stadt Halberstadt den Anforderungen der Anlage VIII des EEWärmeG entspricht, hat das Bundesverwaltungsgericht die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichtes

1. September 2016

OLG Hamm: Sicherheit nach § 648a BGB: Einwände des Auftraggebers sind unerheblich!

Besteht Streit über die Höhe des gem. § 648a BGB abzusichernden Anspruchs, genügt – auch nach einer Kündigung des Bauvertrags und auch im Hinblick auf Nachtragsforderungen – eine schlüssige Darlegung durch den Auftragnehmer; Einwänden des Auftraggebers sind im Rahmen des Sicherungsverlangens nicht nachzugehen (OLG Hamm, Urteil vom 03.06.2016, Az. 12 U 99/15).

In dem seitens des OLG Hamm entschiedenen Sachverhalt  schlossen  Auftragnehmer und  Auftraggeber 2011 einen auf zwei Lose aufgespaltenen Vertrag über Kanalisations- und Straßenausbauarbeiten. Zu Los 1 erfolgt eine Abnahme mit Mängelvorbehalten. Hinsichtlich des Loses 2 kündigt der Auftragnehmer den Vertrag, da ein § 648a-Sicherungsverlangen erfolglos bleibt. Arbeiten zu Los 2 hat er zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgeführt. Der Auftragnehmer klagte mit Erfolg auf Sicherheit gem. § 648a BGB i.H.v. 458.000 Euro.

Zu Los 1 sei vom Pauschalpreis auszugehen, der lediglich um vom Auftragnehmer zugestandene, nicht ausgeführte kleinere Arbeiten und ebenfalls unstrittige geringe Mängelbeseitigungskosten zu kürzen ist, nicht dagegen um weitere Positionen, die nach dem strittigen Vorbringen des Auftraggebers nicht ausgeführt wurden bzw. mangelhaft sind, so das OLG. Nachtragsforderungen des Auftragnehmers aus dem Los 1 seien teilweise unstrittig, ansonsten jedenfalls vom Auftragnehmer schlüssig vorgetragen. Soweit der Auftraggeber gegen einzelne dieser Nachtragsforderungen einwendet, sie seien bereits vertraglich geschuldet gewesen und könnten keinen zusätzlichen Vergütungsanspruch auslösen, außerdem träfen die angesetzten Mengen nicht zu, lässt dies die Schlüssigkeit des Vorbringens des Auftragnehmers unberührt. Diese Streitfragen sind nicht im Rahmen des Sicherungsverlangens aufzuklären.

Zum Los 2 steht dem Auftragnehmer wegen der Kündigung dem Grunde nach die vereinbarte Vergütung zu. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder böswillig zu erwerben unterlässt (§ 648a Abs. 5 Satz 2 BGB). Der Auftragnehmer habe, zutreffend ausgehend vom Nettobetrag der vertraglichen Vergütung, ersparte Aufwendungen schlüssig dargelegt und einen anderweitigen Erwerb mit plausiblen Darlegungen verneint. Soweit der Auftraggeber die Richtigkeit der Angaben des Auftragnehmers bestreite, kann er nach Ansicht des OLG Hamm hiermit bei der Entscheidung über das Sicherungsverlangen nicht gehört werden

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