Ihr-Recht-Blog

24. November 2022

BGH bestätigt: Schonfristregelung ist auf die ordentliche Kündigung nicht anwendbar!

Der BGH hat mit Urteil vom 05.10.2022, Az. VIII ZR 307/21 noch einmal bestätigt, daß die Schonfristregelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB auf die ordentliche Kündigung nicht anwendbar ist.

Ein innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB erfolgter Ausgleich des Mietrückstands beziehungsweise eine entsprechende Verpflichtung einer öffentlichen Stelle hat lediglich Folgen für die auf § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 BGB gestützte fristlose, nicht jedoch für eine aufgrund desselben Mietrückstands hilfsweise auf § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB gestützte ordentliche Kündigung (Bestätigung von Senatsurteil vom 13.10.2021 – VIII ZR 91/20, IMR 2022, 13).

Diese (beschränkte) Wirkung des Nachholrechts des Mieters entspricht dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, so dass der an Gesetz und Recht gebundene Richter (Art. 20 Abs. 3 GG) diese Entscheidung nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und durch eine judikative Lösung ersetzen darf, die so im Gesetzgebungsverfahren (bisher) nicht erreichbar war, so der BGH (im Anschluss an BVerfGE 69, 315, 372; 82, 6, 12 f.; Bestätigung von Senatsurteil vom 13.10.2021 – VIII ZR 91/20, Rz. 87, IMRRS 2021, 1363 = NZM 2022, 49).

3. Dezember 2021

BGH zum Ausgleich der Mietrückstände bei ordentlicher Kündigung

Ein innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB erfolgter Ausgleich des Mietrückstands bzw. eine entsprechende Verpflichtung einer öffentlichen Stelle hat lediglich Folgen für die auf § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 BGB gestützte fristlose, nicht jedoch für eine aufgrund desselben Mietrückstands hilfsweise auf § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB gestützte ordentliche Kündigung.

Der BGH hat mit seinem Urteil vom 13.10.2021, Az. VIII ZR 91/20 die Senatsurteile vom 11.01.2006, Az.- VIII ZR 364/04; vom 25.10.2006, Az. VIII ZR 102/0 = IMRRS 2006, 3143 = NJW 2007, 428; vom 28.11.2007; Az.VIII ZR 145/07 = NJW 2008, 508; vom 10.10.2012, Az. VIII ZR 107/12 = BGHZ 195, 64; vom 01.07.2015, Az. VIII ZR 278/13= NJW 2015, 2650 und die Senatsbeschlüsse vom 06.10.2015, Az. VIII ZR 321/14, IMRRS 2016, 1928 = WuM 2016, 225 und IMR 2016, 452 ausdrücklich bestätigt.

Der BGH hat betont, dass diese (beschränkte) Wirkung des Nachholrechts des Mieters dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers entspreche, so dass der an Gesetz und Recht gebundene Richter (Art. 20 Abs. 3 GG) diese Entscheidung nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und durch eine judikative Lösung ersetzen darf, die so im Gesetzgebungsverfahren (bisher) nicht erreichbar war (im Anschluss an BVerfGE 69, 315, 372; IBR 1990, 615).

20. September 2018

BGH zur Verbindung einer fristlosen Wohnraumkündigung mit einer fristgerechten Kündigung

Der BGH hat mit  2 Urteilen vom 19. September 2018, Az.  VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17 klargestellt, dass auch eine hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs zur Beendigung eines Mietverhältnisses nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist führen kann, wenn die durch den Vermieter unter Berufung auf denselben Sachverhalt vorrangig erklärte und zunächst auch wirksame fristlose Kündigung durch eine vom Mieter nach Zugang der Kündigungserklärung vorgenommene Schonfristzahlung nachträglich unwirksam wird. 

In beiden Verfahren hatten die Beklagten, Mieter von Wohnungen in Berlin, jeweils die von ihnen geschuldeten Mieten in zwei aufeinander folgenden Monaten nicht entrichtet. Hierauf haben die jeweiligen Kläger als Vermieter die fristlose und zugleich hilfsweise die fristgerechte Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs erklärt. In beiden Fällen beglichen die Beklagten nach Zugang der Kündigung die aufgelaufenen Zahlungsrückstände.

Das Berufungsgericht (Landgericht Berlin – Urteil vom 13. Oktober 2017, Az.- 66 S 90/17 und Urteil vom 15. November 2017, Az. 66 S 192/17)  hatte die jeweils von den Vermietern erhobenen Räumungsklagen abgewiesen. Zwar seien die Vermieter aufgrund der gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a BGB wirksamen außerordentlichen fristlosen Kündigungen zunächst berechtigt gewesen, die Räumung und Herausgabe der betreffenden Mietwohnungen zu verlangen. Diese Ansprüche seien jedoch wegen des jeweils noch vor Klageerhebung erfolgten vollständigen Ausgleichs der Zahlungsrückstände nach Maßgabe der Vorschrift des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB nachträglich erloschen (sog. Schonfristzahlung). Die daneben – von den Amtsgerichten (Amtsgericht Pankow-Weißensee – Urteil vom 30. März 2017, Az. 102 C 333/16 sowie Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg – Urteil vom 12. Juni 2017, Az. 7 C 9/17) in beiden Verfahren noch als wirksam erachteten – hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen (§ 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 573c BGB) gingen demgegenüber "ins Leere", weil das jeweilige Mietverhältnis bereits durch den Zugang der wirksam ausgesprochenen außerordentlichen fristlosen Kündigung ein sofortiges Ende gefunden habe. Die rechtzeitig erfolgte Schonfristzahlung gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB habe zwar dazu geführt, dass die durch die fristlose Kündigung ausgelösten Herausgabe- und Räumungsansprüche erloschen seien. Es bleibe aber gleichwohl dabei, dass im Zeitraum zwischen Zugang der Kündigungserklärung und Eingang der Schonfristzahlung ein Mietverhältnis, welches noch ordentlich unter Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte gekündigt werden können, aufgrund der Gestaltungswirkung der fristlosen Kündigung nicht mehr bestanden habe.

