Ihr-Recht-Blog

27. November 2017

Zur Haftung bei Architektenwechsel

Der (Planungs-)Fehler eines nach Kündigung neu beauftragten Architekten lässt die Schadensersatzpflicht des "alten" Architekten nicht entfallen, wenn es sich um einen Folgefehler handelt, für den der Planungsfehler des "alten" Architekten kausal war. Das führt dazu, dass beide Architekten gegenüber dem Bauherrn haften.

Hierauf hatte das KG mit Urteil vom  01.07.2014, Az. 27 U 77/11 abgehoben, der BGH hat mit Beschluss vom 05.07.2017, Az. VII ZR 171/14 die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Der Senat hat allerdings auch darauf hingewiesen, auch wenn die Leistung des planenden oder bauüberwachenden Architekten Mängel aufweist, sein Honoraranspruch dadurch nicht untergeht, sondern grundsätzlich bestehen bleibt.

21. November 2017

VGH Hessen zur Ermittlung des Mehrverkehrs durch neues Wohngebiet

Der VGH Hessen hat sich mit Urteil vom 17.08.2017, Az. 4 C 2760/16 u. a. mit der Ermittlung des planbedingten Mehrverkehrs, der durch ein neues Wohngebiet erzeugt wird, befasst.

Demnach gehen die Senate des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in ihrer Rechtsprechung davon aus, dass je Wohneinheit etwa 1,5 Fahrzeuge vorhanden sind und dass jedes Fahrzeug ca. 2,5 Mal am Tag bewegt wird (Hessischer VGH, Beschluss vom 17. Januar 1995 – 4 N 3707/88 -, n.V.; Urteil vom 28. Mai 2001- 9 N 1626/96, und Beschluss vom 26. März 2004 – 3 N 2180/99). Unter Zugrundelegung dieses Ansatzes, dem andere Oberverwaltungsgerichte bis in die jüngste Zeit folgen (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 16. Mai 2017 – 15 N 15.1485; Beschluss vom 19. August 2016 – 9 NE 16.1512; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. April 2015 – 3 S 748/13; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. Januar 2015 – 2 R 94/14) ist täglich von 3,75 Fahrzeugbewegungen je Wohneinheit auszugehen. Ferner ist ein motorisierter Besucherverkehr sowie ein Güterverkehr von insgesamt 2 Fahrten pro Wohneinheit am Tag anzunehmen (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 16. Mai 2017 – 15 N 15.1485).

In dem seitens des VGH entschiedenen Sachverhalt ergab dies bei 28 geplanten Wohneinheiten eine planbedingte Zunahme des Kraftfahrzeugverkehrs von 105 Fahrzeugbewegungen täglich bezogen auf die je Wohneinheit vorhandenen Fahrzeuge sowie zu einem weiteren planbedingten Mehrverkehr für Besucherverkehr und Güterverkehr von 56 Fahrzeugbewegungen. Die Erhöhung des Kfz-Verkehrs von gesamt 161 Fahrzeugbewegungen täglich liegt damit allerdings deutlich unter der Schwelle von 200 Fahrzeugbewegungen pro Tag, bis zu der diese vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls lediglich eine geringfügige Beeinträchtigung des Interesses eines Straßenanliegers, von planbedingtem Mehrverkehr, insbesondere im Hinblick auf Verkehrslärmimmissionen, verschont zu bleiben, bewirkt (Hessischer VGH, Urteil vom 27. Juli 2017 – 4 C 1338/16 -; Urteil vom 13. März 2014 – 4 C 2148/11.N; Urteil vom 14. November 2013 – 4 C 2414/11.N; Urteil vom 23. März 2011 – 4 C 2708/09.N; Urteil vom 7. Juli 2009 – 3 C 1203/08.N).

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13. November 2017

BGH zur formularmäßigen Verlängerung der Verjährung von Ansprüchen des Vermieters

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 8. November 2017, Az. VIII ZR 13/17 entschieden, dass eine Regelung in einem Formularmietvertrag, durch die ein Vermieter die nach dem Gesetz vorgesehene sechsmonatige Verjährung seiner Ersatzansprüche nach Rückgabe der Mietsache verlängert, wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist.

