Ihr-Recht-Blog

27. Januar 2020

BGH zu Verkehrssicherungspflichten im Hoteleingangsbereich

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 14. Januar 2020, Az.  X ZR 110/18 zu der Frage Stellung genommen, welche Wirkung das Aufstellen von Warnschildern hat, die auf Rutschgefahr hinweisen.

In dem der Entscheidung des BGH zugrunde liegenden Sachverhalt machte der Kläger gegen das beklagte Reiseunternehmen Ansprüche aufgrund eines Unfalls geltend, der sich im Rahmen einer bei der Beklagten gebuchten Pauschalreise nach Lanzarote ereignet hat.

Der Kläger ist linksseitig oberschenkelamputiert, trägt eine Prothese und ist auf eine Unterarmstütze angewiesen. Am Tag nach der Ankunft geriet der Kläger beim Verlassen des Hotels zu Fall, als er die regennasse Rollstuhlrampe vor dem Hoteleingang zu Fuß passieren wollte. Infolge des Sturzes erlitt er eine Handgelenksfraktur.

Das Landgericht hatte die unter anderem auf Rückzahlung des Reisepreises, Ersatz materieller Schäden, Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit und Schmerzensgeld gerichtete Klage abgewiesen (LG Hannover, Urteil vom 7. September 2017, Az. 8 O 19/17). Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben (OLG Celle – Urteil vom 11. April 2018 – 11 U 147/17).

Der für das Reiserecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die zweitinstanzliche Entscheidung des OLG Celle aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses wird im weiteren Prozessverlauf klären müssen, ob der Bodenbelag der Rollstuhlrampe den für die Hotelanlage maßgeblichen örtlichen Bauvorschriften entsprach.

Das OLG Celle hatte diese Frage als nicht entscheidungserheblich angesehen, weil es als ausreichend betrachtet hat, einen Hotelgast vor einer Rutschgefahr bei Nässe mit einem Warnschild zu warnen.

Der BGH hat diese Beurteilung nur für den Fall als zutreffend angesehen, dass die Rollstuhlrampe den maßgeblichen örtlichen Bauvorschriften entsprach und damit den Sicherheitsstandard bot, den ein Hotelgast erwarten durfte. Sollte die Rollstuhlrampe diesem Standard nicht entsprochen haben, bestand hingegen eine besondere Gefährdungslage, in der ein Warnschild im Bereich der Rampe nicht ausreichte, so der BGH.

11. Juli 2019

EuGH: Kein Erstattungsanspruch von Pauschalreisenden gegen Fluggesellschaft

Der EuGH hat am 10.07.2019 in der Rechtssache C-163/18 entschieden, dass Pauschalreisende bei einem annullierten Flug nur vom Reiseveranstalter Erstattung fordern können und ihnen kein Anspruch gegen die Fluggesellschaft zusteht.

In dem seitens des EuGH beurteilten Sachverhalt hatten die aus den Niederlanden stammenden Kläger bei einem Anbieter eine Pauschalreise nach Korfu gebucht und bezahlt. Der Flug wurde mangels Nachfrage wenige Tage vor Reisebeginn annulliert. Der Reiseveranstalter fiel kurz darauf in Insolvenz und zahlte den Kunden ihr Geld nicht zurück. Die verklagten daraufhin die Fluggesellschaft auf Erstattung.

Die in den EU-Richtlinien über Pauschalreisen und andererseits den Rechten aus der EU-Verordnung über die Fluggastrechte vorgesehenen Rechte auf Erstattung sind nach Ansicht des EuGH nicht kumulierbar, da ansonsten Fluggesellschaften für einen Teil der Verantwortung herangezogen würden, die dem Reiseveranstalter obliege.

Allerdings  müsse laut Richtlinie über Pauschalreisen ein Veranstalter nachweisen, dass auch im Fall einer Insolvenz die Erstattung gezahlter Beiträge gesichert sei. Die EU-Staaten müssen ihrerseits sicherstellen, dass Reiseanbieter sich für den Fall einer Insolvenz entsprechend absichern.  Wird diese Absicherung staatlicherseits nicht durchgesetzt, könnten geprellte Reisende den Staat auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, so der EuGH.

28. September 2016

BGH: Mehrkosten bei Umbuchung einer Pauschalreise

Filed under: Reiserecht — Schlagwörter: , , , , , , , , , — ihrrecht @ 06:34

Die Umbuchungen bei einer Pauschalreise bleiben teuer. Reiseveranstalter dürfen ihren Kunden auch künftig – ggf. auch hohe – Zusatzkosten in Rechnung stellen, wenn sie deren Pauschalreise auf einen Ersatz-Teilnehmer umbuchen. Dies hat der BGH mit 2 Urteilen vom 27. September 2016, Az. X ZR 107/15 und X ZR 141/15 entschieden.

