Ihr-Recht-Blog

7. März 2023

OLG München zur Bauhandwerkersicherheit bei Nachträgen

Der Auftragnehmer eines Bauvertrags kann vom Auftraggeber die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit verlangen, welche auch streitige Zusatzaufträge/Nachträge umfasst, wenn die Auftragserteilung und die Höhe des Vergütungsanspruch einschließlich Nachträgen vom Auftragnehmer schlüssig dargelegt wird.

Für ein schlüssiges Vorbringen nach § 650 f BGB genügt neben der schlüssigen Darlegung eines Vergütungsanspruchs die pauschale, durchaus auch vorbeugende Behauptung, dass das Vorliegen von Mängeln streitig ist und jedenfalls keine unstreitigen und bei der Berechnung des zu sichernden Vergütungsanspruchs zu berücksichtigenden Mängel vorliegen.

Entsprechend wurde dies aktuell vom OLG München mit Beschluss vom 04.02.2022, Az. 9 U 5469/21 Bau entschieden.

Die Anforderung einer Bauhandwerkersicherheit ist nicht treuwidrig bzw. rechtsmissbräuchlich, wenn nicht zugleich der Werklohn klageweise geltend gemacht wird. Es steht dem Auftragnehmer frei, ob er den Werklohn gleichzeitig mit der Sicherheit oder gesondert oder überhaupt nicht einklagt, so das OLG weiter.

2. März 2023

OLG Düsseldorf zum Wohnungserwerb mit Renovierungsverpflichtung

Ein Wohnungserwerb mit Renovierungsverpflichtung ist kein Bauträgervertrag, so das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 29.11.2022, Az. 24 U 49/21.

Nur wenn sich der Veräußerer einer Immobilie zu Bauleistungen verpflichtet, die insgesamt nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten vergleichbar sind, haftet er nicht nur für die ausgeführten Umbauarbeiten, sondern auch für die in diesem Bereich vorhandene Altbausubstanz nach den Gewährleistungsregeln des Werkvertragsrechts, so das OLG Düsseldorf im Anschluss an BGH, IBR 2007, 429; OLG München, IBR 2022, 575

Bei einer Renovierungsverpflichtung oder bei einer sonstigen Umbauverpflichtung, die nicht den Umfang eines Bauvertrags erfüllt, ist § 650u BGB demzufolge nicht anwendbar; auf derartige Verträge ist vielmehr neben dem Kaufrecht das Werkvertragsrecht anzuwenden: Das gilt etwa, wenn sich die baulichen Verpflichtungen nach Art und Umfang in Maßnahmen erschöpfen, die einer (aufwändigen) Renovierung – im Gegensatz zu einer „Kernsanierung“ – entsprechen, so das OLG weiter.

3. Januar 2023

BGH zur Gesamtschuldnerschaft zwischen bauleitendem Architekten und Bauunternehmer

Der BGH hat mit aktuellem Urteil vom 01.12.2022, Az. VII ZR 90/22 darauf hingewiesen, dass ein Gesamtschuldnerausgleichsanspruch des Architekten gegen den bauausführenden Unternehmer mangels Gesamtschuldverhältnisses nicht besteht, wenn dem Besteller einerseits ein Schadensersatzanspruch nach § 634 Nr. 4 BGB gegen den Architekten wegen Verletzung der vertraglich vereinbarten Objektbegehungspflicht zusteht und ihm andererseits Mängelansprüche gegen den bauausführenden Unternehmer wegen diesem zuzurechnender Mängel des Bauwerks zustehen.

Voraussetzung einer gesamtschuldnerischen Haftung ist, so der BGH, dass zwischen den Haftenden aufgrund der Gleichstufigkeit der Verpflichtungen eine Tilgungsgemeinschaft besteht. Sie fehlt, wenn der Leistungszweck der einen gegenüber der anderen Verpflichtung nachrangig ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 429/19 Rn. 18, NJW 2021, 550; BAG, Urteil vom 13. Juli 2021 – 3 AZR 298/20, NZA 2022, 193, Rn. 22; jeweils m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen eines Gesamtschuldverhältnisses nicht erfüllt. Soweit der Bauherrin einerseits gegen den Architekten ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der vertraglichen Objektbegehungspflicht zusteht und ihr andererseits Mängelansprüche gegen den Bauunternehmer wegen diesem zuzurechnender Mängel des Bauwerks zustehen, fehlt es mangels Gleichstufigkeit der Verpflichtungen an einer Tilgungsgemeinschaft.