Die im streitgegenständlichen Formularmietvertrag enthaltene Klausel erschwert den Eintritt der Verjährung der in § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB genannten Ansprüche des Vermieters gegenüber der gesetzlichen Regelung nach Ansicht des BGH in zweifacher Hinsicht. Zum einen wird die Frist, nach deren Ablauf diese Ansprüche verjähren, von sechs auf zwölf Monate verdoppelt. Zum anderen verändert die Klausel zusätzlich den Beginn des Fristlaufs, indem sie nicht auf den Zeitpunkt des Rückerhalts der Sache, sondern auf das (rechtliche) Mietvertragsende abstellt. Beide Regelungsinhalte sind mit wesentlichen Grundgedanken des § 548 BGB nicht zu vereinbaren und stellen bereits aus diesem Grund eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten dar. Dies führt zur Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Denn die in § 548 Abs. 1 BGB geregelte kurze Verjährung der Ansprüche des Vermieters ist durch berechtigte Interessen des Mieters im Rahmen der Abwicklung des Mietverhältnisses begründet. Der Mieter hat nach der Rückgabe der Mietsache an den Vermieter auf diese keinen Zugriff mehr und kann somit ab diesem Zeitpunkt regelmäßig auch keine beweissichernden Feststellungen mehr treffen. Demgegenüber wird der Vermieter durch die Rückgabe der Mietsache, an die das Gesetz den Verjährungsbeginn für dessen Ansprüche anknüpft, in die Lage versetzt, sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob ihm gegen den Mieter Ansprüche wegen Verschlechterung oder Veränderung der Mietsache zustehen und er diese durchsetzen oder gegebenenfalls innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist erforderliche verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen will. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Prüfung nicht regelmäßig in der vom Gesetz vorgesehen Verjährungsfrist von sechs Monaten vorgenommen werden könnte. Vor diesem Hintergrund war es – unter Berücksichtigung der Interessen sowohl des Mieters als auch des Vermieters – das ausdrücklich erklärte Ziel des Gesetzgebers, mit der kurzen Verjährungsregelung in § 548 BGB aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zeitnah zur Rückgabe der Mietsache eine "möglichst schnelle" Klärung über bestehende Ansprüche im Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache zu erreichen.

8. November 2017

OLG Düsseldorf zur Angemessenheit der Frist zur Mängelbeseitigung

Die Frist nach § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB muss so bemessen sein, dass der Schuldner in der Lage ist, den Mangel zu beseitigen. Angemessen ist die Frist, wenn während ihrer Dauer die Mängel unter größten Anstrengungen des Unternehmers beseitigt werden können. Maßgeblich sind hierbei sämtliche Umstände des Einzelfalls, die insgesamt für die Beurteilung der Angemessenheit nach diesem Bewertungskriterium von Bedeutung sind.

Grundsätzlich hat der Schuldner innerhalb der gesetzten Frist wenigstens die Leistungshandlung vorzunehmen. Entfaltet der Werkunternehmer entsprechende Bemühungen, um zu einer solchen den Leistungserfolg wirkenden Nacherfüllung schreiten zu können, bedarf es aber hierbei der Mitwirkung und Kooperation des Auftraggebers, so können bereits intensive Kontaktaufnahmeversuche des Werkunternehmers ausreichend sein; entzieht sich der Auftraggeber diesen, vereitelt er mithin Nachbesserungsversuche bzw. Nacherfüllungsbemühungen des Auftragnehmers.

Unzumutbarkeit i. S. des § 636 BGB liegt insbesondere dann vor, wenn aus der Sicht des Bestellers aufgrund objektiver Umstände das Vertrauen auf eine ordnungsgemäße Durchführung der Mangelbeseitigung nachhaltig erschüttert ist. Bei der erforderlichen Bewertung der Einzelumstände des Streitfalls ist immer das Ausnahme-Regelverhältnis zwischen der Notwendigkeit der Fristsetzung im Regelfall und der nur ausnahmsweise anzunehmenden Entbehrlichkeit wegen Unzumutbarkeit im Blick zu behalten. Der Besteller ist ohne ein vereinbartes Verbot des Subunternehmereinsatzes nicht ohne weiteres berechtigt, bei Kenntnis des Subunternehmereinsatzes durch den Werkunternehmer dessen Nacherfüllungsbemühungen wegen Unzumutbarkeit zu verweigern.

