Ihr-Recht-Blog

24. Juli 2015

BGH: Zum Schadensersatzanspruch bei Transport von Kindern zu Sportveranstaltungen!

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 23. Juli 2015, Az. III ZR 346/14 entschieden, dass es sich, wenn minderjährige Mitglieder eines Amateursportvereins von ihren Familienangehörigen oder Angehörigen anderer Vereinsmitglieder zu Sportveranstaltungen gefahren werden, grundsätzlich – auch im Verhältnis zum Sportverein – um eine reine Gefälligkeit handelt, die sich im außerrechtlichen Bereich abspielt, sodass Aufwendungsersatzansprüche gegen den Verein ausscheiden.

In dem seitens des BGH entschiedenen Fall war die Klägerin, die ihre minderjährige Enkelin zu eine Sportveranstaltung (Fußballhallenmeisterschaft) bringen wollte,  mit ihrem PKW auf der Fahrt verunfallt und hatte sich dabei erhebliche Verletzungen zugezogen. Die A. Versicherungs-AG, bei der der beklagte Verein eine Sportversicherung unterhält, lehnte die bei ihr angemeldeten Ansprüche der Klägerin ab. Nach den Versicherungsbedingungen würden nur Vereinsmitglieder und zur Durchführung versicherter Veranstaltungen "offiziell eingesetzte" Helfer Versicherungsschutz genießen; zu diesem Personenkreis gehöre die Klägerin jedoch nicht. Die Klägerin hat daraufhin den Verein auf Ersatz ihres materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Stade, Urteil vom 11. Dezember 2013, Az. 2 O 304/12) . Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten – unter Zurückweisung der Berufung bezüglich des begehrten Schmerzensgeldes – zur Zahlung von 2.811,63 € nebst Zinsen verurteilt (Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 16. Oktober 2014, Az. 5 U 16/14) .

Der Bundesgerichtshof hat auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten das Urteil des Oberlandesgerichts, soweit zum Nachteil des beklagten Vereins erkannt worden ist, aufgehoben und das klagabweisende landgerichtliche Urteil bestätigt.

Nach Ansicht des BGH handelt es sich, wenn minderjährige Mitglieder eines Amateursportvereins von ihren Familienangehörigen oder Angehörigen anderer Vereinsmitglieder zu Sportveranstaltungen gefahren werden, grundsätzlich – auch im Verhältnis zum Sportverein – um eine reine Gefälligkeit, die sich im außerrechtlichen Bereich abspielt. Solange keine gegenteiligen Absprachen getroffen werden, scheiden damit Aufwendungsersatzansprüche aus.

23. Juli 2015

BGH: Konkreter Nachweis des Umfangs der Mängelbeseitigungsarbeiten!

Verlangt der Auftraggeber Ersatz der von ihm aufgewendeten Mängelbeseitigungskosten, so hat er darzulegen, dass die durchgeführten Maßnahmen der Mängelbeseitigung dienten. Es besteht keine Vermutung, dass stets sämtliche von einem Drittunternehmer im Zuge einer Mängelbeseitigungsmaßnahme durchgeführten Arbeiten ausschließlich der Mängelbeseitigung dienen. Ein im Verhältnis zum Auftragnehmer schützenswertes Vertrauen des Auftraggebers, der Drittunternehmer werde nur Arbeiten zur Mängelbeseitigung durchführen, besteht nicht (BGH, Urteil vom 25.06.2015, Az. VII ZR 220/14).

