Ihr-Recht-Blog

5. Oktober 2023

Rechtsprechung aktuell: Wie laut darf ein Hahn krähen?

Das LG Mosbach hatte sich mit Urteil vom 31.05.2023, Az. 5 S 47/22 mit der Frage zu befassen, wie laut ein Hahn bei Wohnen auf dem Land krähen darf.

Das Amtsgericht hatte in erster Instanz die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass lediglich im Zeitraum von 22 Uhr bis 6 Uhr das – in der Nacht zulässige – Maximalkriterium von 60 dB (A) nicht eingehalten sei. Damit liege eine Beeinträchtigung iSd §§ 1004 Abs. 1, 906 Abs. 1 BGB vor. Der Kläger habe diese Beeinträchtigungen allerdings nach §§ 1004 Abs. 2, 906 Abs. 2 BGB zu dulden. Bei dem Ortsteil … handele es sich um einen äußerst ländlich geprägten Stadtteil von … Eine Nutztierhaltung zur Selbstversorgung von Hühnern mit entsprechenden Hähnen sei in solchen Regionen nichts Ungewöhnliches. Darüber hinaus seien Maßnahmen gegen das Hahnenkrähen den Beklagten wirtschaftlich nicht zumutbar.

Der Kläger verfolgte sein Begehren in 2. Instanz teilweise weiter und hat den Unterlassungsantrag auf die Nachtstunden beschränkt. Er beantragt in 2. Instanz zuletzt:

Die Beklagten werden unter Abänderung des am 12.12.22 verkündeten Urteil das Amtsgericht Tauberbischofsheim, Az. 1 C 120/21, als Gesamtschuldner verurteilt, es zu unterlassen, auf ihrem Grundstück Geflügel in der Weise zu halten, dass durch davon ausgehendes Hahnenkrähen im Zeitraum von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr morgens im Schlafzimmer EG das Maximalkriterium von 60 dB (A) vor dem geöffneten Kinderzimmerfenster und vor der geöffneten Balkontüre vom Schlafzimmer des klägerischen Anwesens überschritten wird.

Insoweit hatte die Berufung Erfolg. Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch nach §§ 1004, 906 BGB, soweit er in dieser Instanz noch verfolgt wird, zu.

Das Amtsgericht hat zutreffend festgestellt, dass in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr durch das Krähen der Hähne der Beklagten eine wesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks des Klägers vorliegt, so das Landgericht Mosbach.

Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben (§ 906 Abs. 1 S. 2 BGB). Dies entbindet den Tatrichter aber nicht von der Würdigung der Einzelfallumstände unter Berücksichtigung des Empfindens eines verständigen Menschen (LG Bad Kreuznach Urteil vom 15.1.2019 – 1 S 83/18, BeckRS 2019, 134). Maßstab für die Beurteilung der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung ist das wandelbare, das heißt auch vom jeweiligen Umweltbewusstsein geprägte Empfinden eines Durchschnittsbenutzers des betroffenen Grundstücks in seiner durch Natur, Gestaltung und Zweckbestimmung geprägten konkreten Beschaffenheit. Für ein Wohngrundstück ist maßgebend, ob das Wohnen an Annehmlichkeit verliert und der Grundstückswert dadurch gemindert ist (LG München, NJW-RR 1989, 1178). Das Hahnenkrähen ist von kurzzeitigen Impulsen mit hoher Frequenz gekennzeichnet, die im Vergleich zu Dauergeräuschen als wesentlich lästiger empfunden werden. Es ist daher neben der Lautstärke insbesondere zu berücksichtigen, dass durch das periodische Krähen des Hahnes sich bei dem Gestörten eine Erwartungshaltung (ein Erwartungseffekt) einstellt, aus der heraus die plötzlichen und schrillen Töne des Krähens als besonders lästig empfunden werden. Regelmäßig sind Lärmstörungen durch Hahnenkrähen geeignet, bei den Betroffenen unmittelbar gesundheitliche Gefahren wie Schlafstörungen herbeizuführen (VG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 5. Oktober 2022 – 5 L 270/22). Es ist anerkannt, dass nächtliches Hahnenkrähen störend ist, da es die zur Gesundheit unabdingbar erforderliche Nachtruhe unterbricht (OLG Hamm Urteil vom 11.4.1988 – 22 U 265/87, BeckRS 1988, 2570).

