Der AGH Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 25.02.2022, Az. 1 AGH 8/21 entschieden, dass die Befugnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung widerrufen werden kann, wenn der Fortbildungsnachweis nicht geführt wird. Ist die Teilnahme an einem Online-Seminar möglich gewesen, kann der Ausfall von Präsenzveranstaltungen im jeweiligen Fachgebiet aufgrund der Corona-Pandemie die Säumnis nicht entschuldigen.
Ob Anwältinnen und Anwälte ihrer Fortbildungspflicht genügt haben, steht erst nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres fest. Ist ein Jahr ohne Fortbildung verstrichen, können sie sich in diesem Jahr nicht mehr fortbilden. Die Nachholung versäumter Fortbildungsstunden im Folgejahr ist nicht möglich.
Der AGH hat weiterdarauf hingewiesen, dass eine einmalige Verletzung der Fortbildungspflicht den Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung zwar nicht zwingend rechtfertige. Dafür spricht bereits der Wortlaut des § 43 c Abs. 4 S. 2 BRAO („kann“). Zudem wäre ein Verständnis der Regelung in § 43 c Abs. 4 S. 2 BRAO, bei § 15 FAO handle es sich um eine „MussRegelung“, mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar und würde dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widersprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 02.04.2001, a.a.O., 1945; BGH, Beschluss vom 06.11.2000, a.a.O., 1572; BGH, Urteil vom 26.11.2012 – AnwZ (Brfg) 56/11, NJW 2013, 175, Rn. 12; BGH, Urteil vom 8.4.2013 – a.a.O., Rn. 10).
Bei der Ausübung des der Rechtsanwaltskammer danach zustehenden Ermessens sind daher sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, so etwa eine wegen einer Erkrankung des Rechtsanwalts unverschuldete Versäumung der Fortbildung (vgl. BGH, Beschluss vom 02.04.2001, a.a.O.). Fehlende Kenntnisse zur Handhabung eines Online-Seminars gelten nicht als Entschuldigungsgrund, so der AGH.