Ihr-Recht-Blog

13. März 2023

OLG Düsseldorf zur Darlegung des Stundenaufwandes

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 19.09.2022, Az. 22 U 304/21 ausgeführt, dass zur schlüssigen Darlegung seines Vergütungsanspruchs der Unternehmer im Fall der Abrechnung nach Stundenlohn lediglich die Anzahl der geleisteten Stunden darlegen muss. Nachweise wie etwa Rapportzettel sind keine Voraussetzung der schlüssigen Darlegung, auch ist keine Differenzierung erforderlich, welche Arbeitsstunden für welche Tätigkeiten an welchen Tagen angefallen sind.

Der Besteller darf im Regelfall ohne nähere Darlegung bestreiten, dass die abgerechneten Stunden tatsächlich angefallen sind und muss nicht zu den aus seiner Sicht geleisteten Stunden vortragen. Etwas anderes gilt, wenn der Besteller Kenntnis darüber hat, welche Stunden angefallen sind.

Für den Einwand, dass in Relation zu dem vereinbarten Werkerfolg ein überhöhter zeitlicher Aufwand betrieben worden ist, ist der Besteller allerdings darlegungs- und beweispflichtig, so das OLG.

29. Dezember 2022

OLG Düsseldorf zur Anmeldung von Bedenken durch den Unternehmer

Auch das OLG Düsseldorf hat sich mit einer aktuellen Entscheidung vom 02.12.2022, Az. 22 U 113/22 noch einmal mit der ordnungsgemäßen Anmeldung von Bedenken durch den Unternehmer auseinandergesetzt (siehe insoweit auch die hier unter dem 15.12.2022 besprochene Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 13.05.2022)

Demnach ist ein Bedenkenhinweis nicht deshalb entbehrlich, weil die Besteller ein professionelles Bauunternehmen ist oder es bei anderen Bauvorhaben in der Vergangenheit zu ähnlichen Mangelsymptomen gekommen ist. Auch gegenüber professionellen Bestellern besteht eine Bedenkenhinweispflicht. Ein zur Haftungsbefreiung führender Bedenkenhinweis – der bei BGB-Verträgen nicht zwingend in Schriftform zu erteilen ist – setzt voraus, dass der Besteller ausreichend gewarnt wird. Die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Vorgaben müssen konkret dargelegt werden, damit dem Besteller die Tragweite der Nichtbefolgung klar wird. Allgemeine und vage Hinweise genügen nicht.

Auch wenn ein Vertreter des Bestellers für die Entgegennahme von Bedenkenanzeigen bevollmächtigt ist, geht die Bedenkenanzeige nicht dem Besteller zu, wenn der Vertreter für den Mangel verantwortlich ist oder sich den Bedenken verschließt.

Das OLG hat noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Werk auch dann mangelhaft ist, wenn die Ursachen des Mangels in der Sphäre des Auftraggebers – etwa einer fehlerhaften Planung – begründet sind. Der Unternehmer ist aber von der Haftung für Mängel befreit, wenn er seine Bedenkenhinweispflicht erfüllt hat.

15. Dezember 2022

OLG Düsseldorf zum Bedenkenhinweis

Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 13.05.2022, Az. 22 U 140/21 darauf hingewiesen, dass der Bedenkenhinweis des Unternehmers an den Besteller selbst gerichtet werden muss. Zwar kann im Einzelfall auch ein Mitarbeiter oder ein Bauleiter des Bestellers für einen Bedenkenhinweis empfangsbevollmächtigt sein. Wenn dieser sich jedoch dem Bedenkenhinweis verschließt, müssen die Bedenken an den Besteller selbst gerichtet werden, so das OLG.

Der Bedenkenhinweis muss dabei inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dem Besteller müssen die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Werkausführung konkret dargelegt werden.

Der Unternehmer haftet selbst dann für einen Mangel, wenn dieser auf die vom Besteller erstellte Leistungsbeschreibung oder auf eine Anordnung des Bestellers zurückzuführen ist. Etwas anders gilt nur dann, wenn der Unternehmer ordnungsgemäß Bedenken angemeldet hat.

12. September 2022

OLG München zur Kündigung eines Bauvertrages per Mail

Die Kündigung eines Bauvertrags ist schriftlich zu erklären. Die Kündigungserklärung muss vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Mit einer Kündigungserklärung per E-Mail mit angehängter pdf-Datei wird das Schriftformerfordernis nicht gewahrt.