Im zu beurteilenden Sachverhalt kräht der Hahn bzw. krähen die Hähne der Beklagten mehrfach in der Nachtzeit vor allem in den Morgenstunden vor 6:00 Uhr. Der Sachverständige hat festgestellt, dass in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr vor dem Kinderzimmerfenster des klägerischen Anwesens ein Maximalpegel von 65 dB (A) und vor der Schlafzimmerbalkontür ein Pegel von maximal 64 dB (A) erreicht wird.

Nach der TA Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) sind nachts in einem allgemeinen Wohngebiet, in dem sich die Grundstücke der Parteien unstreitig befinden, grundsätzlich nur Geräuschemissionen von 40 dB (A) zulässig. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen die lmmissionsrichtwerte in der Nacht um nicht mehr als 20 dB (A) überschreiten dürfen. Man kann schon Zweifel haben, ob das vor allem in den Morgenstunden dauerhaft, vermehrt und periodisch auftretende Krähen von Hähnen als kurzzeitige Geräuschspitzen zu qualifizieren ist oder nicht vielmehr aufgrund der Häufigkeit schon als Dauergeräusch empfunden wird. Aber selbst wenn man kurzzeitige Geräuschspitzen unterstellen will, wird mit den vom Sachverständigen ermittelten Werten von 64 (Schlafzimmer) bzw. 65 dB (A) (Kinderzimmer) auch der für Geräuschspitzen in der Nachtzeit (zwischen 22:00 und 6:00 Uhr) der nach TA Lärm zulässige Maximalpegel von 60 dB (A) überschritten.

Die Kammer hat nach alledem keinen Zweifel, dass der Maximalpegel in den Nachtstunden durch das Hahnenkrähen überschritten ist. Aber es werden vorliegend nicht nur die zulässigen Grenzwerte überschritten. Vielmehr beeinträchtigen die Gesamtumstände – unter Würdigung der Einzelfallumstände unter Berücksichtigung des Empfindens eines verständigen Menschen (BGH, NJW 2004, 1317) – die Annehmlichkeit des Wohnens in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Beklagten deutlich. Ein Hahn kräht bekanntlich zu unterschiedlichen, nicht vorher bestimmbaren Tages- und – worum es hier ausschließlich geht – Nachtzeiten. Der Tierlaut stellt einen kurzfristigen Lärmimpuls dar, der im Vergleich zu einem Dauergeräusch als wesentlich beeinträchtigender empfunden wird. Hinzu kommt, dass die Kläger auch nachts im allgemeinen Wohngebiet in Geräuschspitzen deutlich – nämlich um 20 dB (A) – höhere Maximalwerte hinnehmen müssen, als bei Dauergeräuschen. Aufgrund der Besonderheiten des Hahnenkrähens, der als plötzlicher und schriller Ton wahrgenommen und damit als besonders lästig empfunden wird, ist jedenfalls bei Lautstärken in der Nacht, die über 60 dB (A) liegen, von einer wesentlichen Beeinträchtigung des klägerischen Grundstückes durch den Lärm vom Grundstück der Beklagten auszugehen.

Den Ausführungen des Amtsgerichts hinsichtlich der dem Kläger nach § 906 Abs. 2 BGB obliegenden Duldungspflicht schloß sich die Berufungsinstanz nicht an.

Zwar hätte der Kläger selbst wesentliche Einwirkungen bei Ortsüblichkeit zu dulden, wenn die Beklagten darlegen und beweisen können, dass die Einwirkung nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Nutzern dieser Art wirtschaftlich unzumutbar sind, § 906 Abs. 2 S. 1 BGB. Die Kammer war der Auffassung, dass im konkreten Fall den Beklagten Maßnahmen zur Eindämmung der Lärmemissionen durch das Hahnenkrähen wirtschaftlich zumutbar sind.

Unter wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen iSd § 906 Abs. 2 S. 1 BGB sind alle technischen Einrichtungen sowie betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten zu verstehen, die die Beeinträchtigung unter die Schwelle der Wesentlichkeit herabsetzen, und zwar aufgrund auch insoweit differenziert-objektiven Maßstabs („Benutzer dieser Art“) ohne Rücksicht auf die individuelle Leistungsfähigkeit des Benutzers (MüKo BGB/Brückner, 9. Aufl., § 906 Rn. 102 m.w.N.).