Hierauf hat das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 10.05.2016, Az. 21 U 180/15 hingewiesen und eine im entschiedenen Fall mit Telefaxschreiben vom 27.12.2011 zum 06.01.2012 gesetzte Frist u. a. zur Mängelbeseitigung u. a. an einer  Heizungsanlage als nicht ausreichend angesehen. Ein möglicher Einfluß von Feiertagen oder Urlaub spielte für den Senat hierbei keine Rolle. Wesentlich war vielmehr, daß es sich um eine ersichtlich – insbesondere was die Funktionalität der Heizungsanlage betrifft – komplexe Mängelproblematik gehandelt hatte. Dies folgte bereits daraus, dass der von der Klägerin beauftragte Sachverständige H…. allein für die an der Heizungsanlage vorzunehmenden Arbeiten 37 Stunden für den Installateur ermittelt hat, worin nicht einmal die für die Ursachenermittlung erforderlichen Stunden enthalten waren.
Bei der Bestimmung der angemessenen Frist war nach Ansicht des OLG des Weiteren dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Kommunikation mit der Klägerin zwecks Terminsabsprache schwierig war.  Diese hatte auf ihren Telefaxschreiben vermerkt, nicht per Fax erreichbar zu sein.

Mit dem Einwand der Unzumutbarkeit der Nachbesserung im Hinblick auf das angebliche Fehlschlagen vorangegangener Nachbesserungsversuche drang die Klägerin u. a. nicht durch, weil ihr es aufgrund des Verbotes widersprüchlichen Verhaltens verwehrt ist, sich auf Umstände zu berufen, die – angeblich – ihr Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Vertragspartners zur Nacherfüllung grundlegend erschüttert hätten, wenn sie trotz Kenntnis dieser Umstände dem Vertragspartner eine Frist zur Behebung der Mängel gesetzt hat. Mit einem solchen Verhalten hat der Besteller nämlich zu erkennen gegeben, dass sein Vertrauen in die Bereitschaft zur ordnungsgemäßen Nacherfüllung trotz des vorangegangenen Verhaltens weiterhin besteht (vgl. BGH, Urteil vom 12.3.2010, V ZR 147/09, NJW 2010, 1805, Rz 10; Voit, in Beck’scher online Kommentar, Stand Februar 2015, Rz17 zu § 636).

3. November 2017

BGH: Gewährleistung und Garantie

Zwei Ansprüche beruhen auf "demselben Grund" im Sinne von § 213 BGB, wenn sie aus demselben, durch das Anspruchsziel geprägten Lebenssachverhalt abgeleitet sind, der die Grundlage für das Entstehen der beiden Ansprüche darstellt; der Anspruchsgrund muss "im Kern" identisch sein. Hieran fehlt es im Verhältnis zwischen kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen einerseits und Ansprüchen aus einer daneben abgeschlossenen (Haltbarkeits-)Garantie andererseits.

Hierauf hat der BGH mit Urteil vom 27.09.2017 , Az. VIII ZR 99/16 hingewiesen und damit seine bisherige Rechtsprechung mit Senatsurteil vom 29.04.2015, Az. VIII ZR 180/14, BGHZ 205, 151 = IBRRS 2015, 1806 = IMRRS 2015, 1522 fortgeführt.

In dem seitens des BGH entschiedenen Sachverhalt begehrte der Kläger, ein Unternehmer begehrt von der beklagten Autohändlerin noch die Durchführung von Reparaturen an einem Gebrauchtwagen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.

Am 23. Januar 2013 verkaufte und übergab die Beklagte dem Kläger einen gebrauchten Pkw mit einer Laufleistung von rund 150.000 km zu einem Kaufpreis von 9.450 €. Am 24. Januar 2013 schlossen die Parteien für das Fahrzeug einen Garantievertrag mit einer Laufzeit von 12 Monaten ab, der die Beklagte im Falle eines Defekts bestimmter Bauteile innerhalb der Laufzeit zu einer Reparatur verpflichtete, wobei der Kläger als Selbstbehalt 40 % der Materialkosten zu tragen hatte. Von der Garantie waren unter anderem Schäden an der Kraftstoffanlage umfasst. Gemäß § 5 Nr. 2 der Garantiebedingungen verjähren Ansprüche aus einem Garantiefall sechs Monate nach Schadenseintritt, spätestens sechs Monate nach Ablauf der Garantiezeit. 

