Ihr-Recht-Blog

16. April 2024

Zur Berechnung des Schadenersatzes wegen unrechtmäßigem Einkürzen von Bäumen auf Nachbargrundstück

Das OLG Frankfurt hat sich mit Urteil vom 06.02.2024, Az. 9 U 35/23 mit der Frage befasst, wie der Schadenersatz wegen unrechtmäßigem Einkürzen von Bäumen auf Nachbargrundstück zu berechnen ist.

Nach Ansicht des OLG Frankfurt ist bei der Zerstörung eines Baumes in der Regel keine Naturalrestitution zu leisten, vielmehr ist der Anspruch des Geschädigten auf eine Teilwiederherstellung durch Anpflanzung eines jungen Baumes und darüber hinaus ein Ausgleich für eine etwa verbleibende Werteinbuße des Grundstücks zu leisten.

Hinsichtlich der sogenannten Ausgangsgröße, also der Größe des neu anzupflanzenden Baumes, hat das OLG Frankfurt u. a. auf die Entscheidung des Oberlandesgericht Brandenburg verwiesen, welches wegen der im Jahr 2012 erfolgten Beschädigung mehrerer im den 1930er Jahren gepflanzten Lindenbäume auf Basis eines Sachverständigengutachtens ausgeführt hat, dass von einer größeren Ausgangsgröße auszugehen sei, wenn der Baum eine hohe Funktion habe (Schatten, Gestaltung, Repräsentation, Sichtschutz, Kleinklima, Tierwelt usw.), so dass im dort entschiedenen Fall die Neupflanzung mit einer Ausgangsgröße von 25-30 cm Stammumfang und einer Herstellungszeit von 25 Jahren berechnet wurde (OLG Brandenburg, Urteil vom 8.2.2018 – 5 U 109/16). Das OLG Düsseldorf hat wegen des unberechtigten Fällens von 16 Fichten, deren Zweck sich im Sichtschutz erschöpfte, eine Neupflanzung von neun, jeweils vier Meter hohen Fichten (die damit genauso hoch waren, wie die zuvor gefällten) für angemessen erachtet (OLG Düsseldorf, Urteil vom 5.8.2009 – I 15 U 100/08). Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass wegen der Beschädigung eines 40 Jahre alten Walnussbaums Wertersatz in Höhe von 7.671 Euro geschuldet wird (OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.1.2023 – 12 U 92/22, a.a.O. Rn 70).

Wird ein Baum zerstört oder beschädigt, ist nicht auf den beschädigten Baum als solchen, sondern auf die mit der Beschädigung eines Baumes erfolgte Beschädigung des Grundstückes abzustellen, dessen wesentlicher Bestandteil der darauf befindliche Bewuchs ist, § 94 BGB. Insoweit entspricht es der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Instanzgerichte, dass bei einer – als Sachbeschädigung des Grundstücks zu behandelnden – Zerstörung eines Baumes in der Regel keine Naturalrestitution zu leisten ist, weil eine Ersatzbeschaffung in Form einer Verpflanzung eines ausgewachsenen Baumes mit besonders hohen, in aller Regel unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist (BGH, Urteil vom 13.5.1975 – VI ZR 85/74, VersR 1975, 1047 unter II.1.b.; BGH, Urteil vom 25.1.2013 – V ZR 222/12, BGHZ 196, 111 Rn 5; OLG Frankfurt, Beschluss vom 5.2.2014 – 13 U 2/12; OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.7.2003 – I-7 U 12/03, VersR 2005, 1445 ff.; OLG Celle, Urteil vom 9.12.1982 – 5 U 69/82, VersR 1984, 69 ff.; OLG München, Urteil vom 26.11.2020 – 29 U 2518/20; OLG Düsseldorf, Urteil vom 5.8.2009 – I-15 U 100/08).

Der Schadensersatz des Geschädigten richtet sich in diesen Fällen vielmehr in der Regel auf eine Teilwiederherstellung durch Anpflanzung eines neuen jungen Baums und darüber hinaus einen Ausgleich gemäß § 251 Abs. 2 BGB für die verbleibende Werteinbuße des Grundstücks. Diese Werteinbuße ist nach ebenfalls inzwischen gefestigter einhelliger Rechtsprechung gemäß § 287 ZPO durch den Tatrichter zu schätzen, wobei regelmäßig auf die sogenannte Bewertungsmethode von Koch zurückzugreifen ist (BGH, Urteil vom 25.1.2013 – V ZR 222/12, BGHZ 196, 111 Rn 7; OLG Frankfurt, Beschluss vom 5.2.2014 – 13 U 2/12; OLG Koblenz, Urteil vom 13.6.1997; OLG Celle, Urteil vom 9.12.1982 – 5 U 69/62, a.a.O.; vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 31.1.2005 – 12 U 256/01; OLG Brandenburg, Urteil vom 8.2.2018 – 5 U 109/16; OLG Düsseldorf, Urteil vom 5.8.2009 – I-15 U 100/08; OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.1.2023 – 12 U 92/22; OLG Hamm, Urteil vom 18.2.2002 – 5 U 120/01, NuR 2005, 276 f.). Hiernach wird der Wertverlust bestimmt, in dem die für die Herstellung des geschädigten Gehölzes bis zu seiner Funktionserfüllung erforderlichen Anschaffungs-, Pflanzungs- und Pflegekosten sowie das Anwachsrisiko berechnet und kapitalisiert werden; der danach errechnete Wert wird gegebenenfalls mit Blick auf eine Alterswertminderung, Vorschäden und sonstige wertbeeinflussende Umstände bereinigt (BGH, Urteil vom 25.1.2013 – V ZR 222/12 a.a.O.; m.w.N.; vgl. BGH, Urteil vom 27.9.1990 – III ZR 97/89, WM 1991, 155 ff., Rn 18).

