Ihr-Recht-Blog

1. Februar 2023

KG Berlin zum vorbestraften Architekten

Das KG hat sich mit Urteil vom 13.01.2023, Az. 21 U 50/22 mit den Voraussetzungen auseinandergesetzt, unter denen ein Architekt oder Ingenieur bei Verhandlungen über den Abschluss eines Architektenvertrags die einschlägige Vorstrafe einer Person ungefragt offenbaren muss, die mit maßgeblichem Einfluss an der Vertragserfüllung mitwirken soll.

Nach Ansicht des KG ist in Verhandlungen über den Abschluss eines Architektenvertrags die frühere Verurteilung des Architekten zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe wegen Bestechlichkeit jedenfalls dann eine einschlägige Vorstrafe, wenn Leistungen der Leistungsphasen 7 und 8 gemäß HOAI Gegenstand des Architektenvertrags sein sollen.

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt verpflichtete sich die X GmbH unter anderem zur Mitwirkung bei der Abwehr von Nachtragsangeboten, zur Mitwirkung bei der Prüfung der Rechnungen der ausführenden Bauunternehmen und zur Vorbereitung der Abnahme.

Angesichts dieser Aufgabenstellung ist nach Ansicht des KG die Vorstrafe von dem bei der X GmbH beschäftigten Herrn G, die seine Bestechlichkeit bei der Rechnungs- bzw. Nachtragsprüfung zugunsten eines von ihm zu überwachenden Bauunternehmens betrifft, für die streitgegenständlichen Verträge unmittelbar einschlägig.

Die Aufklärungspflicht der X-GmbH hinsichtlich der Vorstrafe des Herrn G entfällt nicht deshalb, weil sie gemäß § 53 Abs. 1 BZRG nicht mehr zu offenbaren gewesen wäre (vgl. oben bb) (4)). Die Voraussetzungen dieser Regelung sind nicht erfüllt. Insbesondere war die Verurteilung weiter gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1, 34 Abs. 1 Nr. 3 BZRG in ein Führungszeugnis aufzunehmen; Herr G verbüßte im Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen noch die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe im offenen Vollzug.

Von daher konnte die Auftraggeberin den Vertrag anfechten, nachdem sie von der Vorstrafe des Herrn G. erfuhr. Herr G war zwar nicht selbst Vertragspartei, aber er hatte – auch und gerade aus Sicht der Auftraggeberin – maßgeblichen Einfluss auf die Erfüllung des Vertrags durch die Klägerin. Er hatte die Verträge unstreitig auf Seiten der Klägerin ausgehandelt und war auf deren Seite für ihre Durchführung hauptverantwortlich. Dies hat die Auftraggeberin so vorgetragen, die X-GmbH hat demgegenüber ausdrücklich eingeräumt, dass Herr G die „Abwicklung“ der Verträge „koordiniert“ habe. Außerdem ist er in den Überwachungsverträgen der X GmbH ausdrücklich als Projektverantwortlicher genannt. Schließlich ist er Alleingesellschafter der X GmbH und kann als solcher bzw. über die alleinige Geschäftsführerin, seine Mutter, Einfluss auf die Geschäftstätigkeit nehmen.

14. November 2022

EuGH zu den Mindestsätzen der HOAI

Die Mindestsätze der HOAI 1996/2002 verstoßen nicht gegen Europarecht! Entsprechend hat sich der EuGH mit Urteil vom 27.10.2022 – Rs. C-544/21 positioniert.

Der EuGH hierzu:

Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ist nicht auf einen Fall anwendbar, in dem ein Vertrag vor dem Inkrafttreten dieser Richtlinie geschlossen wurde und dieser Vertrag vor dem Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie alle seine Wirkungen erschöpft hat.

Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie endete am 28.12.2009. Soweit in den genannten Fällen der Architektenvertrag vor diesem Zeitpunkt geschlossen wurde, bleibt die Regelung über die Mindestsätze der HOAI 1996/2002 weiterhin anwendbar.