Am 22. Juli 2013 blieb der Pkw aufgrund eines Defekts an den Einspritzdüsen liegen. Nach einem Kostenvoranschlag der Beklagten belaufen sich die Kosten für eine Reparatur auf 1.698,72 € nebst Umsatzsteuer. Mit Anwaltsschreiben vom 8. August 2013 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung zur (kostenlosen) Reparatur auf. In der Folgezeit lehnte der Kläger eine Regulierung des Schadensfalls auf der Grundlage des abgeschlossenen Garantievertrags ausdrücklich ab und erklärte mit Schreiben vom 13. November 2013 den Rücktritt vom Kaufvertrag. 

Mit seiner am 22. Januar 2014 eingereichten und am 10. Februar 2014 zugestellten Klage hat der Kläger die Rückzahlung des um eine Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer verminderten Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges, Feststellung des Annahmeverzuges sowie Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten begehrt. Nachdem er zunächst ausgeführt hatte, es erübrige sich, auf die abgeschlossene Garantievereinbarung einzugehen, weil er allein gesetzliche Gewährleistungsansprüche geltend mache, hat er sich mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2014 auch auf Ansprüche aus dem Garantievertrag berufen und mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2014 hilfsweise die Zahlung von 1.698,72 € nebst Zinsen sowie schließlich mit Schriftsatz vom 21. Januar 2015 äußerst hilfsweise die Durchführung der im oben genannten Kostenvoranschlag bezeichneten Reparaturen begehrt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. 

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen(Landgericht Kaiserslautern, Urteil vom 31.07.2017, Az. 4 O 59/15). Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers, mit der er nur noch die Reparatur des Fahrzeugs sowie den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten begehrt hat, zurückgewiesen (OLG Zweibrücken, Urteil vom 29.04.2016, Az. 2 U 40/15). Die vom Berufungsgericht zugelassenen Revision blieb erfolglos.

Nach Ansicht des BGH ist die in § 5 Nr. 2 der Garantiebedingungen enthaltene Verkürzung der Verjährungsfrist auf sechs Monate wirksam vereinbart worden. Sie ist weder überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB noch benachteiligt sie den Garantienehmer unangemessen im Sinne von § 307 BGB, weil sie zu kurz bemessen wäre. Hiergegen wendet sich auch die Revision nicht.

Die mit dem Auftreten des Defekts an der Einspritzdüse am 22. Juli 2013 in Gang gesetzte sechsmonatige Verjährungsfrist ist spätestens am 13. Mai 2014 abgelaufen, nachdem die Verhandlungen über das Bestehen eines Garantieanspruchs gemäß den – von der Revision insoweit auch nicht angegriffenen – Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls nicht über den 13. November 2013 hinaus fortgeführt wurden. Die Erhebung der zunächst auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichteten Klage hat die Verjährung des zuletzt allein verfolgten Reparaturanspruchs aus der Garantie weder nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt noch zu einer Erstreckung der Verjährungshemmung nach § 213 BGB geführt. Ansprüche aus der Garantie waren somit bereits verjährt, als sie vom Kläger im Dezember 2014 erstmals im vorliegenden Prozess erhoben wurden.

Nach Ansicht des BGH ergibt sich aus § 213 BGB keine Erstreckung der verjährungshemmenden Wirkung der Klageerhebung auf den später geltend gemachten Reparaturanspruch. Weder steht dieser Anspruch aus demselben Grunde wahlweise neben einem etwaigen Rückabwicklungsanspruch aus dem Kaufvertrag (elektive Konkurrenz; § 213 Alt. 1 BGB) noch ist dieser Anspruch aus demselben Grunde an Stelle eines solchen Rückabwicklungsanspruchs gegeben (alternative Konkurrenz; § 213 Alt. 2 BGB). 

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