Gemessen hieran ist es den Beklagten durchaus zumutbar, den Hühnerstall auf eine Art und Weise nachzurüsten, dass die von den Hähnen ausgehenden Lärmemissionen den Maximalpegel von 60 dB (A) nachts nicht überschreiten, wobei es den Beklagten im Übrigen unbenommen bleibt, andere – gleich wirksame – Maßnahmen zu ergreifen.

Der Sachverständige führte in seiner mündlichen Anhörung in der Sitzung vom 07.11.2022 vor dem Amtsgericht aus, dass diverse Möglichkeiten bestünden, um die Lärmemissionen zu reduzieren. Der Sachverständige bezifferte die Maßnahmen zur Verbesserung des Schallschutzes mit Kosten in Höhe von 3.000,00 Euro bis 4.000,00 Euro. Dieser Betrag erscheint, nachdem die Beklagten dargelegt haben, dass der Hühnerstall bereits schallisoliert sei, eher hoch gegriffen. Aber selbst wenn man diesen Betrag unterstellen wollte, ist die Aufwendung dieses Betrages für die Beklagten wirtschaftlich zumutbar.

Auch in Anbetracht der Tatsache, dass die Beklagten die Hähne nur hobbymäßig halten, ist die Investition eines Betrags von 3.000,00 Euro bis 4.000,00 Euro angemessen und kann von den Beklagten verlangt werden. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagten sich nach freier Entscheidung mittlerweile insgesamt drei Hähne – so die nicht angegriffenen tatbestandlichen Feststellungen aus dem erstinstanzlichen Urteil – und etliche Hennen angeschafft haben, erscheinen damit offensichtlich notwendig werdende Maßnahmen zur Lärmreduzierung für die betroffenen Nachbarn, die mit einem Kostenaufwand im niedrigen bis mittleren vierstelligen Bereich verbunden sind, in jedem Fall verhältnismäßig.

Auch in ländlich geprägten Gebieten kann nicht mit dem pauschalen Hinweis, dass die Tierhaltung lediglich hobbymäßig erfolge und dass damit Lärmschutzmaßnahmen, die über einem gedachten Liebhaberwert liegen würden, unverhältnismäßig seien, jeglicher Lärmschutz ausgehebelt werden. Auch in ländlichen Bezirken muss diesbezüglich eine sorgfältige Abwägung erfolgen: es ist somit das Interesse des Grundstückseigentümers an der möglichst umfassenden Nutzung seines Grundstücks gegen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die durch ein Grundstück, von dem Lärm herrührt, verursacht werden, abzuwägen. Bei der festgestellten Lautstärke und den gerade in den Morgenstunden deutlich zunehmenden, den Schlaf jeweils unterbrechenden Störungen der Nachtruhe – mit allen bekannten gesundheitlichen Nachteilen – misst die Kammer den gesundheitlichen Belangen des Klägers höhere Bedeutung als dem Wunsch der Beklagten, ihre lieberhabermäßig betriebene Hühnerzucht mit Hähnen ungestört auszuüben, zu. Hinzu kommt, dass im vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt der vom Grundstück der Beklagten ausgehende Lärm nicht nur als störend empfunden werden kann, sondern auch gegen eine Verwaltungsvorschrift (TA Lärm) verstößt. Hierbei handelt es sich um eine allgemeine Verwaltungsvorschrift, die dem Schutz u.a. der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche dient (Nr. 1 TA Lärm). Dies führt nach Auffassung der Kammer dazu, dass den Beklagten erhöhte Maßnahmen wirtschaftlich zumutbar sein müssen, als bei „lediglich“ störendem Nachtlärm, der aber noch innerhalb der durch den Gesetzgeber vorgesehenen Maximalwerten liegt. Die Kammer hält es daher im Hinblick auf die drohenden gesundheitlichen Risiken für den Kläger und seine Familie, für zumutbar, dass die Beklagten auch einen Betrag in Höhe von 3.000,00 Euro bis 4.000,00 Euro aufwenden, um die erforderliche Schallisolierung für den nächtlichen Aufenthalt der Hähne in dem Stall zu erzielen.

