Ihr-Recht-Blog

27. Juli 2017

BArbG: Verwertungsverbot bezüglich per Keylogger gewonnener Erkenntnisse

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Der Einsatz eines Software-Keyloggers, mit dem alle Tastatureingaben an einem dienstlichen Computer für eine verdeckte Überwachung und Kontrolle des Arbeitnehmers aufgezeichnet werden, ist nach § 32 Abs. 1 BDSG unzulässig, wenn kein auf den Arbeitnehmer bezogener, durch konkrete Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung besteht.

Der Kläger war bei der Beklagten seit 2011 als „Web-Entwickler“ beschäftigt. Im Zusammenhang mit der Freigabe eines Netzwerks teilte die Beklagte ihren Arbeitnehmern im April 2015 mit, dass der gesamte „Internet-Traffic“ und die Benutzung ihrer Systeme „mitgeloggt“ werde. Sie installierte auf dem Dienst-PC des Klägers eine Software, die sämtliche Tastatureingaben protokollierte und regelmäßig Bildschirmfotos (Screenshots) fertigte. Nach Auswertung der mit Hilfe dieses Keyloggers erstellten Dateien fand ein Gespräch mit dem Kläger statt. In diesem räumte er ein, seinen Dienst-PC während der Arbeitszeit privat genutzt zu haben. Auf schriftliche Nachfrage gab er an, nur in geringem Umfang und in der Regel in seinen Pausen ein Computerspiel programmiert und E-Mail-Verkehr für die Firma seines Vaters abgewickelt zu haben. Die Beklagte, die nach dem vom Keylogger erfassten Datenmaterial davon ausgehen konnte, der Kläger habe in erheblichem Umfang Privattätigkeiten am Arbeitsplatz erledigt, kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich.

Die Vorinstanzen haben der dagegen gerichteten Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die durch den Keylogger gewonnenen Erkenntnisse über die Privattätigkeiten des Klägers dürfen im gerichtlichen Verfahren nicht verwertet werden. Die Beklagte hat durch dessen Einsatz das als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gewährleistete Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt. Die Informationsgewinnung war nicht nach § 32 Abs. 1 BDSG zulässig. Die Beklagte hatte beim Einsatz der Software gegenüber dem Kläger keinen auf Tatsachen beruhenden Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung. Die von ihr „ins Blaue hinein“ veranlasste Maßnahme war daher unverhältnismäßig. Hinsichtlich der vom Kläger eingeräumten Privatnutzung hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler angenommen, diese rechtfertige die Kündigungen mangels vorheriger Abmahnung nicht.

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 27. Juli 2017 – 2 AZR 681/16 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil vom 17. Juni 2016 – 16 Sa 1711/15 –

Quelle: Pressemitteilung Nr. 31/17 des Bundesarbeitsgerichts vom 27.07.2017

OLG Braunschweig zu den Anforderungen bei Umbau in Wohnraum

Verpflichtet sich der Auftragnehmer dazu, eine Kaserne zu Wohnungen umzubauen, hat er die Arbeiten durchzuführen, die nach Umfang und Bedeutung insgesamt mit Neubauarbeiten vergleichbar sind.

Hierauf hat das OLG Braunschweig mit Beschluss vom 30.11.2015, Az. 8 U 78/14 abgestellt; der BGH hat nunmehr mit Beschluss vom 29.03.2017, Az. VII ZR 302/15 die insoweit erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Diese Verpflichtung des Auftragnehmers hatte im entschiedenen  Fall u. a. zur Folge, daß nicht nur ein Schallschutz entsprechend den Schalldämmwerten nach DIN 4109 geschuldet war, sondern nach Ansicht des Gerichts vielmehr ist bezüglich der Trittschalldämmung der übliche Komfortstandard vereinbart ist.

Der Senat hat darauf abgestellt, daß vorliegend eine Umnutzung der Räumlichkeiten von einer Kaserne und damit aus dem Bereich des Nichtwohnungsbaus zu Wohnungen, die für den dauerhaften Aufenthalt von Menschen dienen, stattgefunden hat, was stets mit erheblichen Änderungen im Bestand des Objektes einhergeht. Dies folgt auch daraus, dass hier unstreitig eine Baugenehmigung erforderlich gewesen ist. Es kam daher nicht darauf an, ob in anderen Bereichen des Objekts vorhandenes Parkett nur abgeschliffen werden sollte. Entscheidend ist, dass jedenfalls für die Bereiche, bei denen neues Parkett aufgebracht worden ist, ein Werk vereinbart wurde, das dem üblichen Qualitäts- und Komfortstandard einer neu gebauten Wohnung entspricht.