    Die vollen Wiederbeschaffungskosten können hingegen nur zugebilligt werden, wenn Art, Standort und Funktion des Baumes für einen wirtschaftlich vernünftig denkenden Menschen den Ersatz durch einen gleichartigen Baum wenigstens nahelegen würden (BGH, Urteil vom 13.5.1985 – VI UR 85/74, NJW 1975, 2061, 2063; OLG Koblenz, Urteil vom 13.6.1997, a.a.O.; OLG München, Urteil vom 26.11.2020 – 29 U 2518/20). Maßgeblich ist damit die Überlegung, wie eine Gehölzwiederherstellung unter Berücksichtigung der Funktion des Baumes für das Grundstück erfolgt, wenn kein anderer dafür bezahlt (Koch, VersR 1984, 69 f [Anmerkung zu OLG Celle, Urteil vom 9.12.1982]). Ist etwa das einheitliche geschlossene Bild einer Bepflanzung mit (gleich großen) Bäumen einer Allee für den Grundstückswert von prägender Bedeutung, kann eine Nachpflanzung gleich großer Bäume in Betracht kommen (Koch, a.a.O. entgegen OLG Celle, a.a.O.). Auch bei einem Baum in einem botanischen Garten kann aufgrund seiner Funktion und seines Standorts eine Neupflanzung in Betracht kommen (OLG München, Urteil vom 26.11.2020 – 29 U 2518/20, a.a.O). Liegen die Voraussetzungen für eine Naturalrestitution unter Anwendung dieser Grundsätze nicht vor, schuldet der Schädiger „nur“ Wertersatz und die Kosten für eine Teilwiederherstellung. Fehlt es trotz der Zerstörung oder Beschädigung eines Baumes an einer bezifferbaren Wertminderung des Grundstückes, etwa weil der Baum sich zwischenzeitlich wieder erholt (OLG Frankfurt, Urteil vom 31.1.2005 – 12 U 256/01, a.a.O. Rn 40 ff.) oder die Neupflanzung eines jungen Baumes die Funktion des zerstörten übernommen hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 5.8.2009 – I-15 U 100/08 a.a.O. Rn 50 [Sichtschutzfunktion]), so besteht kein Anspruch auf Wertersatz; der reine Liebhaberwert oder eine Art „Schmerzensgeld“ sind in diesem Fall nicht ersatzfähig (OLG Frankfurt, Urteil vom 31.1.2005 – 12 U 256/01, a.a.O.).

    4. Dezember 2023

    BGH: Insolvenz: Keine Aufrechnung nach Kündigung mit Forderung aus anderem Bauvorhaben!

    Der BGH hat mit Urteil vom 19.10.2023, Az. IX ZR 249/22 entschieden, daß in dem Falle, in dem eine vom Besteller ausgesprochene Kündigung eines Bauvertrags aus wichtigem Grund dazu führt, dass sich die Forderung des Schuldners auf Werklohn und eine Gegenforderung auf Schadensersatz wegen Fertigstellungsmehrkosten aus einem anderen Vertragsverhältnis aufrechenbar gegenüberstehen, die Herstellung der Aufrechnungslage gläubigerbenachteiligend ist.

    Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann die gläubigerbenachteiligende Wirkung, die mit der Herstellung einer Aufrechnungslage eintritt, selbständig angefochten werden (zur Konkursordnung bereits BGH, Urteil vom 5. April 2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233, 236; zur Insolvenzordnung BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 – IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674 Rn. 30 ff; vom 22. Oktober 2009 – IX ZR 147/06, WM 2009, 2394 Rn. 11 ff; ebenso BFH, ZIP 2011, 181 Rn. 26 bis 29) . Die gemäß § 129 Abs. 1 InsO erforderliche Gläubigerbenachteiligung ist beim Herstellen der Aufrechnungslage regelmäßig schon deshalb zu bejahen, weil die Forderung der Masse im Umfang der Aufrechnung zur Befriedigung einer einzelnen Insolvenzforderung verbraucht wird und insoweit nicht mehr für die Verteilung der Masse zur Verfügung steht. Der Masse entgeht dadurch die Differenz zwischen dem Nennwert der Forderung der Masse und der Quote auf die Gegenforderung des Insolvenzgläubigers (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 – IX ZR 28/03, NZI 2004, 82, 83; vom 19. November 2013 – II ZR 18/12, NZI 2014, 114 Rn. 14; MünchKomm-InsO/Lohmann/Reichelt, 4. Aufl., § 96 Rn. 46).