20. Juni 2022

OLG Frankfurt zur Aufklärungspflicht des Architekten über Denkmalschutz

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 25.04.2022, Az. 29 U 185/20 darauf hingewiesen, dass ein mit der Grundlagenermittlung und der Entwurfsplanung beauftragter Architekt seinen Auftraggeber über ein etwaiges denkmalschutzrechtliches Genehmigungserfordernis aufzuklären hat.

Eine Verletzung dieser Aufklärungspflicht verpflichtet den Architekten mangels besonderer Abreden allerdings nicht zum Ersatz reiner Vermögensschäden, die aus dem Verlust steuerlicher Vergünstigungen resultieren. Denn es müsste sich hierfür bei dem von den Bestellern geltend gemachten Steuerschaden in Form einer von ihnen behaupteten entgangenen steuerlichen Absetzungsmöglichkeit nach § 7h EStG nicht nur um einen Schaden handeln, der kausal auf die Pflichtverletzung des Architekten zurückzuführen ist, sondern auf dessen Verhinderung der Schutzzweck der architektenvertraglichen Pflicht zur Information über das denkmalschutzrechtliche Genehmigungserfordernis (zumindest auch) zielt.

Denn im Vertragsrecht ist insbesondere bei Verletzung von Beratungs- und Hinweispflichten anerkannt, dass der Verstoß gegen eine Rechtspflicht nur dann zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn dessen Eintritt diese Pflicht gerade verhindern soll (BGH, Urt. v. 3.12.1991 – XI ZR 300/90, NJW 1992, 555, 556; Urt. v. 18.1. 2007 – IX ZR 122/04, NJW-RR 2007, 742, 743; Oetker, in: MünchKomm-BGB, 8. Aufl. 2019, § 249 Rdn. 123 m.w.N.). Ob dies der Fall ist, richtet sich vornehmlich nach dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung (§§ 133, 157 BGB). An einem solchen Schutzzweckzusammenhang fehlt es hier jedoch. Nach § 3 Ziff. 2 des Vertrages hatte der Architekt alle zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung und zur Herbeiführung des werkvertraglich geschuldeten Leistungserfolgs erforderlichen Leistungen und Tätigkeiten, auch wenn sie in der Leistungsbeschreibung nicht ausdrücklich aufgeführt sind, zu erbringen. Die Arbeit des Architekten zielt bei – wie vorliegend – vertraglichem Bezug auf die Leistungsphasen der HOAI auf die Bewirkung der Entstehung des Bauvorhabens in Form zahlreicher Einzelerfolge (vgl. Koeble, a. a. O., Rn. 702 f.). Im Zuge dessen übernimmt der Architekt durchaus auch vermögensbezogene Pflichten und muss wirtschaftliche Interessen des Bestellers berücksichtigen (BGH, Urt. v. 7.7.1988 – VII ZR 72/87 -; OLG München, Urt. v. 30.1.2001 – 13 U 4744/00). So treffen ihn im Rahmen der Grundlagenermittlung Aufklärungs- und Beratungspflichten, die auch wirtschaftliche Fragen betreffen (Koeble, a.a.O. Rn. 769). Dazu gehört insbesondere auch, dass er den wirtschaftlichen Rahmen für das Bauvorhaben absteckt, um den Besteller über die zu erwartenden Kosten des Bauvorhabens zu informieren, damit dieser die Entscheidung über die Durchführung des Bauvorhabens auf einer geeigneten Grundlage treffen kann (BGH, Urt. v. 11.11.2004 – VII ZR 128/03, NZBau 2005, 158, 159). Eine allgemeine Verpflichtung des Architekten, in jeder Hinsicht die Vermögensinteressen des Bestellers wahrzunehmen, besteht jedoch nicht (BGH, Urt. v. 7.7.1988 – VII ZR 72/87 -). Die Verpflichtung des Architekten, bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung des Bauvorhabens dessen (denkmalschutzrechtliche) Genehmigungsbedürftigkeit zu ermitteln, betrifft nicht diese wirtschaftlichen Fragen des Bauvorhabens, sondern dient dazu, bereits in einem frühen Stadium zu ermitteln, ob das Vorhaben überhaupt realisierbar ist, welche öffentlich-rechtlichen Vorgaben für dessen Realisierung gelten und ob ggf. entsprechende Antragstellungen erforderlich sind. Sie zielt – jedenfalls ohne weitere Vereinbarung oder besondere Umstände – nicht darauf, dem Besteller die Möglichkeit steuerlicher Vergünstigungen zu erschließen. Solche Vergünstigungen sind vielmehr allein Reflex einer Genehmigung, so das OLG.

