Ihr-Recht-Blog

14. Mai 2024

BGH zur Eigenbedarfskündigung bei sog. „Mischnutzung“

Der BGH hat mit Urteil vom 10.04.2024, Az. VIII ZR 286/22 seine Rechtsprechung zur Eigenbedarfskündigung bei sog. „Mischnutzung“ – siehe Senatsurteil vom 29.03.2017, Az. VIII ZR 45/16, IMR 2017, 261 – bestätigt.

Beabsichtigt der Vermieter, die Mietwohnung nicht nur zu Wohnzwecken zu beziehen, sondern dort zugleich überwiegend einer (frei-)beruflichen Tätigkeit nachzugehen (hier: Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei), wird es für das Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Beendigung des Mietverhältnisses i.S.v. § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB regelmäßig ausreichen, dass ihm bei verwehrtem Bezug ein beachtenswerter beziehungsweise anerkennenswerter Nachteil entstünde, so der BGH in seiner aktuellen Entscheidung.

Höhere Anforderungen gelten nicht deshalb, weil der Vermieter die an den Mieter überlassene Wohnung nach deren Umwandlung in Wohnungseigentum erworben und die Kündigung innerhalb eines Zeitraums erklärt hat, welcher der für Eigenbedarfs- und Verwertungskündigungen geltenden Kündigungssperrfrist gem. § 577a Abs. 1, 2 BGB entspricht.

2. April 2024

BGH zur Unwirksamkeit formularmäßiger Quotenabgeltungsklauseln bei Schönheitsreparaturen

Der BGH hat mit Urteil vom 06.03.2024, Az. VIII ZR 79/22 entschieden, dass eine formularmäßige Quotenabgeltungsklausel in einem Wohnraummietvertrag den Mieter nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt und daher unwirksam ist, weil sie von dem Mieter bei Vertragsschluss verlangt, zur Ermittlung der auf ihn bei Vertragsbeendigung zukommenden Kostenbelastung mehrere hypothetische Betrachtungen anzustellen, die eine sichere Einschätzung der tatsächlichen Kostenbelastung nicht zulassen (Bestätigung von Senatsurteil vom 18.03.2015 – VIII ZR 242/13, IMR 2015, 268).

Allerdings, so der BGH weiter, kann eine individualvertraglichen Vereinbarung einer Quotenabgeltungsklausel in einem Wohnraummietvertrag wirksam sein (im Anschluss an Senatsurteil vom 16.06.2010 – VIII ZR 280/09, Rz. 9, IBRRS 2010, 2857 = IMRRS 2010, 2086 = NJW-RR 2010, 1310).

Die Bestimmung des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB ist dispositiv, so der BGH (vgl. Senatsurteile vom 8. Juli 2020 – VIII ZR 163/18, aaO, und VIII ZR 270/18, aaO). Die Pflicht zur Ausführung von Schönheitsreparaturen kann deshalb sowohl im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen – insoweit allerdings eingeschränkt (vgl. Senatsurteile vom 18. März 2015 – VIII ZR 185/14, BGHZ 204, 302 Rn. 15, 35; vom 22. August 2018 – VIII ZR 277/16, NJW 2018, 3302 Rn. 20; vom 8. Juli 2020 – VIII ZR 163/18, aaO Rn. 15) – als auch individualvertraglich (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 40; Staudinger/V. Emmerich, BGB, Neubearb. 2021, § 535 Rn. 109; MünchKommBGB/Häublein, 9. Aufl., § 535 Rn. 146; BeckOK-Mietrecht/Siegmund, Stand: 1. November 2023, § 535 Rn. 5246; siehe auch Senatsurteil vom 7. Juni 1989 – VIII ZR 91/88, BGHZ 108, 1, 8 [zu Kleinreparaturklauseln]) auf den Mieter übertragen werden. Hiervon ausgehend kann nach der Rechtsprechung des Senats eine Quotenabgeltungsklausel zwar nicht im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen wirksam zum Inhalt des Wohnraummietvertrags gemacht werden. Sie kann jedoch grundsätzlich individualvertraglich wirksam zwischen den Mietvertragsparteien vereinbart werden (vgl. bereits Senatsurteil vom 16. Juni 2010 – VIII ZR 280/09, NJW-RR 2010, 1310 Rn. 9; ebenso BeckOK-BGB/Zehelein, Stand: 1. November 2023, § 535 Rn. 445). Die Bestimmung des § 556 Abs. 4 BGB steht dem nicht entgegen.

