Ihr-Recht-Blog

5. April 2023

OLG Koblenz zur Gewährleistung ohne Wartungsvertrag

Das OLG Koblenz hat mit – noch nicht rechtskräftigem – Urteil vom 09.03.2023, Az. 2 U 63/22 entschieden, dass in einem Werkvertrag mit einem Verbraucher eine Klausel unwirksam ist, die die Gewährleistungsverpflichtung des Unternehmers davon abhängig macht, dass die Durchführung der Wartung entsprechend der Herstellervorschriften nachgewiesen wird.

Kläger ist ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKIaG eingetragener Verein, der sich für Verbraucherschutz im Bauwesen einsetzt. Das OLG Koblenz sieht den Verbraucher durch diese Klausel als unangemessen benachteiligt im Sinne § 307 BGB an.

26. Januar 2021

BGH zur Unterscheidung des Thermofensters von Daimler Benz zu der seitens VW eingesetzten Motorsteuerungssoftware

Der BGH hat sich mit Beschluss vom 19.01.2021, Az. VI ZR 433/19 erstmals zur Thematik des sogenannten "Thermofensters" geäußert und überdies eine Abgrenzung zu der seitens VW im Zusammenhang mit dem VW-Motor EA189 eingesetzten Motorsteuerungssoftware vorgenommen.

Der BGH hat darauf hingewiesen, dass die Entwicklung und der Einsatz der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) für sich genommen nicht ausreichen, um einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) zu begründen. Das Verhalten der für den beklagten Kraftfahrzeughersteller handelnden Personen ist nicht bereits deshalb als sittenwidrig zu qualifizieren, weil sie den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung mit einem solchen Thermofenster ausgestattet und in den Verkehr gebracht haben. Dies gilt auch dann, wenn das Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung 715/2007/EG zu qualifizieren sein sollte und die Beklagte mit der Entwicklung und dem Einsatz dieser Steuerung eine Kostensenkung und die Erzielung von Gewinn erstrebte. Der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit ist vielmehr nur dann gegeben, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen.

Der Einsatz eines sogenannten Thermofensters ist, so der BGH, nicht mit der Fallkonstellation zu vergleichen, die dem Senatsurteil vom 25. Mai 2020 (VI ZR 252/19, ZIP 2020, 1179 zum VW-Motor EA189) zugrunde liegt. Dort hatte der Automobilhersteller die grundlegende strategische Frage, mit welchen Maßnahmen er auf die Einführung der – im Verhältnis zu dem zuvor geltenden Recht strengeren – Stickoxidgrenzwerte der Euro 5-Norm reagieren würde, im eigenen Kosten- und Gewinninteresse dahingehend entschieden, von der Einhaltung dieser Grenzwerte im realen Fahrbetrieb vollständig abzusehen und dem KBA stattdessen zwecks Erlangung der Typgenehmigung mittels einer eigens zu diesem Zweck entwickelten Motorsteuerungssoftware wahrheitswidrig vorzuspiegeln, dass die von ihm hergestellten Dieselfahrzeuge die neu festgelegten Grenzwerte einhalten. Bei dem Einsatz eines Thermofensters wie im vorliegenden Fall fehlt es dagegen an einem derartigen arglistigen Vorgehen des beklagten Automobilherstellers, das die Qualifikation seines Verhaltens als objektiv sittenwidrig rechtfertigen würde. Nach den getroffenen Feststellungen unterscheidet die im streitgegenständlichen Fahrzeug eingesetzte temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung nicht danach, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet. Sie weist keine Funktion auf, die bei erkanntem Prüfstandsbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert und den Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, sondern arbeitet in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise.

Bei dieser Sachlage wäre der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gegenüber des beklagten Herstellers nur gerechtfertigt, wenn zu einem Verstoß gegen die Verordnung 715/2007/EG weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für ihn handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. Die Annahme von Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen.

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