Soweit das Vorhandensein einer wirtschaftlich zumutbaren Abhilfemaßnahme vom Landgericht Koblenz (Urteil vom 19.11.2019 – 6 S 21/19, BeckRS 2019, 43894 Rn. 17) und vom Landgericht Kleve (Urteil vom 17.01.1989 – 6 S 311/88, BeckRS 1989, 112933) ohne substantielle Ausführungen und ohne Angabe der Kosten, die für die Nachrüstungsarbeiten erforderlich wären, abgelehnt worden ist, folgt die Kammer dem nicht, zumal dort jeweils gerade kein Verstoß gegen die TA Lärm festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt wurde. Es ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass der Kostenaufwand für die schallisolierende Nachrüstung des Stalls das Ende privater Kleintierhaltung zur Folge hätte, so das LG Mosbach.

2. November 2022

OVG Berlin-Brandenburg: Kein Abwehranspruch gegen E-Ladesäule!

Die mit dem bestimmungsgemäßen Gebrauch einer (am öffentlichen Straßenrand errichteten) E-Ladesäule typischerweise entstehenden Beeinträchtigungen sind grundsätzlich von den Straßenanliegern als zumutbare sozialadäquate, aus dem straßenrechtlichen Gemeingebrauch fließende Belastungen zu dulden.

Hierauf hat das OVG Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 11.10.2022, Az. 1 S 28/22 hingewiesen.

Zutreffend weise die Beschwerde zwar darauf hin, dass sich die zeitliche Beschränkung von 8 – 18 Uhr nur auf die angeordnete Parkbevorrechtigung für Elektrofahrzeuge bezieht, so das OVG. Daher ist auch außerhalb dieses Zeitraums, namentlich nachts, die Nutzung der Ladesäule möglich, solange kein anderes Nicht-Elektrofahrzeug dort parkt. Abgesehen davon, dass der Antragsteller sein Fahrzeug selbst in der Nachtzeit dort abstellen kann und nur – wie jeder andere Verkehrsteilnehmer auch – am Morgen um 8 Uhr zu entfernen hätte, hat der Antragsteller die mit dem bestimmungsgemäßen Betrieb typischerweise verbundenen Immissionen zu dulden. Die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch der Ladesäule typischerweise entstehenden Beeinträchtigungen durch An- und Abfahrten, Türen- und Kofferraumschlagen bzw. Ein- und Aussteigen sowie Stimmen von Fahrgästen u.ä. sind von ihm als zumutbare sozialadäquate, aus dem Gemeingebrauch fließende Belastungen, ggf. auch in der Nachtzeit, hinzunehmen (vgl. betreffend Bushaltestelle und Wartehäuschen OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Juni 2018 – OVG 1 S 9.18 -; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 9. Juli 2004 – 1 W 11/04 -). Dass die Rechtsordnung diese Belastungen als grundsätzlich zumutbar wertet, ergibt sich auch aus der Straßenverkehrsordnung, die das Parken an öffentlichen Straßen überall, d.h. auch in reinen Wohngebieten, als Gemeingebrauch erlaubt und lediglich die – hier nicht einschlägigen – Einschränkungen aus §§ 1 Abs. 2, 12 und 13 StVO vorsieht (Burmann/Heß/ Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 26. Aufl. 2020, § 12 Rn. 36). Dies gilt explizit auch für elektrisch betriebene Fahrzeuge, wie der Umkehrschluss aus § 13 Abs. 5 Satz 3 StVO i.V.m. § 12 Abs. 3a StVO ergibt, der nur für die dort genannten Fälle das Parken in reinen Wohngebieten ausschließt.

Dass der Antragsteller unzumutbaren gesundheitsgefährdenden Belastungen ausgesetzt ist, ist nicht ersichtlich und vom Antragsteller nach wie vor nicht substantiiert dargelegt. Zwar hat das Verwaltungsgericht Berlin in dem Urteil vom 31. März 2022 (VG 13 K 184/19 n.v.), auf das sich die Beschwerde beruft, festgestellt, dass Geräusche die durch das nächtliche Türen – und Kofferraumschlagen von Elektroautos ausgehen, in einem Hinterhof untypisch und unzumutbar sein können und deshalb gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verstoßen können (Urteil Seite 7 f.). Der dem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt ist mit dem vorliegenden jedoch nicht vergleichbar. Abgesehen davon, dass sich das Verwaltungsgericht in jenem Fall auf konkrete Messungen an den betroffenen Immissionsorten gestützt hat, geht es hier nicht um die Frage der „Rücksichtslosigkeit einer Baugenehmigung“ zur Errichtung von Stellplätzen für E-Fahrzeuge im Hinterhof von überwiegend zur Wohnung genutzten Gebäuden. Vielmehr geht es bei der in der Größe einem herkömmlichen Parkscheinautomaten entsprechenden Ladesäule um Straßenzubehör i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 3 BerlStrG, welches als öffentliche Verkehrsanlage keiner Baugenehmigungspflicht unterliegt, § 1 Abs. 1 Nr. 1 BauO Bln (vgl. VGH München, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 8 CE 18.1071 -). Das gewöhnliche Öffnen und Schließen von Türen und Kofferraum, das Ein- und Aussteigen sowie Stimmgeräusche und An- und Abfahrverkehr gehören indes zu den notwendigen, typischerweise mit dem Parkvorgang verbundenen und daher hinzunehmenden Emissionen.