    Eine Kündigung hat die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger zur Folge, wenn sie – wie hier – zu der Möglichkeit der Aufrechnung führt, welche die Hauptforderung der Gesamtheit der Gläubiger entzog (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 – IX ZR 191/12, NZI 2013, 694 Rn. 6). In der Möglichkeit der Befriedigung durch Aufrechnung, welche den üblicherweise eintretenden Zufluss des Werklohns für die erbrachten Arbeiten an die haftende Masse ausschließt, wodurch die anderen Gläubiger benachteiligt werden, liegt eine objektive Gläubigerbenachteiligung (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 – IX ZR 155/08, BGHZ 190, 201 Rn. 27). Eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet im Insolvenzverfahren grundsätzlich nicht statt; eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist im Insolvenzanfechtungsrecht grundsätzlich nicht zulässig. Vielmehr ist der Eintritt der Gläubigerbenachteiligung isoliert in Bezug auf die konkret bewirkte Minderung des Aktivvermögens oder die Vermehrung der Passiva des Schuldners zu beurteilen (BGH, Urteil vom 7. Mai 2013, aaO Rn. 7). Daher schließt es die Gläubigerbenachteiligung nicht aus, wenn die Werklohnforderung, gegen die die Beklagte aufgerechnet hat, erst durch die angefochtene Rechtshandlung fällig geworden ist (BGH, Urteil vom 7. Mai 2013, aaO).

    21. November 2023

    OLG Düsseldorf zur Maklerprovision bei Erwerb durch Dritten

    Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 20.10.2023, Az. 7 U 45/22 entschieden, dass es zur Begründung einer Provisionspflicht des Maklerkunden nicht genügt, wenn an seiner Stelle eine Gesellschaft, an der der Maklerkunde nicht beteiligt ist, das nachgewiesene Objekt erwirbt und den Maklerkunden danach als Arbeitnehmer (hier: als Projektleiter des nachgewiesenen Objekts) einstellt. Dies gilt auch dann, wenn der Maklerkunde zuvor erwerbslos war.

    Ein Schadensersatzanspruch wegen treuwidriger Weitergabe des Nachweises an einen Dritten setzt voraus, dass der Makler schlüssig dazu vorträgt, dass es ihm gelungen wäre, die im Prozess geltend gemachte Provision durch Nachweis desselben Objekts an einen anderen Kunden zu erwerben, so das OLG weiter.

    Das OLG Düsseldorf verwies in seiner Entscheidung allerdings auch darauf, dass nach dem Wortlaut des § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB der Maklerkunde zwar nicht zwingend selbst Partner des Hauptvertrags zu werden braucht, um den Lohnanspruch auszulösen (vgl. BGH, NJW-RR 1996, 1459 [1460]; NJW 1998, 62 [63]). Ein solcher Anspruch kann vielmehr auch dann entstehen, wenn der abgeschlossene Hauptvertrag aus der Sicht des Kunden wirtschaftlich gleichwertig ist mit dem Erfolg, wie er beabsichtigt war. Beim Erwerb des nachgewiesenen Objekts durch einen Dritten kann die wirtschaftliche Identität der Verträge bejaht werden, sofern zwischen dem Maklerkunden und dem Dritten besonders enge persönliche oder besonders ausgeprägte wirtschaftliche Beziehungen bestehen. Dabei sind stets die Besonderheiten des Einzelfalls maßgebend. Ob eine wirtschaftliche Identität vorliegt, ist in erster Linie eine Frage der tatrichterlichen Beurteilung (stRspr, BGH NJW 2019, 1226 Rn. 23, 24; BGH NJW 1995, 3311; NJW-RR 2004, 851 [852]; BGH, NJW 2008, 651 Rn. 16), nach der der Senat vorliegend nicht zu der von der Klägerin erstrebten Einschätzung gelangt.