21. Januar 2020

OLG Stuttgart zur Abnahmereife des Architektenwerks

Hat der Architekt auch die Leistungen, die in der Leistungsphase 9 beschrieben sind, vertraglich übernommen, ist das Architektenwerk erst dann abnahmereif, wenn auch diese Leistungen erbracht sind. 

Wurde der Architektenvertrag vor dem 01.01.2018 geschlossen, kann der Architekt eine Teilabnahme nach Abschluss der Leistungsphase 8 nur aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung verlangen. Ohne die Vereinbarung einer Teilabnahme kann in der vorbehaltlosen Bezahlung der Honorarschlussrechnung keine (schlüssige) Abnahme der insgesamt zu erbringenden Architektenleistung gesehen werden.

Die Möglichkeit der Vereinbarung einer Teilabnahme "spätestens nach Abschluss der Ausführung des Bauobjekts" in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Architekten benachteiligt den Auftraggeber nicht unangemessen und ist zulässig (Anschluss an BGH, IBR 2001, 679).

Der BGH hat nunmehr mit Beschluss vom 06.11.2019, Az. VII ZR 9/19 die gegen das entsprechende Urteil des OLG Stuttgart vom 11.12.2018, Az. 12 U 91/18 erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Das OLG Stuttgart hatte hierzu ausgeführt: Hat der Architekt auch die Leistungen, die in der Leistungsphase 9 beschrieben sind, vertraglich übernommen, so ist das Architektenwerk insgesamt erst vollendet, wenn auch diese Leistungen erbracht sind (vgl. BGH, Urteil vom 10.02.1994, VII ZR 20/93).

Eine Teilabnahme nach Abschluss der Leistungsphase 8 kann der Architekt nur aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung verlangen. Hat sich der Bauherr nicht von sich aus zur Teilabnahme bereit erklärt, muss sein Wille zur Vorwegabnahme wegen der gravierenden Folgen der Abnahme klar zum Ausdruck kommen. Er darf nicht unterstellt werden und ist auch nicht zu vermuten, sondern vom Architekten, wenn er sich darauf beruft, zu beweisen (BGH, a.a.O., Rn. 26 m.w.N.). Bei einer erst teilweise ausgeführten Leistung kommt eine Abnahme durch schlüssiges Verhalten indessen regelmäßig nicht in Betracht (BGH, a.a.O., Rn. 27 m.w.N.). Ist eine Teilabnahme nicht vereinbart, kann in der vorzeitigen Bezahlung keine konkludente Abnahme der insgesamt zu erbringenden Leistung durch den Auftraggeber gesehen werden (BGH, Urteil vom 10.10.2013, VII ZR 19/12, NJW 2014, 206 Rn. 29 m.w.N.).

In allen aufgeführten Urteilen des Bundesgerichtshofs war eine Teilabnahme nicht vereinbart worden. Es ist deswegen höchstrichterlich entschieden, dass die Annahme einer konkludenten Teilabnahme durch Bezahlung einer Schlussrechnung dann ausscheidet, wenn eine Teilabnahme nicht vereinbart ist. Wegen der schwerwiegenden Folgen einer Abnahme setzt eine Teilabnahme grundsätzlich eine vertragliche Vereinbarung voraus, in der der Wille des Bauherrn zur Vorwegabnahme klar zum Ausdruck kommt (BGH, Urteil vom 10.10.2013 – VII ZR 19/12, NJW 2014, 206, dort Rn. 29).

Andererseits wird die Möglichkeit der Vereinbarung einer Teilabnahme sogar in allgemeinen Geschäftsbedingungen als zulässig angesehen (BGH, a.a.O., Rn. 29 und BGH, Urteil vom 05.04.2001, VII ZR 161/00; Baurecht 2001, 1928).