20. Juli 2017

BGH zum Anspruch des Gebrauchtwagenkäufers auf Transportkostenvorschuss vor Nacherfüllung

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 19. Juli 2017, Az. VIII ZR 278/16  entschieden, dass ein Verkäufer gemäß § 439 Abs. 2 BGB verpflichtet ist, einem Käufer durch Zahlung eines von diesem angeforderten Vorschusses den Transport der (vermeintlich) mangelbehafteten Kaufsache zum Ort der Nacherfüllung zu ermöglichen.

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt kaufte die in Schleswig-Holstein ansässige Klägerin von der Beklagten, die in Berlin einen Fahrzeughandel betreibt, zum Preis von 2.700 € einen gebrauchten Pkw Smart, den die Beklagte in einem Internetportal angeboten hatte.

Kurze Zeit nach Übergabe des Fahrzeugs wandte sich die Klägerin wegen eines nach ihrer Behauptung aufgetretenen Motordefekts an die Beklagte, um mit ihr die weitere Vorgehensweise zur Schadensbehebung im Rahmen der Gewährleistung zu klären. Nachdem eine Reaktion der Beklagten ausgeblieben war, forderte die Klägerin sie unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung auf. Hierauf bot die Beklagte telefonisch eine Nachbesserung an ihrem Sitz in Berlin an. Die Klägerin verlangte daraufhin unter Aufrechterhaltung der gesetzten Frist die Überweisung eines Transportkostenvorschusses von 280 € zwecks Transports des nach ihrer Behauptung nicht fahrbereiten Pkw nach Berlin beziehungsweise die Abholung des Fahrzeugs durch die Beklagte auf deren Kosten. Nachdem diese sich nicht gemeldet hatte, setzte die Klägerin ihr eine Nachfrist zur Mängelbeseitigung und ließ, als die Beklagte hierauf wiederum nicht reagierte, die Reparatur des Pkw in einer Werkstatt bei Kassel durchführen.

Für ihr entstandene Reparatur-, Transport- und Reisekosten verlangt die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 2.332,32 €. Ihre Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg (Amtsgericht Pankow/Weißensee, Urteil vom 9. Dezember 2015, Az. 2 C 271/15 und Landgericht Berlin, Urteil vom 8. November 2016, Az. 88 S 14/16).

Nach Ansicht des BGH müsse ein taugliches Nacherfüllungsverlangen zwar auch die Bereitschaft des Käufers umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen am rechten Ort, nämlich dem Erfüllungsort der Nacherfüllung, zur Verfügung zu stellen. Hierdurch soll es dem Verkäufer ermöglicht werden, die verkaufte Sache darauf zu überprüfen, ob der behauptete Mangel besteht, ob er bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen hat, auf welcher Ursache er beruht sowie ob und auf welche Weise er beseitigt werden kann. Dementsprechend ist der Verkäufer grundsätzlich nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm die Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung der Kaufsache gegeben hat. Der Erfüllungsort der Nacherfüllung befindet sich, solange die Parteien nicht Abweichendes vereinbaren oder besondere Umstände vorliegen, am Wohn- oder Geschäftssitz des Schuldners (§ 269 Abs. 1 BGB), vorliegend mithin am Geschäftssitz der Beklagten in Berlin.

Jedoch hat der Verkäufer nach § 439 Abs. 2 BGB die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Kosten, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu tragen. Hierbei handelt es sich um eine Kostentragungsregelung mit Anspruchscharakter, welche die Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung gewährleisten soll. Dies begründet in Fällen, in denen – wie hier – eine Nacherfüllung die Verbringung des Fahrzeugs an einen entfernt liegenden Nacherfüllungsort erfordert und bei dem Käufer deshalb Transportkosten zwecks Überführung des Fahrzeugs an diesen Ort anfallen, aber nicht nur einen Erstattungsanspruch gegen den Verkäufer. Der Käufer kann nach dem Schutzzweck des Unentgeltlichkeitsgebots vielmehr grundsätzlich schon vorab einen (abrechenbaren) Vorschuss zur Abdeckung dieser Kosten beanspruchen. Denn die dem Verkäufer auferlegte Verpflichtung, die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der Kaufsache unentgeltlich zu bewirken, soll den Verbraucher vor drohenden finanziellen Belastungen schützen, die ihn in Ermangelung eines solchen Schutzes davon abhalten könnten, solche Ansprüche geltend zu machen. Ein solcher Hinderungsgrund kann sich auch daraus ergeben, dass der Verbraucher mit entstehenden Transportkosten in Vorlage treten muss, so der BGH.