    Maßgeblich für die Bejahung eines Provisionsanspruchs ist, dass der Maklerkunde im Hinblick auf seine Beziehungen zu dem Erwerber gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn er sich darauf beriefe, der ursprünglich von ihm erstrebte Vertrag sei nicht mit ihm, sondern mit einem Dritten abgeschlossen worden (BGH, NJW-RR 2004, 851 [852] mwN; NJW-RR 2014, 1272 Rn. 19). Ein solcher Ausnahmetatbestand kommt nicht allein in ausgesprochenen Umgehungsfällen in Betracht, wenn also der Maklerkunde bewusst nur vorgeschoben wird und das Objekt von vornherein durch einen nicht an den Maklervertrag gebundenen Dritten erworben werden soll. Entscheidend ist vielmehr, dass bei besonders engen persönlichen oder wirtschaftlichen Bindungen der Vertragsschluss dem Maklerkunden im wirtschaftlichen Erfolg häufig ähnlich zugutekommt wie ein eigener, der Abschluss des Vertrags darum auch für die Verpflichtung zur Zahlung einer Maklerprovision einem eigenen Geschäft gleichzusetzen ist. Der Kunde kann nicht die Vorteile, die sich aus der Tätigkeit des von ihm beauftragten Maklers ergeben, für sich in Anspruch nehmen, die damit verbundenen Nachteile, das heißt die Zahlung eines Maklerlohns, jedoch ablehnen (BGH, NJW-RR 2004, 851 [852]).

    Umstände solcher Art können etwa vorliegen, wenn der Kunde an dem abgeschlossenen Geschäft selbst weitgehend beteiligt ist, wenn zwischen dem Kunden und dem Erwerber eine feste, auf Dauer angelegte, in der Regel familien- oder gesellschaftsrechtliche Bindung besteht (BGH NJW 2019, 1226; BGH NJW-RR 2004, 851 [852]).

    Eine derart enge Verbindung, die die Annahme einer wirtschaftlichen Identität im vorliegend zu beurteilenden Einzelfall rechtfertigen würde, konnte der Senat im entschiedenen Fall in der Gesamtschau der von den Parteien vorgetragenen Umstände und nach Durchführung einer Beweisaufnahme allerdings nicht erkennen.

    14. November 2023

    Zur Beweislast für die Vereinbarung einer Baukostenobergrenze

    Der BGH hat mit Beschluss vom 02.08.2023, Az. VII ZR 848/21 die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des OLG Koblenz vom 22.07.2021, Az. 3 U 1804/20, welcher sich mit der Beweislast für die Vereinbarung einer Baukostenobergrenze auseinandersetzte, zurückgewiesen.

    Nach Ansicht des OLG Koblenz, welche vom BGH nicht beanstandet wurde, ist der Architekt zwar verpflichtet, die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten des Bauwerks zu beachten. Dabei muss er nicht nur genau vereinbarte Baukostenobergrenzen einhalten, sondern ist auch dazu verpflichtet, die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen.

    Bestreitet allerdings der Architekt die Vereinbarung einer Baukostenobergrenze, muss der Auftraggeber, der verlangt, so gestellt zu werden, als wäre diese eingehalten worden, die behauptete Vereinbarung beweisen. Der Auftraggeber trägt die Darlegungs- und Beweislast für eine von ihm behauptete Beschaffenheitsvereinbarung.

    Macht der Auftraggeber Schadensersatz wegen der Überschreitung einer vereinbarten Baukostenobergrenze geltend, hat er den Schaden substanziiert darzulegen. Hat die Baumaßnahme offenkundig zu einer umfangreichen Wertsteigerung geführt, gehört dazu auch, spezifiziert darzustellen, dass diese Steigerung hinter den aufgewendeten Baukosten zurückbleibt.

    6. November 2023

    Gegenseitige Beleidigungen von Wohnungseigentümern als WEG-Sache?

    Der BGH hatte sich mit Urteil vom 22.09.2023, Az. V ZR 254/22 mit der Frage zu befassen, ob es sich um eine WEG-Sache handele, wenn ein Wohnungseigentümer einen anderen Wohnungseigentümer beleidigt.

    Von der Beurteilung dieser Frage hängt u. a. die gerichtliche Zuständigkeit z. B. hinsichtlich eines Rechtsmittel ab.

    In Fällen, in denen ein Wohnungseigentümer einen anderen Wohnungseigentümer auf Unterlassung oder Schadensersatz wegen einer Äußerung in Anspruch nimmt, handelt es sich nach Ansicht des BGH nur dann um eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit i.S.d. § 43 Nr. 1 WEG a.F. (bzw. § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG), wenn die Äußerung in einer Eigentümerversammlung oder Beiratssitzung getätigt wurde. Dies gilt unabhängig von Inhalt und Anlass der Äußerung (Fortentwicklung von Senat, Beschluss vom 17.11.2016 – V ZB 73/16, Rz. 12, IMR 2017, 81 = MDR 2017, 78).

    30. Oktober 2023

    OLG München zur Verwirkung von Mängelbeseitigungsansprüchen

    Das OLG München hat sich mit Beschluss vom 19.10.2023, Az. 28 U 3344/23 Bau mit der Verwirkung von Mängelbeseitigungsansprüchen befasst.

    Auch wenn die Abnahme fehlschlägt, bestehen Mängelansprüche der Erwerber nicht zeitlich unbeschränkt fort. Die Erwerber können ihre Mängelansprüche verwirken, so das OLG.