Hierauf hat das OLG München mit Beschluss vom 03.02.2022, Az. 28 U 3344/21 Bau hingewiesen.

Gemäß § 8 Abs. 6 VOB/B ist die Kündigung schriftlich zu erklären. Gemäß § 126 Abs. 1 BGB ist in den Fällen, in denen durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben ist, die Urkunde vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens zu unterzeichnen.

Bei der VOB/B handelt es sich nicht um ein Gesetz, sondern um Allgemeine Geschäftsbedingungen, weshalb § 8 Abs. 6 VOB/B keine gesetzliche Formvorgabe darstellt, so das OLG. Dieser Umstand führte nach altem Recht, also vor Inkrafttreten von § 650h BGB, dazu, dass § 127 Abs. 2 BGB anwendbar war, wonach zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form auch die telekommunikative Übermittlung, also auch die Übermittlung per E-Mail genügte.

Allerdings enthält § 650h BGB für nach dem 31.12.2017 abgeschlossene Bauverträge eine entsprechende Regelung, wonach die Kündigung des Bauvertrags der Schriftform bedarf. Hierbei handelt es sich um eine gesetzliche Formvorgabe.

Der Senat schließt sich der in Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B, Kommentar, 21. Auflage 2020, § 8 Abs. 6 VOB/B, Rn. 3 vertretenen Auffassung an, wonach angesichts dieser neuen gesetzlichen Formvorgabe eine telekommunikative Übermittlung nicht mehr ausreichend ist.

Bei dem im vorliegenden Fall zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrag vom 5./28.2.2019 handelt es sich um einen Bauvertrag im Sinne § 650a Abs. 1 BGB, auf den § 650h BGB und damit § 126 Abs. 1 BGB Anwendung findet, so das OLG München.

8. November 2021

OLG Celle zur Umdeutung eines Rücktrittes vom Verbraucherbauvertrag in eine freie Kündigung

Das OLG Celle hat sich mit Urteil vom 03.11.2021, Az. 14 U 73/21 mit der Frage befasst, ob eine Rücktritt vom Verbraucherbauvertrag in eine freie Kündigung umzudeuten ist und diese Frage für den Regelfall verneint.

Wenn eine von dem Bauunternehmer gestellte vertragliche Rücktrittsklausel dem Auftraggeber die Möglichkeit des Rücktritts unter den Voraussetzungen einräumt, dass dieser dem Bauunternehmer nachweist, entsprechend dem zwischen ihnen geschlossenen Bauwerkvertrag, ein Angebot in gleicher Ausführung, in gleicher Qualität und mit den gleichen Sicherheitsleistungen in der Bundesrepublik Deutschland zu einem günstigeren Preis von einem anderen Anbieter erhalten zu haben, genügt zur wirksamen Ausübung dieses Rücktrittsrechts die schlichte Vorlage eines solchen Angebots, aus dem diese Kriterien zu entnehmen sind. Eines – ggf. sogar sachverständigen – Nachweises einer inhaltlichen Identität oder Vergleichbarkeit der Bauwerkverträge durch den Auftraggeber bedarf es nicht, wenn dies der Klausel nicht klar zu entnehmen ist und daher mehrere Verständnismöglichkeiten in Betracht kommen. Eine solche Unsicherheit geht zu Lasten des Verwenders.

Mit einer Auslegung bzw. Umdeutung einer Rücktrittserklärung von einem Verbraucherbauwerkvertrag in eine freie Kündigung mit den für den Besteller weitreichenden ungünstigen Folgen aus § 648 Satz 2 BGB (§ 649 BGB a.F.), dass der Besteller dem Unternehmer auch die nicht erbrachte Leistung vergüten muss und zugleich den Erfüllungsanspruch verliert, ist Zurückhaltung geboten. Mit Blick auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen von Rücktritt und freier Kündigung ist sie in aller Regel nicht vereinbar (Anschluss an OLG München, Hinweisverfügung vom 19.02.2018 – 28 U 3641/17 Bau, IBRRS 2019, 0485).

28. Juli 2021

VerwG Trier zur Folienumkleidung der Sektflaschen

Sekt­fla­schen müssen zwingend eine Foli­e­n­um­k­lei­dung haben. Dies hat das Verwaltungsgericht Trier nunmehr mit Urteil vom 07.07.2021, Az. 8 K 421/21.TR entschieden und damit die Klage eines Winzers, der Sektflaschen ohne Folienumkleidung verkaufen wollte, abgewiesen.