29. Dezember 2022

OLG Düsseldorf zur Anmeldung von Bedenken durch den Unternehmer

Auch das OLG Düsseldorf hat sich mit einer aktuellen Entscheidung vom 02.12.2022, Az. 22 U 113/22 noch einmal mit der ordnungsgemäßen Anmeldung von Bedenken durch den Unternehmer auseinandergesetzt (siehe insoweit auch die hier unter dem 15.12.2022 besprochene Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 13.05.2022)

Demnach ist ein Bedenkenhinweis nicht deshalb entbehrlich, weil die Besteller ein professionelles Bauunternehmen ist oder es bei anderen Bauvorhaben in der Vergangenheit zu ähnlichen Mangelsymptomen gekommen ist. Auch gegenüber professionellen Bestellern besteht eine Bedenkenhinweispflicht. Ein zur Haftungsbefreiung führender Bedenkenhinweis – der bei BGB-Verträgen nicht zwingend in Schriftform zu erteilen ist – setzt voraus, dass der Besteller ausreichend gewarnt wird. Die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Vorgaben müssen konkret dargelegt werden, damit dem Besteller die Tragweite der Nichtbefolgung klar wird. Allgemeine und vage Hinweise genügen nicht.

Auch wenn ein Vertreter des Bestellers für die Entgegennahme von Bedenkenanzeigen bevollmächtigt ist, geht die Bedenkenanzeige nicht dem Besteller zu, wenn der Vertreter für den Mangel verantwortlich ist oder sich den Bedenken verschließt.

Das OLG hat noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Werk auch dann mangelhaft ist, wenn die Ursachen des Mangels in der Sphäre des Auftraggebers – etwa einer fehlerhaften Planung – begründet sind. Der Unternehmer ist aber von der Haftung für Mängel befreit, wenn er seine Bedenkenhinweispflicht erfüllt hat.

21. Dezember 2022

OLG Braunschweig zur Verjährungsfrist bei Bauüberwachungsfehlern

Das OLG Braunschweig hat sich mit Beschluss vom 01.04.2022, Az. 8 U 96/20 mit der Verjährungsfrist bei Bauüberwachungsfehlern auseinandergesetzt und auf die immer wiederkehrende Problematik der Verjährungshemmung durch ein selbständiges Beweisverfahren hingewiesen.

Mängelansprüche des Auftraggebers wegen Bauüberwachungsfehlern des Architekten unterliegen demnach grundsätzlich der fünfjährigen Verjährungsfrist. Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn der Verjährung ist der Zeitpunkt der Abnahme der Architektenleistung.

Einer (Teil-)Abnahme der bis Leistungsphase 8 erbrachten Leistungen steht nicht entgegen, dass auch die Leistungsphase 8 beauftragt worden ist.

Leitet der Architekt ein selbständiges Beweisverfahren ein, um die Mangelfreiheit seiner Leistung aufklären zu lassen und Mängelansprüche des Auftraggebers abzuwehren, wird dadurch die Verjährung der Mängelansprüche des Auftraggebers nicht gehemmt.

15. Dezember 2022

OLG Düsseldorf zum Bedenkenhinweis

Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 13.05.2022, Az. 22 U 140/21 darauf hingewiesen, dass der Bedenkenhinweis des Unternehmers an den Besteller selbst gerichtet werden muss. Zwar kann im Einzelfall auch ein Mitarbeiter oder ein Bauleiter des Bestellers für einen Bedenkenhinweis empfangsbevollmächtigt sein. Wenn dieser sich jedoch dem Bedenkenhinweis verschließt, müssen die Bedenken an den Besteller selbst gerichtet werden, so das OLG.

Der Bedenkenhinweis muss dabei inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dem Besteller müssen die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Werkausführung konkret dargelegt werden.

Der Unternehmer haftet selbst dann für einen Mangel, wenn dieser auf die vom Besteller erstellte Leistungsbeschreibung oder auf eine Anordnung des Bestellers zurückzuführen ist. Etwas anders gilt nur dann, wenn der Unternehmer ordnungsgemäß Bedenken angemeldet hat.

