Ihr-Recht-Blog

25. November 2020

OVG Nordrhein-Westfalen zur Löschung eines Architekten aus der Architektenliste

Ein Architekt ist aus der Architektenliste zu löschen, wenn nach der Eintragung Tatsachen eintreten oder bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass er die für die Wahrnehmung der Berufsaufgaben erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn ein Architekt überschuldet ist und über kein tragfähiges Sanierungskonzept verfügt, das den Schluss auf einen baldigen Schuldenabbau rechtfertigt. Ein erfolgsversprechendes Sanierungskonzept liegt etwa dann vor, wenn ein verbindlicher und von den Gläubigern akzeptierter Tilgungsplan existiert, dem konkrete Ratenzahlungen und insbesondere das Ende der Rückführung der gesamten Rückstände zu entnehmen sind, der Architekt vereinbarten Ratenzahlungen nachkommt und währenddessen keine Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn eingeleitet werden können.

Hierauf hat das OVG Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 30.06.2020, Az. 4 B 673/19 hingewiesen und die Beschwerde eines Architektengegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 10.05.2019 zurückgewiesen. Dieser hatte sich gegen einen Löschungsbeschluss wegen Überschuldung gewandt und beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner gegen den Beschluss erhobenen Klage im Wege des Eilverfahrens wiederherzustellen.

Mit der Löschung aus der Architektenliste verliert der Architekt das Recht, die Berufungsbezeichnung "Architekt" weiterhin zu führen. Gleichzeitig verliert er seine Bauvorlageberechtigung. Die hierin liegenden erheblichen Beeinträchtigungen, die es dem Betroffenen natürlich zu dem erschweren, seine Finanzen wieder zu ordnen, stellen nach herrschender Rechtsprechung auch unter Verhältnismäßigkeitgesichtspunkten keinen Hinderungsgrund für eine Löschung dar. Hier wird seitens der Rechtsprechung auch darauf verwiesen, dass der Betroffene ja durchaus seinen Beruf grundsätzlich weiter ausüben könne, eben aber nicht mehr unter Bezeichnung Architekt und nicht mehr mit Bauvorlageberechtigung.

11. Juli 2019

EuGH: Kein Erstattungsanspruch von Pauschalreisenden gegen Fluggesellschaft

Der EuGH hat am 10.07.2019 in der Rechtssache C-163/18 entschieden, dass Pauschalreisende bei einem annullierten Flug nur vom Reiseveranstalter Erstattung fordern können und ihnen kein Anspruch gegen die Fluggesellschaft zusteht.

In dem seitens des EuGH beurteilten Sachverhalt hatten die aus den Niederlanden stammenden Kläger bei einem Anbieter eine Pauschalreise nach Korfu gebucht und bezahlt. Der Flug wurde mangels Nachfrage wenige Tage vor Reisebeginn annulliert. Der Reiseveranstalter fiel kurz darauf in Insolvenz und zahlte den Kunden ihr Geld nicht zurück. Die verklagten daraufhin die Fluggesellschaft auf Erstattung.

Die in den EU-Richtlinien über Pauschalreisen und andererseits den Rechten aus der EU-Verordnung über die Fluggastrechte vorgesehenen Rechte auf Erstattung sind nach Ansicht des EuGH nicht kumulierbar, da ansonsten Fluggesellschaften für einen Teil der Verantwortung herangezogen würden, die dem Reiseveranstalter obliege.

Allerdings  müsse laut Richtlinie über Pauschalreisen ein Veranstalter nachweisen, dass auch im Fall einer Insolvenz die Erstattung gezahlter Beiträge gesichert sei. Die EU-Staaten müssen ihrerseits sicherstellen, dass Reiseanbieter sich für den Fall einer Insolvenz entsprechend absichern.  Wird diese Absicherung staatlicherseits nicht durchgesetzt, könnten geprellte Reisende den Staat auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, so der EuGH.

27. November 2014

BGH: Reisebüro und Insolenzsicherungsnachweis bei EU-Reiseveranstaltern!

Reisebüros müssen die Insolvenzsicherung für Reiseveranstalter aus der EU nachweisen. Der für das Reiserecht zuständige X. Zivilsenat hat mit Urteil vom 25.11.2014, Az. X ZR 105/13 entsprechend  über die Pflicht eines Reisevermittlers zum Nachweis einer für den Insolvenzfall des Reiseveranstalters geltenden Kundengeldabsicherung entschieden, wenn der Reiseveranstalter seinen Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union hat.