Die zuständige Rheinland-Pfälzische Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) hatte dem Winzer den Verkauf von 1.300 Flaschen Riesling Jahrgangssekt untersagt mit der Begründung, die Flaschen genügten nicht der einschlägigen unionsrechtlichen Vorgabe, da keine Folienumkleidung um Korken und Flaschenhals vorhanden war.

Der Kläger hatte dagegen geltend gemacht, dass höherrangiges Unionsrecht durch die Untersagung verletzt sei. Es gebe zahlreiche Weinbaubetriebe, die Sektflaschen ohne Folienumkleidung in Verkehr brächten. Es ist nach Auffassung des Winzers auch kein vernünftiger Grund ersichtlich, Sektvermarktern aufzuerlegen, ihre Flaschen mit einer solchen Folie zu versehen. Die Folie sei ein umweltschädliches Accessoire ohne technische Funktion, da der Korken auf der unter hohem Druck stehenden Sektflasche wirkungsvoll bereits durch die "Haltevorrichtung" auf der Flasche gehalten werde. Eine Irreführung des Verbrauchers sei nicht zu befürchten, denn faktisch würden nicht alle Schaumweine mit der vorgeschriebenen Folienumkleidung vermarktet und nach dem Unionsrecht auch andere Produkte mit Folie ausgestattet werden dürften, sodass der Verbraucher sich ohnehin an der Etikettierung und nicht nur anhand der Präsentation mit Folie orientieren müsse, so der Winzer letztendlich.

Das Verwaltungsgericht ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Zwar unterfalle der Verkauf der Sektflaschen zwar dem Schutzbereich der unternehmerischen Freiheit nach Art. 16 Grundrechte-Charta – also höherrangigem Unionsrecht. Gleichwohl ist der Eingriff in die unternehmerische Freiheit durch eine entsprechende EU-Verordnung nach Überzeugung des Gerichts sachlich gerechtfertigt. Die Verordnung bezwecke den Schutz des Verbrauchers vor Irreführung ebenso wie den Schutz der Schaumweinhersteller im Sinne eines fairen Wettbewerbs, so das Gericht. Die einheitliche Aufmachung von Sektflaschen gehe auf eine mehr als 100 Jahre währende Tradition zurück, welche bis heute der Sicherheit des Verbrauchers beim Kauf diene. Die Vorschrift dient nach Auffassung des Gerichts dabei auch dem fairen Wettbewerb, da alle Anbieter gleichsam verpflichtet seien.

Auch die umweltrechtlichen Bedenken des Winzers haben das Gericht nicht überzeugen können. Der Verordnungsgeber habe alle relevanten Aspekte bei Erlass miteinander abgewogen und zu einem Ausgleich gebracht. Es erfolgte zusätzlich der Hinweis, dass offenkundig auch umweltfreundliche, recyclebare Folien verwendet werden könnten.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Nach Presseberichten überlegt der Kläger, einen Antrag auf Zulassung der Berufung zum Rheinland-Pfälzischen Oberverwaltungsgericht zu stellen.

9. Juni 2021

OLG Hamm: Verbraucherbauvertrag auch bei gewerkeweiser Vergabe!

Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 24.04.2021, Az. 24 U 198/20 ausgeführt, dass ein Verbraucherbauvertrag im Sinne des § 650i Abs. 1, 1. Alt. BGB auch bei gewerkeweiser Vergabe vorliegen kann, wenn die Beauftragung zeitgleich oder in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Erstellung eines neuen Gebäudes erfolgt, die Erstellung eines neuen Gebäudes für den Unternehmer ersichtlich ist und die Gewerke zum Bau des neuen Gebäudes selbst beitragen.

Nach einer Ansicht ist ein Verbraucherbauvertrag nur dann zu bejahen, wenn sich der Unternehmer zum Bau des gesamten Gebäudes in einem Vertrag verpflichtet (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, Kapitel 5 Rn. 1167; Retzlaff, in: Palandt, BGB, 80. Aufl. 2021, § 650i BGB Rn. 3; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 650i BGB Rn. 6; Hildebrandt, in: Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B; 5. Auflage 2019; § 650f BGB Rn. 22; Ehrl, DStR 2017, 2395 (2399); Wessel/Schwenker, MDR 2017, 1218 (1219); Omlor, NJW 2018, 817 (818)). Nach der Gegenansicht ist ein Verbraucherbauvertrag auch dann anzunehmen, wenn der Verbraucher das Bauvorhaben in mehrere Bauverträge aufspaltet, die er mit mehreren Unternehmern isoliert abschließt (vgl. Koeble, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 9 Rn. 121; Merkle, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.01.2021, § 650i BGB Rn. 37; Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/WürdingerPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 20; Vogel, BauR 2020, 388 (394 f.); Motzke, NZBau 2017, 515 (518)).