Der BGH hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass dem Auftraggeber nach § 13 Nr. 7 VOB/B (1990) diejenigen Kosten zu erstatten sind, die für die Mängelbeseitigung erforderlich gewesen sind. Für die Bewertung der Erforderlichkeit ist auf den Aufwand und die damit verbundenen Kosten abzustellen, welche der Auftraggeber im Zeitpunkt der Mängelbeseitigung als vernünftiger, wirtschaftlich denkender Auftraggeber aufgrund sachkundiger Beratung oder Feststellung aufwenden konnte und musste, wobei es sich um eine vertretbare Maßnahme der Schadensbeseitigung handeln muss. Ob die von einem Drittunternehmer verlangten Preise als erforderliche Aufwendungen erstattungsfähig sind, hänge vom Einzelfall ab. Der Auftraggeber darf nicht beliebig Kosten produzieren. Die Kosten sind überhöht, wenn eine preiswertere Sanierung, die den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführt, erkennbar möglich und zumutbar war. Bei der Würdigung, welche Maßnahme zu welchen Preisen möglich und zumutbar war, ist zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber nicht gehalten ist, im Interesse des säumigen und nachbesserungsunwilligen Auftragnehmers besondere Anstrengungen zu unternehmen, um den preisgünstigsten Drittunternehmer zu finden. Er darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Preis des von ihm beauftragten Drittunternehmers angemessen ist. Einen überhöhten Preis kann er auch dann akzeptieren, wenn ihm keine andere Wahl bleibt, etwa weil die Sache dringend ist. Hat der Auftraggeber sich sachverständig beraten lassen, so kann er Ersatz seiner Aufwendungen auch dann verlangen, wenn sich später herausstellt, dass die von ihm durchgeführte Sanierung zu aufwändig war und eine preiswertere Möglichkeit bestand (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2013 – VII ZR 119/10, BauR 2013, 1129 Rn. 9 m.w.N.).

21. Juli 2015

BGH: Zur Verschattung eines Grundstücks durch Bäume des Nachbarn

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Der Bundesgerichtshof hat sich mit Urteil vom 10.07.2015, Az. V ZR 229/14 mit der Frage befasst, ob ein Grundstückseigentümer von seinem Nachbarn die Beseitigung von Bäumen wegen der von diesen verursachten Verschattung verlangen kann.

In dem seitens des BGH entschiedenen Fall sind die Kläger sind seit 1990 Bewohner und seit 1994 Eigentümer eines in Nordrhein-Westfalen belegenen Grundstücks, das mit einem nach Süden ausgerichteten Reihenhausbungalow bebaut ist. Ihr 10 mal 10 m großer Garten grenzt an eine öffentliche Grünanlage der beklagten Stadt. Dort stehen in einem Abstand von 9 bzw. 10,30 m von der Grenze zwei ca. 25 m hohe, gesunde Eschen. Die Kläger verlangen die Beseitigung dieser Bäume mit der Begründung, ihr Garten werde vollständig verschattet. Er eigne sich infolgedessen weder zur Erholung noch zur Hege und Pflege der von ihnen angelegten anspruchsvollen Bonsai-Kulturen. Das Wachstum der Bäume sei für sie bei Erwerb des Hauses nicht vorhersehbar gewesen. Derartig hoch wachsende Laubbäume seien mit einer konzeptionell nach Süden ausgerichteten Bungalow-Siedlung unvereinbar. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Bielefeld, Urteil vom 26. November 2013, Az. 1 O 307/12) . Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen (OLG Hamm,  Urteil vom 1. September 2014, Az. I-5 U 229/13).

Der BGH hat die Revision der Kläger zurückgewiesen. Ein Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB setze voraus, dass das Eigentum der Kläger beeinträchtigt wird. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Eine Benutzung des Grundstücks in dessen räumlichen Grenzen – hier durch die auf dem Grundstück der Beklagten wachsenden Bäume – ist im Zweifel von dem Eigentumsrecht des Nachbarn gedeckt. Zwar können nach dem in § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB enthaltenen Maßstab bestimmte Einwirkungen auf das benachbarte Grundstück durch den Nachbarn abgewehrt werden. Dazu zählt aber nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, die bereits das Reichsgericht begründet hat, der Entzug von Luft und Licht als sogenannte "negative" Einwirkung nicht. Dies hat der Senat im Hinblick auf Anpflanzungen damit erneut bestätigt.