In dem seitens des BGH entschiedenen Fall buchten die Kläger  im Oktober 2011 über die Beklagte, die als Internet-Reisebüro tätig ist, bei einem niederländischen Reiseveranstalter eine viertägige Flusskreuzfahrt. Nach Erhalt der Rechnung und Reisebestätigung zahlten die Kläger den auf sie entfallenden Reisepreis an die Beklagte. Den Klägern wurde ein als Sicherungsschein bezeichnetes Dokument eines niederländischen Kundengeldabsicherers in Kopie vorgelegt. Weiterhin hatte sich die Beklagte bei dem Reiseveranstalter über das Bestehen einer Kundengeldabsicherung erkundigt. Wegen finanzieller Schwierigkeiten des niederländischen Reiseveranstalters fand die Kreuzfahrt nicht statt. Der Reiseveranstalter, der später Insolvenz anmeldete, zahlte den Reisepreis nicht zurück. Der niederländische Kundengeldabsicherer lehnte eine Erstattung des Reisepreises mit der Begründung ab, dass seine Haftung auf die auf dem niederländischen Markt angebotenen und abgeschlossenen Reisen beschränkt sei, wozu die Reise der Kläger nicht zähle.

Das Amtsgericht hat der auf Rückzahlung des Reisepreises gerichteten Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hätte sich die Beklagte vor Forderung oder Annahme des Reisepreises vergewissern müssen, dass den Klägern eine zweifelsfrei bestehende Absicherung des von ihnen gezahlten Reisepreises positiv nachgewiesen ist. Das Wissen um die Existenz eines Sicherungsscheins ersetze nicht die Prüfung seiner räumlich uneingeschränkten Geltung.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des beklagten Reisebüros gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen.

Gemäß § 651k Abs. 4 i. V. m Abs. 5 Satz 2 BGB habe ein Reisevermittler wie die Beklagte auch hinsichtlich eines im EU-Ausland ansässigen Reiseveranstalter das Bestehen einer für den Insolvenzfall greifenden Kundengeldabsicherung nachzuweisen, bevor er den Reisepreis entgegennehme, so der BGH. Der Reisevermittler müsse in diesem Fall zwar keinen Sicherungsschein vorlegen, wie er von inländischen Reiseveranstaltern gefordert wird. Gleichwohl habe sich der Nachweis für einen im EU-Ausland ansässigen Reiseveranstalter auf die konkreten Reisenden und die von ihnen gebuchten Reise zu beziehen. Die Wiedergabe einer dahingehenden Erklärung des Reiseveranstalters reiche dafür nicht aus. Diese Anforderungen hat die Beklagte im Streitfall nicht erfüllt.

7. August 2014

Suhrkamp-Streit: Etappensieg für Barlach vor BGH!

Über das Vermögen der Suhrkamp Verlag GmbH & Co. KG, die einen deutschen Literaturverlag betreibt, wurde am 6. August 2013 auf ihren Antrag das Insolvenzverfahren eröffnet. An der Suhrkamp Verlag GmbH & Co. KG sind als Kommanditisten die Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung mit 61 v.H. und die Medienholding AG Winterthur (nachfolgend Medienholding), deren Gesellschafter und Geschäftsführer Ernst Barlach ist, mit 39 v.H. beteiligt. Nicht wenige Beobachter sehen in dem Insolvenzantrag einen Versuch, den unbequemen Mitgesellschafter mit Hilfe des Insolvenzrechts zu entmachten.

Die Suhrkamp Verlag GmbH & Co. KG legte einen Insolvenzplan vor, der ihre Umwandlung in eine Aktiengesellschaft unter gleichbleibender Beteiligung ihrer bisherigen Gesellschafter vorsieht. Diesen Insolvenzplan hat das Insolvenzgericht bestätigt. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde der Medienholding hat das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 21./24. Februar 2014 als unzulässig zurückgewiesen, weil die Medienholding vor der Bestätigung des Insolvenzplans keinen Minderheitenschutzantrag nach § 251 InsO gestellt hatte. Zusätzlich hat es die Beschwerde durch weiteren Beschluss vom 14. April 2014 aus Gründen der Vorrangigkeit des Vollzugs des Insolvenzplans zurückgewiesen (§ 253 Abs. 4 InsO). Auf die Rechtsbeschwerde der Medienholding hat der Bundesgerichtshof beide Entscheidungen durch Beschluss vom 17. Juli 2014 aufgehoben und die Sache an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.

Nach Ansicht des BGH hat eine Beschwerde gegen die Bestätigung eines Insolvenzplans nur den besonderen Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 InsO zu genügen. Danach muss der Beschwerdeführer dem Insolvenzplan spätestens im Abstimmungstermin widersprochen (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 InsO) und gegen den Plan gestimmt haben (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 InsO) sowie glaubhaft machen (§ 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO), dass er durch den Insolvenzplan schlechter gestellt wird, als er ohne ihn stünde. Das Gesetz verlange dagegen nicht, dass bereits vor der Planbestätigung ein Minderheitenschutzantrag nach § 251 InsO bei dem Insolvenzgericht gestellt wurde.

Der Beschluss vom 14. April 2014 war allein deshalb aufzuheben, weil das Landgericht seine Entscheidung vom 21./24. Februar 2014 nicht nachträglich abändern durfte, so der BGH. Das Landgericht hat nunmehr umfassend über die Zulässigkeit und Begründetheit der sofortigen Beschwerde der Medienholding zu befinden.

11. November 2011

BAG: Verlust der Abfindung bei Insolvenz des Arbeitgebers!