    Allein ein erheblicher Zeitablauf reicht nicht aus, um von einer Verwirkung der Mängelansprüche auszugehen. Maßgeblich ist jeweils eine Gesamtschau der konkreten Umstände des Einzelfalls.

    Die Verwendung einer unwirksamen Abnahmeklausel durch den Bauträger steht der Verwirkung der Mängelansprüche nicht entgegen.

    Die im vorliegenden Fall zu behandelnde – eher rechtspolitische – Fragestellung ist, ob im Hinblick auf eine fehlgeschlagene Abnahme Mängelansprüche zeitlich unbeschränkt fortbestehen.

    Dies ist aus Sicht des Senats mit den Gründen der Rechtssicherheit und der Billigkeit nicht in jedem Fall zu vereinbaren. Der 28. Zivilsenat hat in diversen Entscheidungen hierbei aber deutlich gemacht, dass allein auch ein erheblicher Zeitablauf nicht ausreichend ist, die Verwirkung die Ausnahme darstellt und diese auf besondere und atypische Einzelfälle beschränkt ist. Maßgeblich ist jeweils eine Gesamtschau der konkreten Umstände des Einzelfalls.

    Mit der Verjährung hat der Gesetzgeber ein Rechtsinstitut geschaffen, das aus Gründen des Schuldnerschutzes und vor allem des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit allgemein als zwingend erforderlich anerkannt ist, eine spezialgesetzliche Ausformulierung von Treu und Glauben darstellt und letztlich auch öffentliche Interessen schützt.

    Der Gesetzgeber hat sich hierbei wertend entschieden, den Aspekt der Verjährung auf Ansprüche i.S.d. § 194 BGB zu beschränken und gerade das gesetzliche Regelungskonzept der §§ 197, 199, 200 f. BGB zeigt, dass grundsätzlich keine Ausnahmen gewollt sind und sogar Zustände, wie z.B. das Eigentum, betroffen sein können (§ 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

    Auch die §§ 438 Abs. 3, 634a Abs. 3 BGB zeigen, dass sogar bei einem arglistigen (meist gleichzeitig deliktischem) Verhalten den Aspekten des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit immanente Bedeutung zugemessen wird und eine Verjährung in Betracht kommt.

    Gleiche Erwägungen gelten im Hinblick auf die Dauer der Verjährungsfristen. Auch insoweit hat der Gesetzgeber Wertungsentscheidungen dahingehend getroffen, welche Vertragsseite das Risiko in Richtung der Lebensdauer von Wirtschaftsgütern tragen muss. In Bausachen wird eine Gewährleistung als nicht mehr gerechtfertigt angesehen, wenn sich nicht innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren Mängel zeigen.

    Zur Überzeugung des Senats müssen diese Wertungen bei der Anwendung des § 242 BGB einfließen, um unbillige Ergebnisse zu korrigieren.

    Im vorliegenden Fall prägen folgende tatsächliche Momente die Entscheidung:

    aa) Die erhebliche Zeitdauer von etwa 20 Jahren, gemessen zwischen Übergabe im Jahr 2001 und den Beanstandungen der streitgegenständlichen Mängel im Jahr 2021.

    Berücksichtigt man die Wertung in § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB ist das Zeitmomentum das Vierfache der regulären Verjährungsfrist überschritten und sogar im Strafrecht kommt der doppelten Verjährungsfrist erhebliche Rechtsbedeutung zu (§ 78c Abs. 3 S. 2 StGB).

    In § 199 Abs. 4 BGB ist eine allgemeine Verjährungshöchstfrist von 10 Jahren vorgesehen.

    bb) Die Besteller – und diesem Gesichtspunkt kommt erhebliches Gewicht zu – handelten im Bewusstsein (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB), dass ihnen potentiell Ansprüche zustehen.

    So haben sie von ihrem Recht Gebrauch gemacht, die fertig gestellte Sache auf ihre Mangelhaftigkeit hin zu untersuchen, Mängel wurden festgestellt, diese wurden rechtlich geltend gemacht und durchgesetzt.

    Die Situation ist somit nicht im Ansatz mit einer Fallgestaltung vergleichbar, in der ein Gläubiger keine Kenntnis von seiner Rechtsposition hat, von dieser erst später erfährt und dessen Unkenntnis daher schützenswert scheint (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

    cc) Abnahmeklauseln – wie hier verwendet – waren zum Zeitpunkt der Errichtung des gegenständlichen Objekts die Regel und wurden notariell beurkundet.

    Die Rechtsprechung hat – bis heute – erhebliche Schwierigkeiten im Umgang mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums bei Wohnungseigentumsanlagen, ein Umstand, der durch die Nachzügler-Rechtsprechung noch verschärft wird.

    Einem Unternehmer kann daher bei einer Gesamtbetrachtung nicht der Vorwurf gemacht werden, sich unredlich verhalten zu haben.