Der Kläger in der Sache X ZR 107/15 buchte bei der beklagten Reiseveranstalterin für seine Eltern eine einwöchige Reise von Hamburg nach Dubai zu einem Gesamtpreis von 1.398 €. Die Luftbeförderung zum Reiseziel sollte nach dem Vertrag mit einer Linienfluggesellschaft erfolgen. Wegen einer Erkrankung seiner Mutter erkundigte sich der Kläger zwei Tage vor Abflug nach den Bedingungen eines Eintritts zweier anderer Personen in den Reisevertrag. Die Beklagte teilte ihm am nächsten Tag mit, dass eine Umbuchung entweder den Erwerb von Business-Class-Tickets mit Mehrkosten in Höhe von 1.850 € pro Person oder neuer Economy-Class-Tickets mit einer anderen Abflugzeit und Mehrkosten in Höhe von 725 € pro Person erfordere. Der Kläger trat daraufhin vom Reisevertrag zurück.

In der Sache X ZR 141/15 buchten die Klägerin und ein vorgesehener Mitreisender, der der Klägerin seine Ansprüche abgetreten hat, bei der beklagten Reiseveranstalterin eine zehntägige Reise von Berlin nach Phuket (Thailand) zu einem Gesamtpreis von 2.470 €. Die Luftbeförderung zum Reiseziel sollte wiederum mit einer Linienfluggesellschaft erfolgen. Wegen einer Erkrankung des Mitreisenden bat die Klägerin zwei Tage vor Abflug um den Eintritt zweier anderer Personen in den Reisevertrag. Die Beklagte teilte ihr am nächsten Tag mit, dass eine Umbuchung den Erwerb neuer Flugtickets mit Mehrkosten in Höhe von 1.648 € pro Person erfordere. Die Klägerin und ihr Mitreisender traten daraufhin vom Reisevertrag zurück.

In beiden Fällen stellte der Reiseveranstalter den Kunden eine Rücktrittsentschädigung in Höhe von 85 bzw. 90 % des Reisepreises in Rechnung und zahlte nur den restlichen Reisepreis zurück. Die Kläger verlangen jeweils Rückzahlung des vollen Reisepreises. Sie waren damit beim Amtsgericht erfolglos, das Berufungsgericht hat hingegen den Klagen jeweils stattgegeben (AG München – Urteil vom 21. November 2014, Az. 121 C 25717/13, folgend: LG München I, Urteil vom 25. August 2015, Az. 30 S 25399/14 sowie  AG München, Urteil vom 20. Februar 2015, Az.  281 C 9715/14, folgend LG München I, Urteil vom 27. Oktober 2015, Az. 13 S 5113/15).

Auf die Revision der beklagten Reiseveranstalter hat der für das Reiserecht zuständigen X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Berufungsurteile aufgehoben und die klageabweisenden erstinstanzlichen Urteile wiederhergestellt.

Er hat hierzu ausgeführt, der Reiseveranstalter müsse dem Kunden zwar nach § 651b Abs. 1 BGB die Übertragung des Anspruchs auf die Reiseleistungen auf einen Dritten ermöglichen. Hierdurch entstehende Mehrkosten muss er jedoch nicht selbst tragen, sondern kann den Kunden und den Dritten damit belasten, die hierfür als Gesamtschuldner haften. Er ist auch nicht gezwungen, die vertraglichen Reiseleistungen so zu gestalten, dass sie für den Kunden möglichst kostengünstig auf einen Dritten übertragbar sind. Für den Streitfall bedeutet dies, dass der Reiseveranstalter den Anspruch des Kunden auf Flugbeförderung im Rahmen der gebuchten Pauschalreise auch dadurch erfüllen kann, dass er für diesen bei einem Luftverkehrsunternehmen einen Flug zu einem Tarif bucht, der einen nachträglichen Wechsel der Person des Fluggastes nicht zulässt und typischerweise zu einem niedrigeren Preis erhältlich ist als Tarife, die eine größere Flexibilität gestatten. Der Reiseveranstalter bleibt gleichwohl verpflichtet, dem Dritten auch in einem solchen Fall den Eintritt in den Reisevertrag zu ermöglichen. Die Kosten für den notwendigen Erwerb eines neuen Flugscheins sind dann jedoch Mehrkosten im Sinne des § 651b Abs. 2 BGB. Auch wenn sie insbesondere den Eintritt eines Dritten kurz vor Reisebeginn, wie er in den Streitfällen in Rede stand, wirtschaftlich unattraktiv machen können, rechtfertigt dieser Umstand es nicht, derartige Mehrkosten den Reiseveranstalter tragen zu lassen, so der BGH.

17. Februar 2016

Aktuell: BGH: Vollständige Zahlung des Flugpreises bei Buchung zulässig!

