Ihr-Recht-Blog

30. August 2012

BGH: Überraschende Entgeltklausel für Eintrag in Internet-Branchenverzeichnis unwirksam!

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Der Bundesgerichtshof hat mit  nunmehr veröffentlichtem Urteil vom 26.07.2012, Az. VII ZR 262/11 eine Entscheidung zu der Frage getroffen, ob eine Entgeltklausel in einem Antragsformular für einen Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet nach dem Erscheinungsbild des Formulars überraschenden Charakter hat und deshalb nicht Vertragsbestandteil wird.

Im entschiedenen Fall unterhält die Klägerin ein Branchenverzeichnis im Internet. Sie übersendet Gewerbetreibenden ein Formular, welches sie als "Eintragungsantrag Gewerbedatenbank…" bezeichnet.

In der linken Spalte der Formulares befinden sich mehrere Zeilen für Unternehmensdaten. Nach einer Unterschriftszeile, deren Beginn mit einem fettgedruckten "X" hervorgehoben ist, heißt es in vergrößerter Schrift: "Rücksendung umgehend erbeten" und (unterstrichen) "zentrales Fax". Es folgt die fett und vergrößert wiedergegebene Faxnummer der Klägerin.

Die rechte Seite des Formulars besteht aus einer umrahmten Längsspalte mit der Überschrift "Hinweise zum Ersteintragungsantrag, Leistungsbeschreibung sowie Vertragsbedingungen, Vergütungshinweis sowie Hinweis nach § 33 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz)". In dem sich anschließenden mehrzeiligen Fließtext ist unter anderem folgender Satz enthalten: "…Vertragslaufzeit zwei Jahre, die Kosten betragen 650 Euro netto pro Jahr…."

Der Geschäftsführer der Beklagten füllte das ihm unaufgefordert zugesandte Formular aus und sandte es zurück. Die Klägerin trug die Beklagte in das Verzeichnis ein und stellte dafür 773,50 € brutto in Rechnung. Die auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.

Der BGH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Mit Rücksicht darauf, dass Grundeinträge in ein Branchenverzeichnis im Internet in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten werden, wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil. Im vorliegenden Fall machte bereits die Bezeichnung des Formulars als "Eintragungsantrag Gewerbedatenbank" nach Ansicht des BGH nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handele. Die Aufmerksamkeit auch des gewerblichen Adressaten wurde durch Hervorhebung im Fettdruck und Formulargestaltung zudem auf die linke Spalte gelenkt. Die in der rechten Längsspalte mitgeteilte Entgeltpflicht war, so der BGH, demgegenüber drucktechnisch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den durchschnittlich aufmerksamen gewerblichen Adressaten nicht zu erwarten war.

27. August 2012

BGH: Kein Anwaltszwang für Beitritt des Streitverkündeten im selbstständigen Beweisverfahren!

Die Beitrittserklärung eines Nebenintervenienten in einem beim Landgericht anhängigen selbständigen Beweisverfahren unterliegt nicht dem Anwaltszwang. Dies hat der BGH mit Beschluss vom 12.07.2012, Az. VII ZB 9/12 entschieden.

Der BGH lehnt insoweit zwar eine Anwendbarkeit des § 486 IV ZPO, auch analog, ab. Diese Vorschrift, so der BG, regele lediglich die Antragstellung.

Die Parteien müssen sich in einem selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht grundsätzlich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, es sei denn, § 486 Abs. 4 ZPO erlaubt in Verbindung mit § 78 Abs. 3 ZPO hiervon eine Ausnahme. Denn das selbständige Beweisverfahren nach §§ 485 ff. ZPO ist ein Prozess im Sinne der amtlichen Überschrift "Anwaltsprozess" des § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO; Antragsteller und Antragsgegner sind Parteien im Sinne dieser Vorschrift. Wie der Senat bereits entschieden hat, handelt es sich bei dem selbständigen Beweisverfahren in der Regel um ein kontradiktorisches Verfahren zwischen Antragsteller und Antragsgegner (BGH, Urteile vom 5. Dezember 1996 – VII ZR 108/95, BGHZ 134, 190 und vom 27. Januar 2011 – VII ZR 186/09, BGHZ 188, 128 Rn. 38 f.), das auch durch seine Stellung in Buch 2, Abschnitt 1 der ZPO den Verfahren vor den Landgerichten zugerechnet wird.