18. Juli 2017

OLG Köln zum Widerruf eines Architektenvertrages durch Verbraucher

Ein Architektenvertrag ist kein "Vertrag über den Bau von Gebäuden oder erhebliche Umbaumaßnahmen"  im Sinne des § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB.  Ein zwischen einem privatem Bauherrn und einem Architekten außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Architektenvertrag kann daher vom Bauherrn innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden, so das OLG Köln mit Beschluss vom 23.03.2017, Az. 16 U 153/16.

13. Juli 2017

BGH zur Wirksamkeit eines Architektenvertrages bei Verstoß gegen Vergaberecht

Etwaige Vergaberechtsverstöße haben auf die Wirksamkeit eines Architektenvertrags keinen Einfluss. Etwas anderes gilt, wenn der Bürgermeister sich in kollusivem Zusammenwirken mit dem Architekten bewusst über die Beschlüsse des Gemeinderats und das Vergaberecht hinweggesetzt hat.

Entsprechendes hat der BGH mit Urteil vom 01.06.2017, Az. VII ZR 49/16 ausgeführt und damit das Urteil des OLG Stuttgart vom 09.02.2016, Az. 10 U 137/15, welches von der Unwirksamkeit des Architektenvertrages ausging, aufgehoben.

In dem seitens des BGH entschiedenen Sachverhalt führte die Klägerin, eine bayerische Marktgemeinde, ein VOF-Verfahren für ein Bauvorhaben in der Gemeinde durch. Im Rahmen des VOF-Verfahrens bewarb sich das Architekturbüro "gk G. + K. Freie Architekten", deren Gesellschafter G. und K. auch die Gesellschaftergeschäftsführer der Beklagten ("gk G. + K. Generalplaner GmbH") sind. Der Gemeinderat der Klägerin beschloss am 13. Dezember 2011, den Auftrag "dem gk G. und K." zu erteilen. Dagegen unterzeichnete der mittlerweile verstorbene erste Bürgermeister der Klägerin nach vorangegangenen Gesprächen und Telefonaten, deren Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, am 28. März 2012 einen von der Beklagten übersandten Entwurf des Architektenvertrags, in dem die beklagte GmbH als Auftragnehmerin ausgewiesen ist.

Die Beklagte unterzeichnete den Vertrag anschließend ebenfalls und sandte ihn der Klägerin zurück. Später gerieten die Parteien in Streit darüber, welche Architektenleistungen erbracht worden sind und ob die Klägerin zu beachtende Kostenvorstellungen mitgeteilt hatte. Am 30. Juli 2013 beschloss der Gemeinderat, den Architektenvertrag nicht zu genehmigen. Die klagende bayerische Marktgemeinde fordert von der beklagten GmbH die Rückzahlung eines Architektenhonorars wegen ungerechtfertigter Bereicherung.

Nachdem der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Erlass des angefochtenen Urteils entschieden hatte, dass die organschaftliche Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters einer bayerischen Gemeinde nach Art. 38 Abs. 1 BayGO im Außenverhältnis allumfassend und unbeschränkt ist und infolgedessen die Gemeinde auch durch solche Rechtshandlungen des ersten Bürgermeisters berechtigt und verpflichtet wird, die dieser ohne die erforderliche Beschlussfassung des Gemeinderats vorgenommen hat (Urteil vom 18. November 2016 – V ZR 266/14, WM 2017, 256 Rn. 12, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen), schloß sich dem der VII. Zivilsenat im vorliegenden Fall an.

Der Senat führt weiter aus, daß etwaige Verstöße gegen das Vergaberecht haben auf die Wirksamkeit des Architektenvertrags keinen Einfluss haben. Dass der Bürgermeister sich in kollusivem Zusammenwirken mit der Beklagten bewusst über die Beschlüsse des Gemeinderats und das Vergaberecht hinweggesetzt hätte, hat die Klägerin selbst nicht behauptet, so der BGH.