Ein aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis hergeleiteter Beseitigungsanspruch komme mit Rücksicht auf die nachbarrechtlichen Sonderregelungen nur in Ausnahmefällen in Betracht. Er setzt voraus, dass die Kläger wegen der Höhe der Bäume ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden Nachteilen ausgesetzt werden. Daran fehle es im vorliegenden Fall, selbst wenn insoweit – was der Senat offengelassen hat – nicht auf die Verschattung des gesamten Grundstücks, sondern nur auf die der Gartenfläche abzustellen wäre.

Die Verschattung sei Ausdruck der Situationsgebundenheit des klägerischen Grundstücks, das am Rande einer öffentlichen Grünanlage belegen ist, so der BGH.

9. Juli 2015

BGH: Keine Verjährungshemmung bei Falschangaben im Mahnbescheidsantrag!

Auf die Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheids kann sich nicht berufen, wer im Mahnverfahren bewusst falsche Angaben macht. Hierauf hat der BGH mit Urteil vom 23. Juni 2015, Az. XI ZR 536/14 hingewiesen.

Der Kläger des Ausgangsverfahrens erwarb im Jahr 1992 Wohnungseigentum. Den Kaufpreis finanzierte er über Darlehen der Beklagten. Spätestens im Jahr 2005 erfuhr der Kläger von möglichen Ansprüchen gegen die Beklagte aus dem Gesichtspunkt einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung. Er hat daraufhin am 30. Dezember 2008 durch seinen vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gestellt, mit dem er in der Hauptsache Zahlung von "großem" Schadensersatz geltend gemacht hat. In dem Antrag auf Erlass des Mahnbescheids hat er erklärt, dass der Anspruch von einer Gegenleistung nicht abhänge, obwohl der für ihn handelnde Prozessbevollmächtigte wusste, dass die Beklagte "großen" Schadensersatz nur Zug um Zug gegen Übertragung des Wohnungseigentums schuldete. Der antragsgemäß erlassene Mahnbescheid ist der Beklagten im Januar 2009 zugestellt worden. Nach Widerspruch der Beklagten und Abgabe an das Landgericht hat der Kläger seinen Anspruch unter dem 6. Mai 2010 begründet.

Die Klage auf Leistung von "großem" Schadensersatz, der die Beklagte die Einrede der Verjährung entgegengehalten hat, ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben ( LG Freiburg, Urteil vom 5. Oktober 2012, Az. 5 O 15/11 sowie OLG Karlsruhe, Urteil vom 10. Dezember 2014, Az.13 U 203/12)

Die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Klägers hatte ebenfalls keinen Erfolg.

Nach § 688 Abs. 2 Nr. 2 ZPO* findet das Mahnverfahren nicht statt, wenn die Geltendmachung des Anspruchs von einer noch nicht erbrachten Gegenleistung abhängt. Wer den Erlass eines Mahnbescheids beantragt, muss nach § 690 Abs. 1 Nr. 4 ZPO erklären, dass der Anspruch nicht von einer Gegenleistung abhängt oder dass die Gegenleistung erbracht ist. Gibt der Antragsteller im Mahnverfahren in Kenntnis der Rechtslage bewusst eine sachlich unrichtige Erklärung ab, weil er "großen" Schadensersatz nur Zug um Zug gegen einen im Zusammenhang mit der Schädigung erlangten Vorteil – hier die Eigentumswohnung – verlangen kann, im Antrag aber behauptet, der Anspruch sei von einer Gegenleistung nicht abhängig, wird die Verjährung zwar nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt. Die Geltendmachung des "großen" Schadensersatzes stellt in diesem Fall aber einen Missbrauch des Mahnverfahrens dar. Dieser Missbrauch verwehrt es dem Antragsteller nach § 242 BGB grundsätzlich, sich auf die Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheids zu berufen. Unter diesen Umständen ist es ihm im Regelfall auch versagt, sich wenigstens auf eine Hemmung der Verjährung in Höhe des "kleinen" Schadensersatzes zu berufen. Deshalb musste sich auch der Kläger, nachdem die Verjährungsfrist ohne Zustellung des Mahnbescheids abgelaufen wäre, so behandeln lassen, als sei sein Anspruch verjährt, so der BGH.

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