Hintergrund der gesetzlichen Regelung ist, dass beim Verbraucherbauvertrag eine Risikokumulation für Verbraucher in einem Vertrag besteht (vgl. Mansel, in: Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, 18. Auflage 2021, § 650i BGB Rn. 5).

Indes könnte ein sachlicher Grund, warum der Bauherr bei gewerkeweise Vergabe weniger schutzwürdig ist, als der Bauherr, der sein Haus aus einer Hand errichten lässt, schwerlich auszumachen sein (vgl. Merkle, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.01.2021, § 650i BGB Rn. 37; Lenkeit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650i BGB Rn. 23), obwohl es erklärtes gesetzgeberisches Ziel war, den Verbraucherschutz bei der Errichtung derartiger Gebäude deutlich zu verbessern (vgl. Lenkeit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650i BGB Rn. 23) und bei enger Auslegung sich – im Vergleich zum alten Recht – eine Verschlechterung für Verbraucher bei Einzelvergabe ergäbe (vgl. Vogel, BauR 2020, 388 (395)).

Bei gewerkeweiser Vergabe ist der Bauherr gegenüber den Behörden für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften in der Verantwortung und sein finanzielles Risiko ist bei einer Gesamtbetrachtung wohl ebenfalls schutzwürdig, gerade wenn er im Einzelfall aus finanziellen Gründen gezwungen ist, einzelne Gewerke zeitlich gestaffelt und auch an verschiedene Unternehmer zu vergeben (vgl. Merkle, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.01.2021, § 650i BGB Rn. 37; Koeble, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 9 Rn. 121; Pause, BauR 2017, 430 (432)).
Zudem mag die Prüfung der finanziellen Rahmenbedingungen durch ein kreditgebendes Institut bei Einzelvergabe strenger erfolgen als im Rahmen der Finanzierung eines Bauvertrages mit einem Generalunternehmer (vgl. Lenkeit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650i BGB Rn. 23).
Auch im Hinblick auf die strukturelle informationelle Unterlegenheit ist der Bauherr bei Einzelvergabe wohl ebenso schutzwürdig wie ein Verbraucher, der die Bauerrichtung einem Generalunternehmer oder Generalübernehmer überlasst (vgl. Lenkeit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650i BGB Rn. 23).
Damit aber könnte es wertungswidersprüchlich scheinen, die Einzelvergabe als nicht erfasst anzusehen, wohl aber die Beauftragung eines Generalunternehmers (vgl. Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/WürdingerPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 20).
Umgekehrt böte sich bei einschränkender Auslegung dem Werkunternehmer die Möglichkeit, durch Aufspaltung eines an sich einheitlichen Werkvertrages in mehrere Einzelgewerksverträge sämtliche Verbraucherschutzvorschriften, insbesondere das Widerrufsrecht, die Baubeschreibungspflicht und den Anspruch auf die Übergabe von Unterlagen, zu umgehen (vgl. Lenkeit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650i BGB Rn. 25). Der Gefahr, dass Werkunternehmer durch Aufspaltung eines an sich einheitlichen Werkvertrages in mehrere Einzelgewerksverträge sämtliche Verbraucherschutzvorschriften umgehen könnten, könnte zwar mit dem Umgehungsverbot des § 650o Satz 2 BGB begegnet werden (vgl. Merkle, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.01.2021, § 650i BGB Rn. 37; Lenkeit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650i BGB Rn. 25). Indes trägt die Beweislast für das Vorliegen eines Umgehungsgeschäfts der Verbraucher (vgl. Merkle, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.04.2021, § 650o BGB Rn. 24).

Ferner erfolgte auch bei einer Einzelvergabe nach Fertigstellung des Bauwerks eine wesentliche Umgestaltung des Grundstücks (vgl. Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/WürdingerPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 20).