Der BGH hat dagegen ausgeführt, dass die Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf beschränke, lediglich Ansprüche auf Räumung und Herausgabe der Mietsache nachträglich zum Erlöschen zu bringen. Vielmehr hat der Gesetzgeber gewährleisten wollen, dass die wirksam ausgeübte fristlose Kündigung unter den dort genannten Voraussetzungen trotz ihrer Gestaltungswirkung rückwirkend als unwirksam gilt und der Mietvertrag fortgesetzt wird. In einer solchen Situation kommt eine gleichzeitig mit einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zur Geltung. Denn ein Vermieter, der neben einer fristlosen Kündigung hilfsweise oder vorsorglich eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen eines aufgelaufenen Zahlungsrückstands ausspricht, erklärt diese nicht nur für den Fall einer bereits bei Zugang des Kündigungsschreibens gegebenen Unwirksamkeit der vorrangig erfolgten fristlosen Kündigung. Vielmehr bringt er damit aus objektiver Mietersicht regelmäßig weiterhin zum Ausdruck, dass die ordentliche Kündigung auch dann zum Zuge kommen soll, wenn die zunächst wirksam erklärte fristlose Kündigung aufgrund eines gesetzlich vorgesehenen Umstands wie einer unverzüglichen Aufrechnung durch den Mieter (§ 543 Abs. 2 Satz 3 BGB), einer sog. Schonfristzahlung oder einer Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB) nachträglich unwirksam wird, so der BGH.

Der BGH hat die Berufungsurteile in beiden Verfahren aufgehoben und die Sachen jeweils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit dieses nunmehr Feststellungen dazu treffen kann, ob die jeweils hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen die gesetzlichen Anforderungen für das Vorliegen eines Kündigungsgrunds erfüllen und ob gegebenenfalls der kurze Zeit nach Zugang der Kündigung erfolgte Ausgleich der Rückstände bei tatrichterlicher Würdigung der konkreten Einzelfallumstände die Berufung auf die ordentlichen Kündigungen als treuwidrig erscheinen lässt.

5. Oktober 2016

BGH: Fristlose Kündigung des Mietverhältnisses und Aufrechnung des Mieters

Filed under: Mietrecht — Schlagwörter: , , , , , , , , , — ihrrecht @ 12:19

Ist durch Auflauf eines Rückstands in der in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a oder Nr. 3 Buchst. b BGB genannten Höhe ein Recht des Vermieters zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses entstanden, wird dieses nach § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB nur durch eine vollständige Zahlung des Rückstandes vor Zugang der Kündigung ausgeschlossen (Bestätigung des Senatsurteils vom 14. 07.1970 – VIII ZR 12/69, ZMR 1971, 27, unter II 4). Nach § 543 Abs. 2 Satz 3 BGB wird die Kündigung des Vermieters nur unwirksam, wenn durch unverzügliche Aufrechnung die gesamten Rückstände getilgt werden. Die Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB setzt eine vollständige Tilgung der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a BGB innerhalb der dort genannten Frist voraus.

Hierauf hat der BGH mit Urteil vom 24.08.2016, Az. VIII ZR 261/15 hingewiesen und damit der teilweise von den Instanzgerichten vertretenen Rechtsauffassung, wonach eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges dann unwirksam werde, wenn durch Zahlung oder Aufrechnung mit Gegenforderungen durch den Mieter der relevante Zahlungsrückstand von 2 Monaten nicht mehr erreicht werden (so vorliegend noch LG Bonn,  Urteil vom 12.11.2015, Az. 6 S 79/15) eine Absage erteilt.

Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB ist eine Kündigung nach Satz 1 Nr. 3 ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher – das heißt vor dem Zugang der Kündigung – befriedigt wird. Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 3 BGB wird die Kündigung unwirksam, wenn sich der Schuldner von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt. Schließlich wird die Kündigung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (sogenannte Schonfristzahlung).

Sämtliche genannten Vorschriften setzen allerdings, so der BGH, eine vollständige Befriedigung des Vermieters voraus (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 1970 – VIII ZR 12/69, ZMR 1971, 27 unter II 4 [zu § 554 BGB aF als der wortgleichen Vorgängervorschrift des § 543 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB]; Senatsbeschluss vom 26. Juli 2004 – VIII ZB 44/03, WuM 2004, 547 unter II. 3 [zur Schonfristzahlung]; OLG Köln, ZMR 1998, 763, 766 [zu § 554 Abs. 1 Satz 3 BGB aF]; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2014, § 543 Rn. 63, 66 sowie § 569 Rn. 42), an der es vorliegend fehlte.

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