23. August 2022

OLG Stuttgart zur Prüfung einer Mängelrüge

Die Prüfung einer Mängelrüge ist kein Anerkenntnis! Hierauf hat das OLG Stuttgart mit Beschluss vom 10.12.2021, Az. 13 U 357/20 hingewiesen.

Zwar beginnt die Verjährungsfrist für Mängelansprüche neu zu laufen, wenn der Auftragnehmer seine Verpflichtung zur Nachbesserung anerkennt. Erklärt der Auftragnehmer auf eine Mängelrüge des Auftraggebers hin, er werde sich nach Erhalt der Unterlagen „um die Angelegenheit kümmern“, wird dadurch die eigene Einstandspflicht nicht bereits anerkannt.

Gleiches gilt für die Mitteilung des Auftragnehmers, den Vorgang seiner Haftpflichtversicherung gemeldet zu haben, so das OLG.

4. August 2022

BGH zur Prüfung des fiktiven Schadens

Wird der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gem. § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten („fiktiven“) Mängelbeseitigungskosten bemessen, hat das Gericht eine Schadensermittlung nach den Grundsätzen des § 287 Abs. 1 ZPO vorzunehmen und insoweit zu prüfen, in welcher Höhe ein Schaden überwiegend wahrscheinlich ist; das gilt auch und gerade dann, wenn in einem Sachverständigengutachten eine Schätzungsbandbreite (hier: +/- 30%) genannt wird.

Hierauf hat der BGH mit Urteil vom 11.03.2022, Az. V ZR 35/21 hingewiesen.

In dem der Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Verfahren hat der BGH die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die Schadensermittlung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut vornehmen kann. Dabei, so der BGH, ist zu beachten, dass im Rahmen des sog. kleinen Schadensersatzes der Betrag verlangt werden kann, der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung zur Beseitigung der Mängel erforderlich ist (vgl. Senat, Urteil vom 7. Mai 2004 – V ZR 77/03, NJW 2004, 2526, 2527), und dass dieser auch im Bereich der oberen Schätzungsbandbreite (+ 30%) liegen kann.

12. April 2022

OLG München: Keine Gewährleitungsansprüche vor der Abnahme!

Voraussetzung für den Übergang vom Herstellungsanspruch zu Gewährleistungsansprüchen ist die Abnahme der Bauleistung. Vor der Abnahme können grundsätzlich keine Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden, so das OLG München mit Urteil vom 22.03.2022, Az. 28 U 3194/21 Bau.

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann zwar die Herstellungsansprüche der Erwerber an sich ziehen, sie ist aber nicht befugt, die Abnahme der Werkleistung zu erklären, so das OLG weiter.

Erklärt der Prozessbevollmächtigte des Auftraggebers in der mündlichen Verhandlung die Abnahme, ohne eine Vollmachtsurkunde vorzulegen, und wird die Abnahmeerklärung vom Prozessbevollmächtigten des Auftragnehmers aus diesem Grund unverzüglich zurückgewiesen, ist keine wirksame Abnahme erfolgt.

Haben die Parteien eines Bauvertrags die Möglichkeit von Teilabnahmen nicht vereinbart, ist der Auftraggeber nicht berechtigt, das Werk gegen den Willen des Auftragnehmers in Teilen abzunehmen.

9. März 2022

OLG Düsseldorf: Barzahlung und Schwarzarbeit

Ein gewichtiges Indiz für eine Schwarzgeldabrede sind ohne Quittung erfolgte Barzahlungen, folgert das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 14.01.2021, Az. 5 U 18/20. Die Schwarzgeldabrede führt zur Nichtigkeit des geschlossenen Bauvertrags und u. a. dazu, dass der Auftraggeber geleistete Abschlagszahlungen nicht zurückfordern und keine Gewährleistungsansprüche geltend machen kann.

Dabei ist ein Verstoß gegen die Vorschriften des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes wie jeder Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot iSd § 134 BGB von Amts wegen zu berücksichtigen, so das OLG weiter. Die Berufung einer Partei hierauf bedarf es nicht (Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 20.12.2016, Az. 7 U 49/16, BauR 2017, 1039; OLG Düsseldorf, NJW 2020, 1746).

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