Soweit das finanzielle Risiko betroffen ist, mag das finanzielle Gesamtrisiko auch bei Einzelvergabe dem Risiko bei einer Errichtung "aus einer Hand" gleichkommen, auch wenn das Insolvenzrisiko bei Einzelvergabe aufgeteilt sein dürfte (vgl. Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/WürdingerPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 20) und der Verbraucher bei Einzelvergabe gegenüber einer Gesamtvergabe in finanzieller Sicht im Vorteil sein könnte, da er unter mehreren Angeboten hinsichtlich jedes einzelnen Gewerks auswählen kann, während der Verbraucher bei Gesamtvergabe auf die Preise der Einzelgewerke keinen oder kaum Einfluss haben kann, so das OLG.

5. August 2020

OLG München zur Verjährung des Ausgleichsanspruch des Architekten

Der Ausgleichsanspruch des Architekten gegen den bauausführenden Unternehmer wegen planungsbedingter Baumängel verjährt (kenntnisunabhängig) nach zehn Jahren. Die Verjährung beginnt mit der Abnahme der Bauleistung durch den Auftraggeber.

Hierauf hat das OLG München mit Beschluss vom 18.09.2019, Az. 27 U 211/19 Bau hingewiesen, der BGH hat nunmehr mit Beschluss vom 17.06.2020, Az. VII ZR 238/19 die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Ausgleichsansprüche nach § 426 Abs. 1 BGB entstehen in dem Augenblick, in dem auch die Gesamtschuld im Außenverhältnis begründet wird.
Die Gesamtschuld im Außenverhältnis entsteht durch die fehlerhafte der Leistung der Gesamtschuldner, sei es fehlerhafte Planung, fehlerhafte Bauausführung oder fehlerhafte Bauüberwachung. Die Pflichtverletzung des einzelnen Gesamtschuldners mag vor der Abnahme der Bauleistungen liegen, jedenfalls ist der Anspruch spätestens mit der Abnahme entstanden.

21. April 2020

BGH zum Entschädigungsanspruch des Unternehmers nach § 642 BGB–Mitwirkungsverzug des Bestellers

§ 642 BGB erfordert eine Abwägungsentscheidung des Tatrichters auf der Grundlage der in § 642 Abs. 2 BGB genannten Kriterien. Dabei ist die angemessene Entschädigung im Ausgangspunkt an den auf die unproduktiv bereitgehaltenen Produktionsmittel entfallenden Vergütungsanteilen einschließlich der Anteile für allgemeine Geschäftskosten sowie für Wagnis und Gewinn zu orientieren.

Hierauf hat der BGH mit Urteil vom 30.01.2020, Az. VII ZR 33/19 hingewiesen.

Es handele sich insoweit um einen verschuldensunabhängigen Anspruch sui generis, auf den die Vorschriften der §§ 249 ff. BGB zur Berechnung von Schadensersatz nicht anwendbar sind (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017, Az. VII ZR 16/17 Rn. 27, BGHZ 216, 319; Urteil vom 24. Januar 2008 , Az. VII ZR 280/05 Rn. 11, BGHZ 175, 118). Dabei könne dem Wortlaut des § 642 Abs. 2 BGB nicht entnommen werden, dass eine Berechnung in Anlehnung an § 649 Satz 2 BGB a.F., jetzt § 648 Satz 2 BGB zu erfolgen hat. Die Vorschrift benennt zwar weitgehend die Kriterien, die auch bei der Vergütung gemäß § 649 Satz 2 BGB a.F., jetzt § 648 Satz 2 BGB von Bedeutung sind. Indes gibt § 649 Satz 2 BGB a.F., jetzt § 648 Satz 2 BGB dadurch, dass sich der Unternehmer auf die vereinbarte Vergütung ersparte Aufwendungen und einen anderweitigen Erwerb "anrechnen lassen" muss, eine Berechnung vor, während § 642 Abs. 2 BGB eine Abwägungsentscheidung erfordert.

Der Tatrichter habe daher festzustellen, inwieweit der Unternehmer während des Annahmeverzugs Produktionsmittel unproduktiv bereitgehalten hat, und die hierauf entfallenden Anteile aus der vereinbarten Gesamtvergütung zu berücksichtigen, wobei er nach § 287 ZPO zur Schätzung berechtigt ist (vgl. Althaus, NZBau 2018, 643 f.).

Zu den Vergütungsanteilen für die vom Unternehmer unproduktiv bereitgehaltenen Produktionsmittel gehören nicht die infolge des Annahmeverzugs ersparten Aufwendungen einschließlich darauf entfallender Anteile für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn.

