Ihr-Recht-Blog

31. Mai 2022

BGH zur nachträglichen Reduzierung des Mieterhöhungsverlangens durch den Vermieter

Der Vermieter ist berechtigt, innerhalb eines Mieterhöhungsverfahrens nach §§ 558 ff. BGB sein formell ordnungsgemäßes vorprozessuales Erhöhungsverlangen (§ 558a BGB) nachträglich – etwa mit Erhebung der Zustimmungsklage – zu ermäßigen. Einer nochmaligen – den Lauf der in § 558b Abs. 1, 2 BGB geregelten Fristen von Neuem auslösenden – Erklärung und Begründung nach § 558a BGB bedarf es hierfür nicht, so der BGH aktuell mit Urteil vom 06.04.2022, Az. VIII ZR 219/20.

Der Mieter könne auch nicht den erstmals mit der Zustimmungsklage in ermäßigtem Umfang geltend gemachten Erhöhungsbetrag mit der für ihn günstigen Kostenfolge des § 93 ZPO sofort anerkennen, so der BGH weiter. Denn der Mieter, dem ein formell ordnungsgemäßes Erhöhungsverlangen zugegangen ist, gibt – gerade wegen der ihm nach § 558b Abs. 1 BGB eröffneten Möglichkeit zu einer teilweisen Zustimmung – auch dann Anlass zur Klageerhebung im Sinne von § 93 ZPO, wenn er diesem nicht bereits vorgerichtlich – innerhalb der gerade auch diesem Zweck dienenden Frist des § 558b Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 29. April 2020 – VIII ZR 355/18, NJW 2020,1947 Rn. 20) – in dem Umfang zustimmt, in dem es sachlich berechtigt ist.

Da der Mieter demnach zur Wahrung der eigenen (Kosten-)Interessen ohnehin gehalten ist, ein den Förmlichkeiten des § 558a BGB genügendes Erhöhungsverlangen daraufhin zu überprüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit es sachlich berechtigt ist, entstehen ihm kostenrechtlich auch keine unbilligen Nachteile dadurch, dass der Vermieter die vorprozessual begehrte Mieterhöhung im Zuge der Klageerhebung ermäßigen kann. Vielmehr trüge der Mieter das (Kosten-)Risiko der gerichtlichen Inanspruchnahme auf Zustimmung zu dem ermäßigten Erhöhungsbegehren in gleicher Weise, wenn der Vermieter dieses zunächst erneut erklären und begründen müsste.

25. Mai 2022

Immobilienrecht: Schadensersatz wegen Abbruchs von Vertragsanbahnungsgesprächen?

Die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, auch wenn sie in einzelnen Punkten bereits konkret werden, begründet noch keine Bindung. Dies gilt in besonderem Maße für Verträge, die – wie hier der Grundstückskaufvertrag – formpflichtig sind.

Hierauf hat das LG Schwerin mit Urteil vom 18.02.2022, Az. 3 O 30/21 abgestellt.

Bei formbedürftigen Verträgen besteht zur Vermeidung eines auch nur mittelbaren Abschlusszwangs ein Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis deshalb nur, wenn ein schwerer, in der Regel vorsätzlicher Verstoß gegen die Pflichten zum redlichen Verhalten vorliegt. Dagegen ist die Möglichkeit des Verkaufs an einen Dritten, der bereit ist, das gesamte Grundstück – und nicht nur einen Teil – zu erwerben, ein hinreichend sachlicher Grund, sich für diesen Käufer und gegen den ursprünglichen Käufer zu entscheiden, so das LG Schwerin weiter.

17. Mai 2022

Anspruch auf Verwalter auch in 2er-WEG?

Ein Anspruch auf einen Verwalter besteht auch in einer verwalterlosen Zwei-Personen-WEG und kann ggf. auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Für eine Verwalterbestellung durch das Gericht muss der Antragsteller dem Gericht aber übernahmebereite Verwalter benennen, so das LG Frankfurt mit Beschluss vom 10.05.2022, Az. 2-13 T 26/22.

Soweit dies dem Antragsteller in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt nicht möglich war, weil – wie er ausführlich dargelegt hat – alle von ihm angefragten Verwalter (nachvollziehbar) zur Übernahme der Verwaltung in dieser Kleinstgemeinschaft, bei welcher ein Eigentümer eine Fremdverwaltung kategorisch ablehnt, nicht bereit waren, kann auch das Gericht keinen Verwalter zur Übernahme zwingen (Kammer ZWE 2020, 56 Rn. 10; LG Hamburg ZMR 2016, 724). Es ist auch nicht Aufgabe der Gerichte hier an Stelle der Eigentümer Ermittlungen zu betreiben, ob es einen übernahmebereiten Verwalter gibt, so das LG.

9. Mai 2022

BGH zur Rückzahlung von Beiträgen während der coronabedingten Schließung eines Fitnessstudios

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 04. Mai 2022, Az. XII ZR 64/21 entschieden, dass ein Kunde eines Fitnessstudios gemäß §§ 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 346 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der für den Zeitraum der Schließung entrichteten – im Lastschriftverfahrenen eingezogenen – Monatsbeiträge hat. Diesem Rückzahlungsanspruch des Kunden kann der Betreiber nicht entgegenhalten, der Vertrag sei wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB dahingehend anzupassen, dass sich die vereinbarte Vertragslaufzeit um die Zeit, in der das Fitnessstudio geschlossen werden musste, verlängert wird.

