Ihr-Recht-Blog

20. Februar 2018

OLG Stuttgart zur Beweislast bezüglich der Beschaffenheit des Werkes

Welche Beschaffenheit das zu erbringende Werk haben soll, also den Inhalt der vertraglichen Vereinbarung, hat derjenige zu beweisen, der sich auf die vertragliche Vereinbarung beruft. Dies ist der Auftraggeber, der Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung verlangt, auch wenn vor der Abnahme grundsätzlich der Auftragnehmer die Mangelfreiheit der erbrachten Leistungen zu beweisen hat.

Hierauf hat das OLG Stuttgart mit Beschluss vom 09.01.2018, Az. 10 U 93/17 abgestellt.

Maßgeblich für die Frage, ob die von der Beklagten im entschiedenen Fall vorgenommene Ausführung der Fensterelemente sowie der Hebeschiebetüren mangelhaft im Sinne von § 13 Abs. 1 VOB/B sowie § 633 Abs. 2 BGB ist, ist das geschuldete Bausoll. Entscheidend ist daher, was die Parteien insoweit vertraglich vereinbart haben. Welche Beschaffenheit das zu erbringende Werk haben soll, also den Inhalt der vertraglichen Vereinbarung, hat derjenige zu beweisen, der sich auf die vertragliche Vereinbarung beruft.

Die Abnahme ist vorliegend entbehrlich, da das Vertragsverhältnis der Parteien unstreitig in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Die Beklagte hatte sich in ihrer Berufungsbegründung darauf berufen, dass zwischen den Parteien ein Abrechnungsverhältnis zustande gekommen sei. Die Klägerin hatte sich dies in ihrer Berufungserwiderung (Anmerkung des Verfassers: evtl. taktisch unklug) zu eigen gemacht und sich darauf berufen, dass sie konkludent zum Ausdruck gebracht habe, unter keinen Umständen mehr mit der Beklagten zusammenzuarbeiten.

15. Februar 2018

OLG Celle zum Verzicht auf die Einrede der Verjährung

Rügt der Auftraggeber kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist Mängel und verzichtet der Auftragnehmer auf die Erhebung der Einrede der Verjährung, ohne diesen Verzicht zeitlich zu begrenzen, verjähren etwaige Mängelansprüche des Auftraggebers in 30 Jahren. Hierauf hat das OLG Celle mit Urteil vom 15.06.2017, Az. 6 U 2/17 hingewiesen. Der BGH hat mit Beschluss vom 25.10.2017, Az. VII ZR 145/17  die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

8. Februar 2018

BGH zur Verpflichtung des WEG-Verwalters zur Anmeldung von Hausgeldansprüchen im Zwangsversteigerungsverfahren

Wird von Dritten die Zwangsversteigerung in das Sondereigentum eines Wohnungseigentümers betrieben, ist der Verwalter grundsätzlich verpflichtet, die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten Hausgeldansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft in dem Zwangsversteigerungsverfahren anzumelden. Hierauf hat der BGH mit Urteil vom 08.12.2017, Az. V ZR 82/17  hingewiesen und die entgegenstehende Entscheidung der Vorinstanz (LG Dresden, Urteil vom 08.02.2017, Az. 2 S 265/16) aufgehoben. Anderenfalls macht er sich gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft schadensersatzpflichtig.

Obwohl § 27 Abs. 1 WEG hierzu keine ausdrückliche Regelung treffe, entspreche es einhelliger Ansicht, dass der Verwalter die Anmeldung herbeizuführen habe, so der BGH. Abgeleitet wird eine dahingehende Pflicht – soweit diese Frage überhaupt erörtert wird – aus § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG, wonach der Verwalter unter anderem berechtigt und verpflichtet ist, Lasten- und Kostenbeiträge anzufordern. Dies erfasse auch die Verpflichtung, für eine Anmeldung bevorrechtigter Hausgeldansprüche zu sorgen, wenn von Dritten die Zwangsversteigerung in das Wohnungseigentum des Schuldners betrieben werde; die erforderliche Vertretungsmacht im Außenverhältnis werde dem Verwalter in § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 WEG eingeräumt (eingehend Jacoby, ZWE 2015, 297, 300; ebenso Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 27 Rn. 42; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 27 Rn. 39; Then in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 10 ZVG Rn. 9).