    Diesen, im Hinblick auf die Unwirksamkeit der Abnahmeklauseln, für alle Zeit zu sanktionieren, ist eher eine angloamerikanische Betrachtungsweise.

    Im deutschen Zivilrecht neigt man stattdessen zu hypothetischen Erwägungen und im vorliegenden Fall wäre dann ausgeschlossen, dass die Klägerin für die geltend gemachten Mängel noch Ersatz fordern könnte. Die Klägerin hat umfassend zum Zeitpunkt des vermeintlichen Verjährungseintritts die Sache untersucht. Da eine positive Untersuchung stattfand und sich – in Richtung der streitgegenständlichen Mängel – weder Mängelsymptome gezeigt haben, noch Mängelursachen festgestellt wurden, ist nicht ersichtlich, dass sie durch die unwirksame Abnahmeklausel Nachteile erlitten hätte.

    Auch die konkrete Form der Abnahmeklausel ist zu berücksichtigen.

    Die Rechtsprechung sieht formularmäßige Klauseln zur Abnahme kritisch, da das Rechtsinstitut der Abnahme nicht nur eine Pflicht des Bestellers ist, sondern gleichzeitig dessen Recht, dem überragende Bedeutung zukommt.

    Im konkreten Fall sah der Vertrag vor, dass der Besteller unwiderruflich einen Sachverständigen wählt, der die Abnahme erklärt. Auch wenn insoweit die Klausel im Hinblick auf die nicht gegebene Widerruflichkeit nicht ausreichend dem gesetzlichen Wertbild entspricht, wurde zumindest gewährleistet, dass das Prüfrecht des Dritten in der Bestellersphäre verankert war.

    Der Senat misst dem Umstand, dass die Besteller / Klägerin zweifach das Werk über einen Sachverständigen prüfen ließ und die Beklagte jeweils die dort festgestellten Mängel beseitigt hat, erhebliches Gewicht zu.

    Auch wurden, soweit die Klägerin ohne Einsatz eines Sachverständigen Mängel gerügt hat, diese abgearbeitet.

    (a) Das Objekt wurde unmittelbar nach der Übergabe am 22.02.2001 durch den Sachverständigen W. geprüft, der nach einer weiteren Begehung im Mai 2001 eine mehrseitiges „Mängelprotokoll“ erstellte.

    (b) Vier Jahre später beauftragte die Klägerin den Sachverständigen ###, der 2005 insgesamt 140 Positionen rügte.

    (c) Die Klägerin hat im Jahr 2004 Mängel an der Heizanlage gerügt.

    (d) Für einen verständigen Empfänger in der Position der Beklagten, haben die Besteller durch ihr Verhalten zum Ausdruck gebracht, abschließend die Gewährleistungssituation beurteilen zu wollen.

    Wäre eine Abnahme wirksam vorgenommen worden, wären die Sekundäransprüche 2007 verjährt. Der Einsatz eines Privatsachverständigen kurz vor dem Eintritt der vermeintlichen Verjährung bringt gegenüber der Beklagten deutlich zum Ausdruck, dass die Klägerin als Bestellerin umfassend ihr Prüfrecht wahrnehmen wollte.

    25. September 2023

    Zur Prüfungspflicht des Bodenlegers hinsichtlich der Beschaffenheit des Bodenaufbaus

    Das OLG Bamberg hatte sich mit Urteil vom 24.08.2023, Az. 12 U 58/22 mit einem Fußbodenbelag, der sich an mehreren Stellen hebt, so dass eine erhebliche Stolpergefahr besteht zu befassen, und sah diesen nach dem funktionalen Mangelbegriff als mangelhaft an.

    Ursache war nach der Beweisaufnahme eine Verseifung (Auflösung in seine Bestandteile und Funktionsverlust) des verwendeten Klebstoffs aufgrund ständiger Feuchtigkeitseinwirkung. Der nicht gegen Feuchtigkeit abgedichtete Unterbau zieht ständig Feuchtigkeit nach oben. Die Feuchtigkeit kann nicht durch den PVC-Belag entweichen und sammelt sich im Bereich der darunterliegenden Klebstoffschicht. Der Dispersionskleber hält einer anhaltenden Feuchtigkeitsbelastung nicht stand.

    Das OLG sah insoweit den Bodenleger in der Verantwortung. Ein Bodenleger muss vor der Ausführung der Arbeiten prüfen, wie der Fußbodenunterbau beschaffen ist, so das OLG. Das gilt nicht nur im VOB/B-, sondern auch im BGB-Bauvertrag. Der Unternehmer ist für den Mangel verantwortlich, wenn er seiner Pflicht zur Anmeldung von Bedenken nicht nachgekommen ist. Ein Bodenleger ist zwar nicht zur Abklärung des Untergrunds zu einer zerstörenden Prüfung durch eine Bohrkernentnahme verpflichtet (Anschluss an OLG Oldenburg, IBR 2020, 579). Er hat jedoch vor Ausführung der Arbeiten über die Beschaffenheit des Fußbodenaufbaus zu erkundigen.