Zwar werde eine solche Vertragsanpassung in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung teilweise vertreten, so der BGH. Diese Auffassung verkennt jedoch das Konkurrenzverhältnis zwischen § 275 Abs. 1 BGB und § 313 BGB. Eine Anpassung vertraglicher Verpflichtungen an die tatsächlichen Umstände kommt grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn das Gesetz in den Vorschriften über die Unmöglichkeit der Leistung die Folge der Vertragsstörung bestimmt. Daher scheidet eine Anwendung des § 313 BGB aus, soweit – wie im vorliegenden Fall – der Tatbestand des § 275 Abs. 1 BGB erfüllt ist.

Ein Anspruch der Beklagten auf die begehrte Vertragsanpassung scheidet auch deshalb aus, weil mit Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB eine speziellere Vorschrift besteht, die im vorliegenden Fall einem Rückgriff auf die allgemeinen Grundsätze zur Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage entgegensteht.

Grundsätzlich ist eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB nicht möglich, wenn der Gesetzgeber das Risiko einer Geschäftsgrundlagenstörung erkannt und zur Lösung der Problematik eine spezielle gesetzliche Vorschrift geschaffen hat. Bei der durch Art. 1 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsrecht und im Recht der Europäischen Gesellschaft (SE) und der Europäischen Genossenschaft (SCE) vom 15. Mai 2020 mit Wirkung vom 20. Mai 2020 (BGBl. I S. 948) eingeführten Vorschrift des Art. 240 § 5 EGBGB handelt es sich um eine solche spezialgesetzliche Regelung, die in ihrem Anwendungsbereich dem § 313 BGB vorgeht.

Zur Zeit der Schaffung dieser Vorschrift mussten aufgrund der umfangreichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Veranstaltungsverbote und Kontaktbeschränkungen eine Vielzahl von Veranstaltungen abgesagt und Freizeiteinrichtungen vorübergehend geschlossen werden. Daher konnten vielfach bereits erworbene Eintrittskarten nicht eingelöst werden. Ebenso konnten Inhaber einer zeitlichen Nutzungsberechtigung für eine Freizeiteinrichtung diese für eine gewisse Zeit nicht nutzen. Der Gesetzgeber befürchtete, dass die rechtliche Verpflichtung der Veranstalter oder Betreiber, bereits erhaltene Eintrittspreise oder Nutzungsentgelte zurückerstatten zu müssen, bei diesen zu einem erheblichen Liquiditätsabfluss führen würde, der für viele Unternehmen im Veranstaltungsbereich eine existenzbedrohende Situation zur Folge haben könnte. Zudem sah der Gesetzgeber die Gefahr, dass Insolvenzen von Veranstaltungsbetrieben auch nachteilige Folgen für die Gesamtwirtschaft und das kulturelle Angebot in Deutschland haben könnten.

Um diese unerwünschten Folgen nach Möglichkeit zu verhindern, wollte der Gesetzgeber mit Art. 240 § 5 EGBGB für Veranstaltungsverträge, die vor dem 8. März 2020 abgeschlossen wurden, eine Regelung schaffen, die die Veranstalter von Freizeitveranstaltungen vorübergehend dazu berechtigt, den Inhabern von Eintrittskarten statt der Erstattung des Eintrittspreises einen Gutschein in Höhe des Eintrittspreises auszustellen (Art. 240 § 5 Abs. 1 EGBGB), sofern die Veranstaltung aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte. Durch Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB wurde dem Betreiber einer Freizeiteinrichtung ebenfalls das Recht eingeräumt, dem Nutzungsberechtigten einen Gutschein zu übergeben, der dem Wert des nicht nutzbaren Teils der Berechtigung entspricht.

4. Mai 2022

OLG Köln zur Abdichtung eines Fertighauses

Eine Abdichtung der Außenwände eines Hauses gegen Bodenfeuchte und nicht-stauendes Sickerwasser ist mangelhaft, wenn aufgrund der gegebenen Bodenverhältnisse mit drückendem Wasser gerechnet werden muss. Das gilt auch dann, wenn nach der von einem Fertig- bzw. Massivhausanbieter aufgestellten Leistungsbeschreibung eine weitergehende Abdichtung nicht vorgesehen und der Einbau einer eventuell erforderlichen Drainage Bauherrenleistung ist.

Das OLG Köln hat mit seinem Urteil vom 02.03.2022, Az. 11 U 44/21 der regelmäßig versuchten Freizeichnung der Massivhausanbieter für die entsprechend erforderlichen Maßnahmen somit eine klare Absage erteilt.

Der Fertig- bzw. Massivhausanbieter wird in diesem Fall nur dann von seiner Gewährleistung frei, wenn er den Besteller nach Klärung der örtlichen Bodenverhältnisse unmissverständlich auf das Erfordernis einer Drainage für das konkrete Bauvorhaben und die Risiken einer nicht den Anforderungen entsprechenden Abdichtung hinweist. Der allgemeine Hinweis in einem mehrseitigen Nachtrag zur Bau- und Leistungsbeschreibung, dass die standardmäßige Abdichtung dem Lastfall „nicht stauendes Sickerwasser“ entspricht, ohne Einbau der Drainage überwiegend der Lastfall „aufstauendes Sickerwasser“ auftritt und der Einbau einer Drainage nach DIN 4109 in Bauherreneigenleistung dringend erforderlich ist, genügt nicht.

Hat allerdings nach dem Vertrag über die Erstellung eines Fertig- bzw. Massivhauses der Besteller ein Bodengutachten beizubringen, muss er sich gem. §§ 254, 278 BGB eventuelle Fehler des Bodengutachtens (falsche bzw. widersprüchliche Bewertung des Lastfalls) als Mitverschulden anrechnen lassen, so das OLG.

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