Filed under: Arbeitsrecht — Schlagwörter: , , , , , , — ihrrecht @ 11:17

Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einem Aufhebungsvertrag, dem Mitarbeiter für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung zu zahlen, kann der Arbeitnehmer grundsätzlich von diesem gegenseitigen Vertrag nach § 323 Abs. 1 BGB zurücktreten, wenn der Arbeitgeber die Abfindung nicht zahlt. Der Rücktritt ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Abfindungsanspruch aufgrund von Insolvenz des Arbeitgebers nicht mehr durchsetzbar ist. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 10.11.2011,  Az.  6 AZR 357/10 entschieden.

Im Ausgangsfall war eine in einem Aufhebungsvertrag vereinbarte Abfindung mit Zahlung des Gehalts für Dezember 2008 fällig. Am 05.12.2008 beantragte der Arbeitgeber die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Das Insolvenzgericht bestellte mit Beschluss vom 08.12.2008 einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete zugleich an, dass Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens nur noch mit dessen Zustimmung wirksam sind. Nach mehrfacher erfolgloser Anmahnung der Abfindung erklärte der Mitarbeiter am 19.01.2009 schriftlich seinen Rücktritt vom Aufhebungsvertrag. Im April 2009 wurde der Betrieb sodann von Dritten übernommen.

Das BAG hat darauf hingewiesen, daß der Abfindungsanspruch nicht durchsetzbar ist. Der Arbeitgeber dürfe die Abfindungssumme aufgrund der Anordnung des Insolvenzgerichts nicht ohne  die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters auszahlen. Darüber hinaus stünde der Durchsetzbarkeit des Abfindungsanspruchs die "dolo-petit-Einrede" entgegen. Der Mitarbeiter fordere mit der Abfindung eine Leistung, die er alsbald nach § 143 Abs. 1 InsO wegen Anfechtbarkeit der Abfindungszahlung zur Insolvenzmasse zurückgewähren müsse. Gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO sei u.a. eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung gewährt habe, wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden sei und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung den Eröffnungsantrag kannte. Diese Voraussetzungen hätten bei einer Zahlung der Abfindung mit der Vergütung für Dezember 2008 vorgelegen, so das BAG.

Darüber hinaus, so das BAG, endete mangels wirksamen Rücktritts das Arbeitsverhältnis im Dezember 2008 und konnte nicht im April 2009 durch Betriebsübergang auf die Übernehmer übergehen. Letztendlich hatte der Mitarbeiter somit auch keinen Weiterbeschäftigungsanspruch.

24. August 2010

Aktuell: Änderung des Insolvenzrechts: Bundesregierung rudert zurück!

Filed under: Insolvenzrecht, Steuerrecht — Schlagwörter: , , , , , , — ihrrecht @ 14:12

Offensichtlich im Hinblick auf die Reaktionen auf die geplanten Änderungen im Insolvenzrecht haben sich die Staatssekretäre Birgit Grundmann (Justiz) und Werner Gatzer (Finanzen) sich nach übereinstimmenden Angaben aus dem Ministerien darauf verständigt, auf die Vorrangstellung des Staates zulasten anderer Insolvenzgläubiger zu verzichten. Damit hat Bundesminister Schäuble auf das ursprünglich von seinem Ministerium gewollte Fiskusprivileg verzichtet.

Allerdings sollen die erwünschten Mehreinnahmen in Höhe von € 500.000.000,00, die so im Sparpaket vorgesehen sind, nun an anderer Stelle realisiert werden.

In der Diskussion sind nunmehr u. a. die Umsatzsteuerbefreiung aus vom Insolvenzverwalter laufend getätigten Geschäften.

23. August 2010

Aktuell: Änderung des Insolvenzrechts geplant! Vorrang für staatliche Gläubiger?

Filed under: Insolvenzrecht — Schlagwörter: , , , , , , — ihrrecht @ 09:03

Nach Planungen des Bundesfinanzministeriums und des Bundesarbeitsministeriums soll im sogenannten Haushaltsbegleitgesetz festgeschrieben werden, dass sich die Sozialversicherungsträger, die Bundesagentur für Arbeit (BA) und die Finanzämter künftig vorrangig, d. h. vor allen anderen Gläubigern am verbliebenen Vermögen von insolventen Firmen bedienen können.

Faktisch könnte dies eine Rückkehr zum bis 1999 abgeschafften Konkursrecht bedeuten. Eine Sanierung war dort praktisch nicht vorgesehen: Ging ein Unternehmen in Konkurs, wurde es auseinandergesetzt und abgewickelt – mit dem Staat als vorrangigem Gläubiger . Erst mit der neuen Insolvenzordnung (InsO) wurde dieses Privileg abgeschafft und der Schwerpunkt auf den Erhalt der angeschlagenen Firmen und damit u. a. der Arbeitsplätze gelegt. Ferner hatten damit auch die übrigen Gläubiger, wie z. B. Lieferanten oder Handwerker, eher Chancen, ihre Außenstände zumindest teilweise befriedigt zu erhalten.

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