6. Juli 2017

BGH zur Rückforderung der Einspeisevergütung

Der Bundesgerichtshof hat sich mit Urteil vom 5. Juli 2017, Az. VIII ZR 147/16 mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen ein Netzbetreiber vom Betreiber einer Photovoltaikanlage die Rückzahlung einer Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verlangen kann, wenn der Betreiber es unterlassen hat, seine neue Anlage bei der Bundesnetzagentur zu melden.

Der Beklagte, ein Landwirt, betreibt auf seinem Grundstück in Schleswig-Holstein eine Photovoltaik-Dachanlage. Diese nahm er im Frühjahr 2012 in Betrieb und speiste sodann den damit erzeugten Strom in das Stromnetz der klagenden Netzbetreiberin ein.

Vor der Inbetriebnahme der Anlage hatte der Beklagte ein ihm von der Klägerin übersandtes Formblatt mit Angaben zu der Anlage ausgefüllt und unterzeichnet. Dieses Formblatt trägt die Überschrift "Verbindliche Erklärung zur Ermittlung der Förderfähigkeit und der maßgeblichen Vergütungshöhe für Strom aus Photovoltaikanlagen nach dem […] Erneuerbare-Energien-Gesetz-EEG". Die in dem Formblatt unter anderem gestellte Frage, ob der Standort und die Leistung der Photovoltaikanlage der Bundesnetzagentur gemeldet worden seien, bejahte der Beklagte. Weiter heißt es in dem Formblatt (unmittelbar über der Unterschrift des Beklagten): "Der Betreiber der Stromerzeugungsanlage versichert hiermit, dass die vorstehenden Angaben der Wahrheit entsprechen. […]. Sofern vorstehende Angaben des Betreibers der Stromerzeugungsanlage unzutreffend sein sollten, behält sich der Netzbetreiber eine verzinsliche Rückforderung gezahlter Einspeisevergütungen im entsprechenden Umfang vom Betreiber der Stromerzeugungsanlage vor."

In dem Zeitraum vom 7. Juni 2012 bis zum 5. November 2014 zahlte die Klägerin an den Beklagten eine Einspeisevergütung nach den Fördersätzen des EEG in Höhe von insgesamt 52.429,40 €. Im Herbst 2014 stellte die Klägerin fest, dass der Beklagte die vorbezeichnete Meldung der Anlage bei der Bundesnetzagentur nicht vorgenommen hatte. Am 6. November 2014 holte der Beklagte diese Meldung nach.

Aufgrund der bis dahin unterbliebenen Meldung korrigierte die Klägerin ihre Abrechnungen dahingehend, dass dem Beklagten für den Zeitraum vom 7. Juni 2012 bis zum 31. Juli 2014 gemäß dem für diesen Zeitraum anzuwendenden § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EEG 2012 nur ein Anspruch auf Vergütung des eingespeisten Stroms nach dem Marktwert und für den darauf folgenden Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 5. November 2014 nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EEG 2014 gar keine Vergütung zustehe. Sie forderte von dem Beklagten daraufhin gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012** und § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014 die Rückzahlung der um den – rechnerisch unstreitigen – Marktwert von 6.890,85 € (für den erstgenannten Zeitraum) verringerten Einspeisevergütung, mithin einen Betrag von 45.538,55 €.

Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten die Rückzahlung dieses Betrages nebst Zinsen. Das Landgericht Itzehoe hat mit Urteil vom 26. Oktober 2015, Az. 3 O 157/15 der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht Schleswig mit Urteil vom 21. Juni 2016, Az. 3 U 108/15  zurückgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Der BGH hat entschieden, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch des klagenden Netzbetreibers auf Rückzahlung der Einspeisevergütung nach § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012 und § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014 im vorliegenden Fall gegeben sind.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz macht den Anspruch der Betreiber neuer Photovoltaikanlagen auf (vollständige) Einspeisevergütung bereits seit 2009 davon abhängig, dass diese den Standort und die Leistung ihrer Anlage der Bundesnetzagentur melden. Einen Verstoß gegen die vorgenannte Pflicht sanktionierte der -  vorliegend für den Zeitraum bis zum 31. Juli 2014 anwendbare – § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EEG 2012 dadurch, dass sich der Vergütungsanspruch für die Dauer des Pflichtverstoßes auf die Höhe des tatsächlichen Monatsmittelwerts des energieträgerspezifischen Marktwerts verringerte. Durch den – vom 1. August 2014 bis zum 31. Dezember 2016 anwendbaren – § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des EEG 2014 verschärfte der Gesetzgeber die Sanktionierung für Meldeverstöße und bestimmte, dass sich der anzulegende Wert der finanziellen Förderung "auf null" verringerte, solange der Anlagenbetreiber die zur Registrierung erforderlichen Angaben für den Eintrag in das bei der Bundesnetzagentur betriebene Anlagenregister nicht übermittelte. Eine zeitnahe und umfassende Registrierung neuer Anlagen – und dementsprechend eine starke Sanktionierung versäumter Meldungen – hat der Gesetzgeber als erforderlich betrachtet, um das System des so genannten "atmenden Deckels" umzusetzen, nach dem die allmähliche Absenkung der Einspeisevergütung für Photovoltaikanlagen geordnet ist. Hiernach ziehen höhere Zubauzahlen bei den geförderten Anlagen grundsätzlich eine stärkere Absenkung der Einspeisevergütung nach sich.

Ein Netzbetreiber verhält sich mit seinem Rückforderungsbegehren gegenüber dem Anlagenbetreiber auch dann nicht – wie der Beklagte meint – treuwidrig, wenn er selbst nicht vom zuständigen Übertragungsnetzbetreiber auf entsprechende Rückzahlung in Anspruch genommen wird. Denn der Netzbetreiber muss die zurückgeforderten Vergütungen bei der folgenden Abrechnung mit dem Übertragungsnetzbetreiber zwingend als eigene Einnahmen berücksichtigen – unabhängig davon, ob der Übertragungsnetzbetreiber einen entsprechenden Anspruch gegen ihn geltend gemacht hat. Der Rückforderungsanspruch und die damit korrespondierende Rückforderungspflicht nach § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012 und § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG dienen nicht dem eigenen Interesse des Netzbetreibers, sondern vielmehr dem Interesse der Allgemeinheit, das System des EEG-Belastungsausgleichs nicht mit gesetzlich nicht vorgesehenen Vergütungen zu belasten und so die Kosten der Energiewende möglichst gering zu halten.

Ebenso wenig kann sich der Beklagte vorliegend darauf berufen, die Klägerin habe ihn über die gesetzlichen Meldepflichten nicht hinreichend aufgeklärt und er könne aufgrund dessen mit einem entsprechenden Schadensersatzanspruch aufrechnen. Abgesehen davon, dass dem Beklagten bei verständiger und objektiver Betrachtung des ihm übersandten Formblattes klar sein musste, dass (auch) eine Missachtung seiner Meldepflicht gegenüber der Bundesnetzagentur die Rückforderung der von der Klägerin an ihn gezahlten Einspeisevergütung zur Folge haben könnte, besteht eine diesbezügliche Aufklärungspflicht des Netzbetreibers grundsätzlich nicht. Der Anlagenbetreiber ist vielmehr selbst für die Erfüllung seiner Meldepflichten verantwortlich. Ihm obliegt es, sich über die geltende Rechtslage und die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Förderung nach dem EEG zu informieren.

Schließlich verstößt die für den Fall einer Nichterfüllung der Meldepflicht des Anlagenbetreibers vorgesehene Sanktionierung durch teilweisen oder vollständigen Wegfall der Einspeisevergütung auch nicht gegen den verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, steht dem Gesetzgeber – auch im Bereich des Energierechts – ein weiter Gestaltungsspielraum zu, auf welche Weise er ein als förderwürdig erachtetes Verhalten unterstützen will. Die Verringerung der Einspeisevergütung auf den Marktwert (EEG 2012) beziehungsweise "auf null" (EEG 2014) hat der Gesetzgeber ersichtlich im Bewusstsein der damit für die Anlagenbetreiber verbundenen Härten, aber auch im Hinblick darauf gewählt, dass eine Nichtmeldung oder eine nicht rechtzeitige Meldung von Anlagen in relevanter Anzahl beziehungsweise Größe zu hoch berechnete Fördersätze und damit eine dem Gesetz nicht entsprechende nachteilige Kostenwirkung für die Allgemeinheit zur Folge hat, so der BGH.

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