Im Hinblick auf das Kriterium des anderweitigen Erwerbs habe der Tatrichter weiterhin zu prüfen, ob der Unternehmer seine Produktionsmittel während des Annahmeverzugs anderweitig – produktiv – eingesetzt hat oder einsetzen konnte. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die anderweitige Einsatzmöglichkeit auf einem sogenannten "echten Füllauftrag" beruht, also auf einem Auftrag, der nur wegen des Annahmeverzugs angenommen und ausgeführt werden kann. Das Kriterium des anderweitigen Erwerbs ist im Rahmen von § 642 BGB eigenständig und nicht in Anlehnung an § 649 Satz 2 BGB a.F., jetzt § 648 Satz 2 BGB auszulegen, da die der Vorschrift des § 642 BGB zugrundeliegende Interessenlage im Hinblick auf die spätere Ausführung der Leistung eine andere ist als diejenige bei der freien Kündigung (hierzu näher bereits Sienz, BauR 2014, 390, 391 ff.; vgl. ferner Drittler, BauR 2019, 1524, 1528 f.).

Die Darlegungs- und Beweislast für die in § 642 Abs. 2 BGB genannten Kriterien trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Unternehmer als Anspruchssteller, der die Tatsachen für die vom Tatrichter vorzunehmende Abwägungsentscheidung beizubringen hat (vgl. Althaus, NZBau 2018, 643, BeckOK Bauvertragsrecht/Sienz, Stand: 31. Oktober 2019, § 642 BGB Rn. 101 ff.). Darin unterscheidet sich § 642 BGB von § 649 Satz 2 BGB a.F., jetzt § 648 Satz 2 BGB (zur dortigen Beweislastverteilung siehe BGH, Urteil vom 21. Dezember 2000 – VII ZR 467/99, BauR 2001, 666 = NZBau 2001, 202, juris Rn. 13 m.w.N.). Erleichterungen ergeben sich daraus, dass der Tatrichter die Möglichkeit der Schätzung gemäß § 287 ZPO hat.

Auf dieser Grundlage hat der Tatrichter im Rahmen einer Abwägungsentscheidung die angemessene Entschädigung zu bestimmen. Dabei hat er einen Ermessensspielraum, der ihm die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ermöglicht so der BGH.

31. Juli 2019

Einmal mehr: OLG Stuttgart zur Schwarzgeldabrede

Bietet der Unternehmer seine Leistungen durch die Vermeidung von Umsatz- und Einkommensteuer günstiger an und erklärt der dies erkennende Besteller sich dazu bereit, einen wesentlichen Teil der Zahlungen bar zu leisten, liegt eine Schwarzgeldabrede vor, so dass dem Unternehmer weder ein vertraglicher Vergütungsanspruch für erbrachte Bauleistungen noch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Wertersatz zusteht (BGH, IBR 2014, 327).

Hierauf hat das OLG Stuttgart mit Beschluss vom 11.07.2017, Az. 10 U 109/16 hingewiesen, der BGH hat mit Beschluss vom 11.10.2018, Az. VII ZR 20/17 die Nichtzulassungsbeschwerde des Unternehmers zurückgewiesen.

Die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein Unternehmer, der einen wegen Verstoßes gegen das SchwarzArbG nichtigen Werkvertrag geschlossen hat, nach den Grundsätzen von Treu und Glauben Wertersatz verlangen kann, ist höchstrichterlich geklärt (BGH, Urteil vom 10.04.2014, Az. VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1 = BauR 2014, 1141). In dieser Entscheidung hat sich der Bundesgerichtshof auch mit der in der Gegenerklärung zitierten Entscheidung vom 31. Mai 1990 (BGH, Urteil vom 31.05.1990, Az.- VII ZR 336/89, BGHZ 111, 308 = NJW 1990, 2542) auseinandergesetzt.

In diesem Zusammenhang sei auf die in diesem Blog besprochene Entscheidung des OLG Schleswig vom 07.01.2019 zur Bargeldzahlung als Indiz für eine Schwarzgeldabrede sowie die Entscheidung des BGH vom 16.03.2017, Az. VII ZR 197/16 zur nachträglich getroffenen Schwarzgeldabrede, die ebenfalls zur Nichtigkeit des Werkvertrages führt, hingewiesen.

Aber auch der Auftraggeber profitiert nicht von der Schwarzgeldabrede. Der BGH hat mit Urteil vom 11.06.2016, Az. VII ZR 216/14 entschieden, daß dem Auftraggeber kein Rückzahlungsanspruch hinsichtlich für mangelhafte Leistungen gezahlter Schwarzgeldbeträge zusteht.

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