Allerdings, so der BGH, sei ein Nebenintervenient jedoch nicht uneingeschränkt wie eine "Partei" im Sinne des § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu behandeln. Ein Nebenintervenient werde durch einen Beitritt formell nicht zur Partei eines Rechtsstreits. Er ist gegenüber den Parteien insoweit untergeordneter Beteiligter, als er Prozesshandlungen nur wirksam vornehmen kann, soweit diese nicht mit den Erklärungen der unterstützten Hauptpartei in Widerspruch stehen, § 67 ZPO. Im Unterschied zu einem streitigen Verfahren vor dem Landgericht sei das selbständige Beweisverfahren dagegen so angelegt, dass es insgesamt typischerweise auch ohne Anwalt durchgeführt werden kann. Für den Antragsteller gilt § 486 Abs. 4 ZPO. Der Antragsgegner muss sich, ohne einen unmittelbaren Rechtsnachteil befürchten zu müssen, nicht aktiv an dem Verfahren beteiligen. Durchführung und Beendigung eines solchen Verfahrens bedürfen keiner weiteren Handlungen der Beteiligten. Eine Vielzahl von selbständigen Beweisverfahren wird in dieser Form, insbesondere auch ohne eine mündliche Verhandlung, durchgeführt und zum Abschluss gebracht. Müsste sich der Streithelfer für die schlichte passive Teilnahme an dem Verfahren, an dem er ein schutzwürdiges Interesse hat, der Hilfe eines Rechtsanwalts bedienen, würden an ihn als untergeordneten Beteiligten daher strengere Anforderungen gestellt als an die Parteien. Dafür gebe es keine Rechtfertigung. Deshalb bedürfe ein Nebenintervenient für seine bloße Beteiligung an einem selbständigen Beweisverfahren, die durch die Erklärung des Beitritts auf der Seite einer der Parteien herbeigeführt wird, keines Rechtsanwalts. Er erhält auf diese Weise ebenso wie die von ihm unterstützte Partei die Möglichkeit, das Verfahren zu beobachten, damit er bei Bedarf reagieren könne, so der BGH.

21. August 2012

Revisionsrücknahme – Urteil zur Unzulässigkeit von Kreditbearbeitungsgebühren rechtskräftig!

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Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat den in dem Verfahren XI ZR 452/11 für den 11. September 2012 angekündigten Verhandlungstermin zur Frage der Wirksamkeit einer Entgeltklausel über eine "Bearbeitungsgebühr" bei Darlehen aufgehoben, weil die beklagte Sparkasse ihre Revision zurückgenommen hat. Damit ist das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Dresden in dem Verfahren 8 U 562/11, wonach die streitgegenständliche Klausel – "…Bearbeitungsgebühr (vom ursprünglichen Kreditbetrag) 2 %" – unwirksam ist, rechtskräftig.

Mittlerweile haben neun Oberlandesgerichte entschieden, daß die Berechnung einer solchen Kreditbearbeitungsgebühr unzulässig ist, da die Kreditbearbeitung keine Leistung für den Kunden darstellt, sondern im eigenen Interesse der Bank erfolgt ( OLG Bamberg vom 04.08.2010 (3 U 78/10); OLG Dresden vom 02.12.2010 (8 U 1461/10); OLG Zweibrücken vom 21.02.2011 (4 U 174/10); OLG Düsseldorf vom 24.02.2011 (I-6 U 162/10); OLG Hamm vom 11.04.2011 (31 U 192/10); OLG Karlsruhe vom 03.05.2011 (17 U 102/10); OLG Frankfurt/Main vom 27.07.2011 (17 U 59/11); OLG Dresden vom 29.09.2011 (8 U 562/11); OLG Celle vom 13.10.2011 (3 W 86/11) ).

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