25. Juni 2019

Zur Umsetzung der Wünsche des Bauherrn durch den Architekten

Der Architekt hat die Entscheidungen des Bauherrn umzusetzen und darf hiervon nicht eigenmächtig abweichen. Anderenfalls ist seine Leistung mangelhaft.
Es gehört zu den Aufgaben des Architekten, die Bauwünsche seines Auftraggebers zu ermitteln und die Möglichkeiten für die Realisierung aufzuzeigen. Baurechtlich nicht genehmigungsfähige Varianten muss der Architekt aber nicht vorschlagen.

Der BGH hat nunmehr mit Beschluss vom 19.12.2018, Az. VII ZR 187/16  die Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein entsprechendes Urteil des OLG Jena vom 30.06.2016, Az. 1 U 964/08 zurückgewiesen.

12. Februar 2019

OLG Brandenburg zum Abschluss eines Architektenvertrages

Übergibt ein Architekten von ihm erstellte Pläne dem Bauherrn, ohne dass ihm der Bauherr zuvor einen entsprechenden Auftrag erteilt hat, liegt darin üblicherweise das Angebot auf Abschluss eines Architektenvertrags. Durch die Verwertung der Pläne gibt der Auftraggeber regelmäßig zu erkennen, dass diese seinem Willen entsprechen und er das Angebot des Architekten annimmt.

Hierauf hat das OLG Brandenburg mit Urteil vom 06.12.2018, Az. 12 U 24/17 hingewiesen.

Allerdings wies das OLG Brandenburg die Honorarklage des Architekten gleichwohl ab. Insoweit handelte es sich jedoch, worauf das OLG ausdrücklich hinwies, um einen speziellen Einzelfall, in dem einem Architekten trotz Verwertung der Planung aufgrund der Anzahl der Beteiligten, ihrer teilweise bestehenden Verflechtungen untereinander sowie der Vorgeschichte der Beplanung der Grundstücke ausnahmsweise kein Anspruch auf Honorar zustand.

13. Dezember 2018

OLG Zweibrücken zur Bindung des Architekten an seine Schlussrechnung sowie zum Beginn der Verjährung der Gewährleistungsansprüche

Ein Architekt hat Anspruch auf das Mindesthonorar nach HOAI. Er ist an eine erteilte Schlussrechnung, in der er sein Honorar unvollständig berechnet hat, grundsätzlich nicht gebunden.  Der Architekt kann ausnahmsweise daran gehindert sein, seine in einer Schlussrechnung nicht berechnete (weitere) Forderung durchzusetzen, wenn der Auftraggeber auf eine abschließende Berechnung des Honorars vertrauen durfte und sich im berechtigten Vertrauen auf deren Endgültigkeit in schutzwürdiger Weise so eingerichtet hat, dass ihm eine Nachforderung nicht mehr zugemutet werden kann. Der BGH hat  mit nunmehr mitgeteiltem Beschluss vom 05.06.2018, Az. VII ZR 228/16  die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das entsprechende Urteil des OLG Zweibrücken vom 02.09.2016, Az. 2 U 29/15 zurückgewiesen.

Das OLG Zweibrücken hatte bei dem ihm vorliegende Sachverhalt eine illoyal verspätete Geltendmachung eines weitergehenden Honoraranspruchs des Architekten bejaht und Verwirkung angenommen. Das Zeitmoment war aus Sicht des Senates  unproblematisch anzunehmen. Die erste Schlussrechnung hatte der Architekt  zeitnah nach Beendigung des Projekts erteilt. Zwischen dieser Erteilung und der ersten Nachberechnung vom 31. Oktober 2005 liegen knapp 10 Jahre; weitere Nachberechnungen mit deutlich höheren Forderungen erfolgten nach über 17 Jahren; die letzten – nochmals deutlich höheren Honorarschlussrechnungen sind mehr als 20 Jahre später
erteilt worden.