    Weist die Leistung des Unternehmers Mängel auf, stellt der entgangene Gewinn einen zu ersetzenden Mangelfolgeschaden dar, der eine Pflichtverletzung und ein Verschulden voraussetzt. Die Pflichtverletzung beim Werk- bzw. Bauvertrag besteht in der Verschaffung des mangelhaften Werks. Das Verschulden wird vermutet; der Unternehmer muss sich entlasten.

    13. Juni 2023

    Aktuell: BGH hält an fiktiver Schadensberechnung im Mietrecht fest!

    Der BGH hat mit Urteil vom 19.04.2023, Az. VIII ZR 280/21 ausdrücklich an seiner bisherigen Rechtsprechung, welche eine fiktive Schadensbemessung im Mietrecht als zulässig erachtet, festgehalten.

    Das Berufungsgericht hatte die Revision ausweislich des Tenors sowie der Entscheidungsgründe wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) zugelassen, weil sich die Frage stelle, ob – ebenso wie im Werkvertragsrecht – auch im Mietrecht „eine fiktive Schadensberechnung“ nicht mehr vorzunehmen sei (LG Hagen, Urteil vom 25.06.2021, Az. 1 S 1/21).

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Schadensersatzansprüche statt der Leistung im Mietrecht auch mit den für die Instandsetzung oder -haltung oder für den Rückbau der Mietsache erforderlichen aber (noch) nicht aufgewendeten („fiktiven“) Kosten bemessen werden (vgl. BGH, Urteile vom 31. März 2021 – XII ZR 42/20, NJW-RR 2021, 803 Rn. 15; vom 12. März 2014 – XII ZR 108/13, NZM 2014, 306 Rn. 31; vom 5. März 2014 – VIII ZR 205/13, NJW 2014, 1653 Rn. 15; vom 8. Januar 2014 – XII ZR 12/13, NJW 2014, 920 Rn. 26; vom 20. Oktober 2004 – VIII ZR 378/03, NZM 2005, 58 unter II 2 [zu § 326 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung]).

    Hieran ist auch nach der vom Berufungsgericht zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht herangezogenen geänderten Rechtsprechung des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs bezüglich des Werkvertragsrechts (BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 31 ff.) weiter festzuhalten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. April 2022 – VIII ZR 364/20, NJW-RR 2022, 1307 Rn. 8 ff.; vom 10. Mai 2022 – VIII ZR 277/20, NJW-RR 2022, 1460 Rn. 14 ff.; Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 82. Aufl., § 535 Rn. 50; aA Schmidt-Futterer/ Lehmann-Richter, Mietrecht, 15. Aufl., § 538 BGB Rn. 136). Denn die Erwägungen des VII. Zivilsenats beruhen allein auf den Besonderheiten des Werkvertragsrechts und sind – auch nach dessen Ansicht – auf andere Vertragstypen nicht übertragbar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Oktober 2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 78; vom 26. April 2022 – VIII ZR 364/20, aaO Rn. 9 mwN; vom 10. Mai 2022 – VIII ZR 277/20, aaO Rn. 15 mwN).

    Der BGH weiter: zwar gibt es – anders als im Kaufrecht (vgl. BGH, Urteile vom 10. November 2021 – VIII ZR 187/20, NJW 2022, 686 Rn. 95; vom 12. März 2021 – V ZR 33/19, BGHZ 229, 115 Rn. 11; Beschlüsse vom 16. November 2021 – VIII ZR 15/20, Rn. 14; vom 13. März 2020 – V ZR 33/19, ZIP 2020, 1073 Rn. 42) – im Mietrecht einen mit § 637 Abs. 3 BGB vergleichbaren Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die (beabsichtigte) Selbstvornahme. Denn nach der Rechtsprechung des Senats besteht im laufenden Mietverhältnis unter den Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB ein Vorschussanspruch des Mieters bei Mietmängeln (vgl. Senatsurteil vom 8. Juli 2020 – VIII ZR 163/18, BGHZ 226, 208 Rn. 14 mwN) und kann auch der Vermieter vom Mieter einen Vorschuss in Höhe der erforderlichen Renovierungskosten verlangen, wenn sich der Mieter mit der Durchführung der Schönheitsreparaturen in Verzug befindet (vgl. Senatsurteil vom 15. März 2006 – VIII ZR 123/05, NJW 2006, 1588 Rn. 12 mwN; Senatsbeschlüsse vom 26. April 2022 – VIII ZR 364/20, aaO Rn. 10; vom 10. Mai 2022 – VIII ZR 277/20, aaO Rn. 16). Solche Ansprüche stehen hier zum einen nur zum Teil in Rede. Zum anderen beziehen sich sämtliche Ansprüche auf ein beendetes Mietverhältnis (vgl. auch BGH, Urteil vom 31. März 2021 – XII ZR 42/20, aaO).