Dass die Anmeldung als Anforderung der Kostenbeiträge im Sinne von § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG anzusehen und von dem Verwalter als Vertreter des Verbands gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 WEG ohne weiteres vorzunehmen ist, lässt sich damit begründen, dass sie die Durchsetzung der Kostenbeiträge mit geringem Aufwand ermöglicht und einen endgültigen Forderungsausfall abwenden kann. Die Anmeldung bevorrechtigter Ansprüche ist in § 45 Abs. 3 ZVG bewusst einfach ausgestaltet worden, um der Wohnungseigentümergemeinschaft die Rechtsverfolgung zu erleichtern (vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 46 f.). Eines Titels bedarf es nicht zwingend. Die Ansprüche können auch durch die Niederschrift der Beschlüsse der Wohnungseigentümer einschließlich ihrer Anlagen oder in sonst geeigneter Weise glaubhaft gemacht werden; nur müssen sich aus dem Vorbringen die Zahlungspflicht, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit ergeben (vgl. § 45 Abs. 3 ZVG). Mit wirtschaftlichen Risiken ist die Anmeldung nicht verbunden. Weder fallen Gebühren an noch müssen Vorschüsse geleistet werden. Weil die bevorrechtigten Ansprüche den Rechten der nachfolgenden Rangklassen – insbesondere denjenigen von Kreditgebern und Vormerkungsberechtigten (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 9. Mai 2014 – V ZB 123/13, BGHZ 201, 157 ff.) – vorgehen, wird der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Regel eine effektive Rechtsdurchsetzung ermöglicht.

Der BGH weist weiter darauf hin, daß  der Verwalter dagegen auf die Einleitung eines Zwangsversteigerungsverfahrens (§ 15 ZVG) oder einen Beitritt (§ 27 ZVG) bezogene Anträge schon wegen der entstehenden Gerichtsgebühren (vgl. Nr. 2210 ff. KVGKG) und ggf. anfallenden Sachverständigenkosten – vorbehaltlich einer vertraglichen Abrede – nicht eigenmächtig stellen dürfe.

1. Februar 2018

BGH zum Rückforderungsanspruch des Jobcenters gegen den Vermieter

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Jobcenter, welcher im Rahmen von Sozialleistungen Mietzahlungen gemäß § 22 Abs. 7 SGB II unmittelbar an einen Vermieter überweist, im Fall versehentlich über das Ende des Mietverhältnisses hinaus gezahlter Mieten einen diesbezüglichen Rückforderungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Vermieter geltend machen kann, wenn letzterer bereits bei Erhalt der Zahlung wusste, dass ihm dieser Betrag wegen der Beendigung des Mietvertrags nicht zusteht (BGH, Urteil vom 31. Januar 2018, Az. VIII ZR 39/17).

Zwar haben die Vermieter bei objektiver Betrachtung die hier streitgegenständliche Zahlung von 860 € nicht durch eine Leistung des klagenden Jobcenters, sondern vielmehr durch eine Leistung ihrer (ehemaligen) Mieter enthalten, denen gegenüber der Jobcenter wiederum in seiner Eigenschaft als Sozialleistungsträger im Rahmen des bestehenden Bedarfs für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II Sozialleistungen zu erbringen hatte. Insoweit hatten die Mieter mit ihrem Antrag nach § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II dem Kläger lediglich die Anweisung erteilt, die ihnen zustehenden Unterstützungsleistungen direkt an die Vermieter zu zahlen.

Dennoch erfolgt die Rückabwicklung der für August 2014 zu Unrecht gezahlten 860 € vorliegend ausnahmsweise nicht im Rahmen der insoweit bestehenden Leistungsbeziehungen gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB (also zwischen den beklagten Vermietern und den Mietern einerseits und den Mietern und dem klagendem Jobcenter andererseits), sondern steht dem Jobcenter ein direkter Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (Nichtleistungskondiktion) gegen die Vermieter zu. Denn die Mieter hatten ihren Antrag nach § 22 Abs. 7 Satz SGB II bereits vor Ausführung der streitgegenständlichen Zahlung gegenüber dem Kläger (konkludent durch Vorlage des neuen Mietvertrags) widerrufen. Vor allem aber wussten die Vermieter in dem entschiedenen Fall aufgrund der Beendigung des Mietverhältnisses bereits bei Erhalt des Geldes, dass ihnen der für den Monat August 2014 überwiesene Betrag von 860 € nicht zustand und es damit an einer Leistung der Mieter als ihrem (ehemaligen) Vertragspartner fehlte. Diesen Betrag haben die Vermieter vielmehr in sonstiger Weise auf Kosten des Jobcenters ohne rechtlichen Grund erlangt (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB), so der BGH.

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