Auch das Umstandsmoment ist aus Sicht des OLG im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände erfüllt. Die Auftraggeberin durfte davon ausgehen, dass der Architekt in der Schlussrechnung vom 15.Januar 1996 das ihm nach der HOAI zustehende Honorar für seine Tätigkeit abschließend
berechnet hatte und jedenfalls keine darüber hinausgehenden Honoraransprüche mehr geltend machen wird. Bereits in seinem Begleitschreiben zu dieser Schlussrechnung hat der Architekt ausgeführt, er könne jetzt die Honorarschlussrechnung für das Bauvorhaben erstellen, nachdem ihm
sämtliche Handwerkerrechnungen vorlägen. Einen Vorbehalt hat er nicht erklärt; aus Sicht der Auftraggeberin war das dahin zu verstehen, dass der Architekt für seine Leistungen den in der übermittelten Schlussrechnung ausgewiesenen Betrag beanspruchte. Mit Nachforderungen musste sie nicht rechnen.

Nachdem die Auftraggeberin die Schlussrechnung erhalten und unter Vorhalt des vereinbarten niedrigeren Pauschalhonorars Einwendungen gegen die Höhe des berechneten Honorars erhoben hat, hat der Architekt ihr gegenüber zunächst selbst und alsdann durch seinen Rechtsanwalt erklären lassen, er habe in der abschließenden Honorarrechnung vom 15. Januar 1996 das ihm nach den gesetzlichen Vorschriften – nämlich der HOAI – zustehende Honorar berechnet, er müsse zwingend nach der HOAI abrechnen und dürfe nicht weniger verlangen, das Honorar sei deshalb auch nicht verhandelbar.
Es hätte in der damaligen Situation nahegelegen, zur Verteidigung der von der Auftraggeberin als überhöht beanstandeten Honorarforderung darauf hinzuweisen, dass für die erbrachten Leistungen nach der HOAI sogar ein deutlich höheres Honorar verlangt werden könne (müsse) und der Architekt zu Gunsten der Auftraggeberin bei den der Berechnung zu Grunde zu legenden anrechenbaren Kosten des Objekts einzelne Gewerke außer acht gelassen und das Objekt lediglich in Honorarzone III eingeordnet habe. Die zur Rechtfertigung des berechneten Honorars abgegebenen Erklärungen konnte die mit dem Regelungswerk der Architektenvergütung nicht vertraute Auftraggeberin nur dahin verstehen, dass der Architekt das ihm nach der HOAI zustehende Honorar vollständig berechnet hat. Von einer unvollständigen und damit nach den Erklärungen des Architekten und seines Rechtsanwalts unzulässigen, pflichtwidrigen Abrechnung konnte sie nicht ausgehen, so das OLG.

Soweit sich der beklagte Architekt hinsichtlich von ihm zu vertretender Mängel auf Verjährung berufen hatte, wies das OLG Zweibrücken darauf hin, dass die Verjährung beginnt grundsätzlich mit der Abnahme des Werks und eine Abnahme der Leistungen des Architekten- unstreitig – nicht erfolgt sei.
Von einer Abnahmeverpflichtung der Auftraggeberin wegen Abnahmereife des vertragsgemäß hergestellten Werks (§ 640 Abs. 1 BGB a.F.) vor dem 24. Dezember 1999 (fünf Jahre vor Klageeinreichung) kann nach dem Sach- und Streitstand nicht ausgegangen werden. Die Abnahme des Architektenwerks fällt nicht mit der Abnahme des Bauwerks zusammen. Ist ein Architekt – wie hier – auch zur Erbringung der Leistungsphase 9 (hier nach § 15 Abs. 2 Nr. 9 HOAI 1991) verpflichtet, also zur Überwachung der Mängelbeseitigung durch die bauausführenden Unternehmer innerhalb der Gewährleistungsfristen und zur Dokumentation des Gesamtergebnisses, so ist das Architektenwerk erst dann abnahmereif hergestellt, wenn auch diese Leistungen erbracht sind. Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche aus einem Vollarchitekturvertrag beginnt daher frühestens mit Ablauf der in der Regel ebenfalls fünf Jahre betragenden Gewährleistungsfristen gegenüber den am Bau beteiligten Unternehmern (BGH Urteile vom 10. Oktober 2013 – VII ZR 19/12 Rz. 29 und vom 10. Februar 1994 – VII ZR 20/93).