    Der vom Berufungsgericht angeführten Gefahr einer Überkompensation bei fiktiver Abrechnung im Mietrecht wird zum einen dadurch begegnet, dass der Geschädigte nur die zur Erfüllung der Leistungspflicht erforderlichen Kosten beanspruchen darf. Zum anderen ist zu beachten, dass der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung bildet (vgl. BGH, Urteile vom 8. Juli 2020 – VIII ZR 163/18, BGHZ 226, 208 Rn. 42; vom 17. Januar 2023 – VI ZR 203/22, WM 2023, 422 Rn. 50; Beschluss vom 26. April 2022 – VIII ZR 364/20, aaO Rn. 19).

    Soweit der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 57 ff.) auch hinsichtlich eines solchen Schadensersatzanspruchs neben der Leistung (§ 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB) eine fiktive Schadensbemessung verneint hat, ist dies auf andere Vertragstypen außerhalb des Werkvertragsrechts nicht übertragbar. Zudem ist der dieser Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Denn im Falle des dort in Rede stehenden Anspruchs gegen einen Architekten aus § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB aufgrund von Planungs- oder Überwachungsfehlern besteht – anders als hier – eine Ersetzungsbefugnis des Bestellers nicht (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17, aaO Rn. 58 f.), so der BGH.

    13. April 2023

    OLG Brandenburg zum Schadensersatz wegen Mängeln beim VOB-Vertrag

    Das OLG Brandenburg hat mit Urteil vom 22.03.2023, Az. 4 U 190/21 einmal mehr darauf hingewiesen, daß die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen Mängel nach der Abnahme im VOB-Vertrag eine vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung voraussetzt.

    Dabei kommt ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Mängeln aus § 13 Abs. 7 VOB/B vor der Abnahme nicht in Betracht. Eine vor der Abnahme erklärte Fristsetzung kann daher nicht als Fristsetzung zur Nacherfüllung ausgelegt werden.

    Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung gegenüber dem Auftragnehmer ist entbehrlich, wenn dieser die Mängelbeseitigung endgültig und ernsthaft verweigert.

    24. Januar 2023

    Bundesarbeitsgericht zur Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers bei Verletzung der Hinweispflicht auf Ausschlussfristen

    Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 22.09.2022, Az. 8 AZR 4/21 erneut darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber, welcher mit seiner Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG aF in Verzug kommt, nach § 280 Abs. 1 und Abs. 2, § 286 BGB verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer den dadurch adäquat-kausal verursachten Schaden zu ersetzen. Der Schadensersatzanspruch ist in Höhe des erloschenen Vergütungsanspruchs begründet, wenn dieser nur wegen der Versäumung der Ausschlussfrist erloschen ist und bei gesetzmäßigem Nachweis seitens des Arbeitgebers nicht untergegangen wäre (BAG 30. Oktober 2019 – 6 AZR 465/18 – Rn. 47, BAGE 168, 254; 5. November 2003 – 5 AZR 676/02 – zu III 3 a der Gründe; 17. April 2002 – 5 AZR 89/01 – zu III 4 b der Gründe, BAGE 101, 75).

    Bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG aF ist grundsätzlich zu vermuten, dass der Arbeitnehmer die Ausschlussfrist beachtet hätte, wenn er auf sie hingewiesen worden wäre (vgl. BAG 30. Oktober 2019 – 6 AZR 465/18 – Rn. 47, BAGE 168, 254; für einen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG aF vgl. auch: BAG 21. Februar 2012 – 9 AZR 486/10 – Rn. 35; 17. April 2002 – 5 AZR 89/01 – zu III 4 b der Gründe, BAGE 101, 75). Diese Auslegung des Nachweisgesetzes ist geboten, um den Zweck der bis 31. Juli 2022 geltenden Nachweisrichtlinie 91/533/EWG vom 14. Oktober 1991, den Arbeitnehmer vor Unkenntnis seiner Rechte zu schützen, wirksam zur Geltung zu bringen. Der Arbeitnehmer könnte im Regelfall kaum nachweisen, dass er bei ordnungsgemäßem Verhalten des Arbeitgebers die Ausschlussfrist beachtet hätte. Dem Arbeitgeber bleibt die Möglichkeit, diese tatsächliche Vermutung zu widerlegen (BAG 17. April 2002 – 5 AZR 89/01 – aaO).


    Dabei ersetzt die Vermutung aufklärungsgemäßen Verhaltens als Beweisregel allerdings nicht den Parteivortrag. Die Tatsachen für die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden hat der Arbeitnehmer darzutun (BAG 20. Juni 2018 – 4 AZR 235/15 – Rn. 23; 20. April 2011 – 5 AZR 171/10 – Rn. 27, BAGE 137, 375; 5. November 2003 – 5 AZR 676/02 – zu III 3 c der Gründe).

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