Dass die von der Ladesäule ausgehenden Beeinträchtigungen über das typische Maß hinausgehen und gesundheitsgefährdend sind, hat auch die Beschwerde nicht dargetan. Zwar behauptet der Antragsteller mit seinem der Antragsschrift beigefügten Schriftsatz vom 23. Januar 2022 Gesundheitsschädigungen durch „massivste, permanente Schlafstörungen, infolge dessen auch Konzentrationsstörungen, die ebenso massiv sind, verbunden mit fortdauernden Herz- Kreislauf- und Verdauungsstörungen, Störungen des vegetativen Nervensystems und diverse weitere auf die Hoch-Verlärmung … zurückzuführende Störungen/Schädigungen.“ Diese sind jedoch weder glaubhaft gemacht (z.B. durch ärztliches Attest) noch drängen sie sich auf. Dies gilt auch angesichts des von der Beschwerde vorgelegten exemplarischen Protokolls des Antragstellers von der Nacht vom 21. Mai auf den 22. Mai 2022. Die dort beschriebenen Geräusche beschränken sich im Wesentlichen auf die gebrauchstypischen („Türenschlagen, Handy-Telefonat, Startergeräusch, Gespräche“). Soweit der Antragsteller weiter moniert, es sei zu Flaschenklirren, lautem Juchzen und zurückgelassenen Flaschen gekommen, sind dies Verhaltensweisen Dritter, gegen die er ein ordnungsbehördliches Einschreiten veranlassen kann, wenn tatsächlich ein ordnungswidriges Maß erreicht wird. Einen Anspruch auf absolute Stille in der Nachtzeit gibt es hingegen auch im reinen Wohngebiet nicht.

An substantiierten Darlegungen für eine ernstzunehmende Gesundheitsgefahr fehlt es bei summarischer Prüfung auch, soweit der Antragsteller eine Lichtverschmutzung oder Ladevibrationen geltend macht. Das vorgelegte Foto ist unbehelflich. Es lässt keinen Vergleich zur Helligkeit anderer Lichtquellen, z.B. Straßenlaternen, zu. Außerdem erscheint die abgelichtete, einem „Spot“ ähnliche punktuelle Lichtquelle dem Senat schon deshalb unrealistisch, weil das kleine Display für die Benutzer der Ladesäule nicht lesbar wäre. Weshalb sich der Antragsteller nicht durch Vorhänge oder Jalousien gegen den Lichteinfall schützen kann, hat er ebenfalls nicht dargelegt. Ebenso zweifelhaft erscheint dem Senat, dass sich durch „ein ständig wahrnehmbares Brummen, Surren und Vibrieren“ Gesundheitsgefahren für den Antragsteller ergeben sollen. Sollten durch einen Ladevorgang überhaupt Vibrationen verursacht werden, was nicht ansatzweise belegt ist, dürften diese kaum im Inneren des Hauses wahrnehmbar sein. Denn an den Unterstreifen, an dessen äußerem straßenseitigen Rand die Ladesäule steht, grenzen erst ein Gehweg von ca. 1,60 Meter Breite und dann – ausweislich der vorgelegten Lichtbilder – das um mehrere Meter vom abgezäunten Gehweg zurückversetzte Haus des Antragstellers an. Vor diesem Hintergrund hätte es substantiierter Ausführungen dazu bedurft, aus welchen – auch technischen – Gründen es zu den lediglich behaupteten Auswirkungen durch die Ladesäule kommen kann. Allein der pauschale Hinweis auf die übliche Konstruktionsweise eines in den 1960er Jahren errichteten Hauses genügt nicht.

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