18. Juli 2017

OLG Köln zum Widerruf eines Architektenvertrages durch Verbraucher

Ein Architektenvertrag ist kein "Vertrag über den Bau von Gebäuden oder erhebliche Umbaumaßnahmen"  im Sinne des § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB.  Ein zwischen einem privatem Bauherrn und einem Architekten außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Architektenvertrag kann daher vom Bauherrn innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden, so das OLG Köln mit Beschluss vom 23.03.2017, Az. 16 U 153/16.

13. Juli 2017

BGH zur Wirksamkeit eines Architektenvertrages bei Verstoß gegen Vergaberecht

Etwaige Vergaberechtsverstöße haben auf die Wirksamkeit eines Architektenvertrags keinen Einfluss. Etwas anderes gilt, wenn der Bürgermeister sich in kollusivem Zusammenwirken mit dem Architekten bewusst über die Beschlüsse des Gemeinderats und das Vergaberecht hinweggesetzt hat.

Entsprechendes hat der BGH mit Urteil vom 01.06.2017, Az. VII ZR 49/16 ausgeführt und damit das Urteil des OLG Stuttgart vom 09.02.2016, Az. 10 U 137/15, welches von der Unwirksamkeit des Architektenvertrages ausging, aufgehoben.

In dem seitens des BGH entschiedenen Sachverhalt führte die Klägerin, eine bayerische Marktgemeinde, ein VOF-Verfahren für ein Bauvorhaben in der Gemeinde durch. Im Rahmen des VOF-Verfahrens bewarb sich das Architekturbüro "gk G. + K. Freie Architekten", deren Gesellschafter G. und K. auch die Gesellschaftergeschäftsführer der Beklagten ("gk G. + K. Generalplaner GmbH") sind. Der Gemeinderat der Klägerin beschloss am 13. Dezember 2011, den Auftrag "dem gk G. und K." zu erteilen. Dagegen unterzeichnete der mittlerweile verstorbene erste Bürgermeister der Klägerin nach vorangegangenen Gesprächen und Telefonaten, deren Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, am 28. März 2012 einen von der Beklagten übersandten Entwurf des Architektenvertrags, in dem die beklagte GmbH als Auftragnehmerin ausgewiesen ist.

Die Beklagte unterzeichnete den Vertrag anschließend ebenfalls und sandte ihn der Klägerin zurück. Später gerieten die Parteien in Streit darüber, welche Architektenleistungen erbracht worden sind und ob die Klägerin zu beachtende Kostenvorstellungen mitgeteilt hatte. Am 30. Juli 2013 beschloss der Gemeinderat, den Architektenvertrag nicht zu genehmigen. Die klagende bayerische Marktgemeinde fordert von der beklagten GmbH die Rückzahlung eines Architektenhonorars wegen ungerechtfertigter Bereicherung.

Nachdem der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Erlass des angefochtenen Urteils entschieden hatte, dass die organschaftliche Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters einer bayerischen Gemeinde nach Art. 38 Abs. 1 BayGO im Außenverhältnis allumfassend und unbeschränkt ist und infolgedessen die Gemeinde auch durch solche Rechtshandlungen des ersten Bürgermeisters berechtigt und verpflichtet wird, die dieser ohne die erforderliche Beschlussfassung des Gemeinderats vorgenommen hat (Urteil vom 18. November 2016 – V ZR 266/14, WM 2017, 256 Rn. 12, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen), schloß sich dem der VII. Zivilsenat im vorliegenden Fall an.

Der Senat führt weiter aus, daß etwaige Verstöße gegen das Vergaberecht haben auf die Wirksamkeit des Architektenvertrags keinen Einfluss haben. Dass der Bürgermeister sich in kollusivem Zusammenwirken mit der Beklagten bewusst über die Beschlüsse des Gemeinderats und das Vergaberecht hinweggesetzt hätte, hat die Klägerin selbst nicht behauptet, so der BGH.