Der Bundesgerichtshof hat sich in drei Verfahren mit der Praxis bei Flugbuchungen befasst, die vollständige Bezahlung des Flugpreises bereits unmittelbar bei Abschluss des Luftbeförderungsvertrags – unabhängig von der Höhe des Flugpreises oder dem zeitlichen Abstand zwischen Buchung und Flugantritt – zu verlangen. Der BGH hat nunmehr entschieden, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen, nach denen der Flugpreis unabhängig vom Zeitpunkt der Buchung bei Vertragsschluss vollständig zur Zahlung fällig ist, keine unangemessene Benachteiligung der Fluggäste darstellen (BGH, Urteile vom 16. Februar 2016, AZ. X ZR 97/14, X ZR 98/14, X ZR 5/15).

Nach Ansicht des BGH widerspricht die Verpflichtung des Fluggasts, das Beförderungsentgelt bei Vertragsschluss zu entrichten, nicht den wesentlichen Grundgedanken des Personen(Luft)beförderungsrechts (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).  Eine Vertragsgestaltung, bei der das Beförderungsentgelt erst bei Ankunft am Zielort zur Zahlung fällig würde, wäre beim Massengeschäft der Fluggastbeförderung im Linienverkehr weder interessengerecht noch praktikabel.

Die gebotene Interessenabwägung erfordere es auch nicht, eine Vorauszahlung auf eine Anzahlung bei Vertragsschluss (in Höhe von regelmäßig maximal 20 % des Flugpreises) und eine (höchstens 30 Tage vor Flugantritt fällige) Restzahlung zu beschränken, wie dies der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Reisevertragsrecht entspräche (hierzu: BGH, Urteil vom 9. Dezember 2014 – X ZR 85/12, BGHZ 203, 335). Die mit der Pflicht zur sofortigen Vorauszahlung in voller Höhe einhergehenden Nachteile des Fluggasts sind nicht von solchem Gewicht, dass eine Umstellung der weltweit üblichen und einem einheitlichen – von der International Air Transport Association (IATA) empfohlenen – Standard folgenden Abrechnungspraxis der Luftfahrtunternehmen unter Beeinträchtigung deren auch im Allgemeininteresse liegender wirtschaftlicher Tätigkeit im Linienverkehr geboten wäre.

Das vom Fluggast zu tragende Risiko der Insolvenz seines Vertragspartners ist durch die unionsrechtlichen wie nationalen Zulassungs- und Aufsichtsbestimmungen, denen Luftfahrtunternehmen im Linienverkehr unterliegen, deutlich verringert., so der BGH, der sich damit deutlich von seiner Rechtsprechung zum (Pauschal-) Reisevertragsrecht angrenzte.

18. März 2015

BGH: Entschädigung bei Umbuchung eines Fluges!

Pauschalreisende, die auf einen anderen Flug umgebucht werden, können Anspruch auf finanzielle Entschädigung haben. Ein solcher Anspruch kann auch dann bestehen, wenn die Umbuchung rechtzeitig vor Reisebeginn statt gefunden hat und der Fluggast darüber informiert wurde.

Hierauf hat der BGH mit Urteil vom 17. März 2015, Az. X ZR 34/14 abgestellt.

Zwar setze eine Ausgleichszahlung  zusätzlich voraus, dass sich der Fluggast rechtzeitig zur Abfertigung am Schalter einfinde oder zumindest in anderer Weise nach der Buchung nochmals aktiv werde und seinen Teilnahmewunsch am Flug äußere (Art. 3 Abs. 2 a Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11. Februar 2004 – Fluggastrechteverordnung). Nach Ansicht des BGH  kommt es aber weder auf das Erscheinen zur Abfertigung noch auf das Erscheinen am Ausgang an, wenn das Luftverkehrsunternehmen bereits zuvor unzweideutig zum Ausdruck gebracht hat, dem Fluggast die Beförderung auf dem gebuchten Flug zu verweigern.

Da im entschiedenen Fall die Feststellungen des Berufungsgerichts keine Entscheidung erlaubten, ob eine solche Weigerung in der Umbuchungsmitteilung des Reiseveranstalters zum Ausdruck gekommen ist, hat der BGH das Berufungsurteil des LG Düsseldorf vom 21. Februar 2014, Az.  22 S 167/13 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses wird auch zu klären haben, ob die Reisenden tatsächlich über eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug verfügt haben.

Der genaue Inhalt der beiden Erklärungen wird entscheidend dafür sein, ob in der Mitteilung des Reiseveranstalters, die Reisenden seien auf einen anderen Flug umgebucht worden, eine dem beklagten Luftverkehrsunternehmen zuzurechnende vorweggenommene Weigerung zum Ausdruck kam, die Reisenden auf einem Flug zu befördern, für den sie über einen Flugschein oder eine andere bestätigte Buchung im Sinne der Fluggastrechteverordnung verfügten.

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