19. Oktober 2016

BGH: Verjährungsregelung in AGB des Architektenvertrages

Eine Vertragsbestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Architekten oder Ingenieurs, wonach "die Verjährung nach Ingebrauchnahme des Gesamtobjekts beginnt", benachteiligt den Auftraggeber unangemessen und ist unwirksam.  Eine Klausel, wonach "die Verjährung mit der Abnahme der letzten nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistung beginnt, ausgenommen ist hier ausdrücklich die LP 9 (Objektbetreuung und Dokumentation)" enthält auch keine Vereinbarung einer Teilabnahme der bis zur Leistungsphase 8 erbrachten Leistungen.

Hierauf hat der BGH mit Urteil vom 08.09.2016, Az. VII ZR 168/15 hingewiesen.

Mit der Vertragsbestimmung, wonach die Verjährung nach Ingebrauchnahme des Gesamtobjekts beginne, wird die Verjährung von Mängelansprüchen, darunter solchen gemäß § 634 Nr. 4 BGB, gegen den mit Leistungen gemäß den Leistungsphasen 1 bis 9 des § 73 HOAI a.F. Beauftragten  durch Vorverlegung des Verjährungsbeginns auf den Zeitpunkt der Abnahme des Gesamtobjekts gegenüber der gesetzlichen Regelung erleichtert. Die Verjährung der in § 634 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 4 BGB bezeichneten Ansprüche beginnt in dem hier einschlägigen Fall des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich mit der Abnahme, § 634a Abs. 2 BGB. Wird ein Ingenieur mit Leistungen gemäß § 73 HOAI a.F. einschließlich solchen der Leistungsphase 9 beauftragt, hat er seine Leistungen vertragsgemäß erst erbracht, wenn auch die Leistungen gemäß Leistungsphase 9 erfüllt sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – VII ZR 19/12, BauR 2014, 127 Rn. 29 = NZBau 2014, 47, bezüglich eines Ingenieurs, der mit Leistungen gemäß § 55 HOAI a.F. einschließlich Leistungsphase 9 beauftragt ist). Bei Beauftragung mit Leistungen einschließlich Leistungsphase 9 des § 73 HOAI a.F. kann daher eine Abnahme grundsätzlich erst angenommen werden, wenn auch die dieser Leistungsphase entsprechenden Leistungen erbracht sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – VII ZR 19/12, aaO).

Bei einer erst teilweise ausgeführten Leistung kommt eine Abnahme durch konkludentes Verhalten regelmäßig nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 10. Februar 1994 – VII ZR 20/93, BGHZ 125, 111, 115 f.). Ob eine konkludente Abnahme vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich nach den Umständen des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – VII ZR 171/15, ZIP 2016, 1634 Rn. 52, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; Urteil vom 20. Februar 2014 – VII ZR 26/12, BauR 2014, 1023 Rn. 15). Die insoweit vom Tatrichter vorzunehmende Auslegung ist im Revisionsverfahren nur eingeschränkt dahingehend überprüfbar, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – VII ZR 171/15, aaO).

In diesem Rahmen beachtliche Rechtsfehler des Berufungsgerichts liegen nach Ansicht des BGH unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Vertragsbestimmung "Die Verjährung beginnt mit der Abnahme der letzten nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistung, ausgenommen ist hier ausdrücklich die LP 9 (Objektbetreuung und Dokumentation)" keine Vereinbarung einer Teilabnahme der bis zur Leistungsphase 8 erbrachten Leistungen enthält, nicht vor. Diese Bestimmung legt vielmehr den Beginn der Verjährungsfrist für den Fall einer Abnahme der bis zur Leistungsphase 8 zu erbringenden Leistungen fest (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – VII ZR 19/12, aaO Rn. 29; Urteil vom 27. Januar 2011 – VII ZR 186/09, BGHZ 188, 128 Rn. 55; Urteil vom 11. Mai 2006 – VII ZR 300/04, BauR 2006, 1332, 1333 = NZBau 2006, 519, je zu vergleichbaren Klauseln).

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