Allerdings, so der BGH weiter, ist für ein Aushandeln der die Quotenabgeltungsklausel enthaltenen Vertragsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB erforderlich, dass der Verwender die betreffende Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und sich deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung der Klausel bereit erklärt (BGH, Urteil vom 13. März 2018 – XI ZR 291/16, WM 2018, 1046 Rn. 15; Beschlüsse vom 20. November 2012 – VIII ZR 137/12, WuM 2013, 293 Rn. 7; vom 19. März 2019 – XI ZR 9/18, NJW 2019, 2080 Rn. 14). Allein die vorliegend durch die Beklagte erfolgte Eröffnung von Wahlmöglichkeiten zwischen mehreren vorformulierten Vertragsbedingungen macht die vom Vertragspartner – hier den Klägern – gewählte Alternative grundsätzlich noch nicht zu einer Individualabrede (vgl. BGH, Urteile vom 17. Februar 2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 Rn. 18 [zum Stellen von Vertragsbedingungen]; vom 10. Oktober 2013 – VII ZR 19/12, NJW 2014, 206 Rn. 19 f.). Vielmehr muss auch hier der Vertragspartner des Klauselverwenders Gelegenheit erhalten, alternativ eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung einzubringen (vgl. BGH, Urteile vom 20. Januar 2016 – VIII ZR 26/15, NJW 2016, 1230 Rn. 25 mwN [zum Stellen von Vertragsbedingungen]; vom 13. März 2018 – XI ZR 291/16, aaO Rn. 16; BeckOK-BGB/Zehelein, Stand: 1. November 2023, § 535 Rn. 246; Erman/Looschelders, BGB, 17. Aufl., § 305 Rn. 21). Dies bedarf im Streitfall weiterer Aufklärung, so der BGH, was zur Zurückverweisung des Rechtsstreites führte.

    28. August 2023

    LG Frankfurt zur ordentlichen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen offener Betriebskostennachzahlungen

    Das LG Frankfurt/Main hat mit Urteil vom 09.06.2023, Az. 2-11 S 13/23 entschieden, dass eine ordentliche Kündigung aufgrund von Zahlungsrückständen in Betracht kommen kann, wenn sich der Mieter mit einem Betrag von mehr als einer Monatsmiete mindestens einen Monat lang im Verzug befindet.

    Insoweit kommen auch nicht gezahlte abgerechnete Betriebskosten, auf die eine fristlose Kündigung nicht gestützt werden kann, als Grundlage einer auf Zahlungsverzug gestützten ordentlichen Kündigung in Betracht. Grundsätzlich trifft den Vermieter dabei die Darlegungs- und Beweislast für die inhaltliche Richtigkeit der erhobenen Forderung, also für die richtige Erfassung, Zusammenstellung und Verteilung der angefallenen Betriebskosten auf die einzelnen Mieter.

    Der Mieter kann die erfolgte Abrechnung des Vermieters nicht einfach bestreiten. Vielmehr kann er die Zahlen in der Abrechnung prozessrechtlich nur beachtlich bestreiten, wenn er vorher von seinem Recht auf Belegeinsicht Gebrauch gemacht hat und konkrete Einwände gegen die Berechnung erhebt.

    Das Gericht kann dann zwar eine Räumungsfrist auch ohne Vorliegen eines Antrags von Amts wegen anordnen, wobei dies insbesondere zu erwägen ist, wenn aus dem Prozessstoff für das Gericht ohne Weiteres erkennbar ist, dass der Schuldner mit einer Räumung ohne Räumungsfrist nicht zu rechnen brauchte. Eine Amtsermittlung muss das Gericht diesbezüglich aber nicht betreiben. Beruft sich der Mieter darauf, dass es ihm nicht möglich sei, bis zur voraussichtlichen Zwangsräumung durch den Gläubiger eine angemessene Ersatzwohnung zu finden, muss er grundsätzlich substanziiert darlegen, dass er seine Obliegenheiten zur Ersatzwohnraumsuche erfüllt hat.

    22. Juni 2023

    BGH zum Betretungsrecht des Vermieters bei Veräußerungsabsicht

    Der BGH hat mit Urteil vom 26.04.2023, Az. VIII ZR 420/21 entschieden, dass eine vertragliche, aus § 242 BGB herzuleitende Nebenpflicht des Wohnraummieters besteht, dem Vermieter – nach entsprechender Vorankündigung – den Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren, wenn es hierfür einen konkreten sachlichen Grund (hier: beabsichtigte Veräußerung der Wohnung) gibt. Eine solche Pflicht kann sich zudem aus einer entsprechenden Vereinbarung im Mietvertrag ergeben (im Anschluss an Senatsurteil vom 04.06.2014 – VIII ZR 289/13, Rz. 16 f., 20, NJW 2014, 2566 = IMR 2014, 366).

    13. Juni 2023

    Aktuell: BGH hält an fiktiver Schadensberechnung im Mietrecht fest!

    Der BGH hat mit Urteil vom 19.04.2023, Az. VIII ZR 280/21 ausdrücklich an seiner bisherigen Rechtsprechung, welche eine fiktive Schadensbemessung im Mietrecht als zulässig erachtet, festgehalten.

    Das Berufungsgericht hatte die Revision ausweislich des Tenors sowie der Entscheidungsgründe wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) zugelassen, weil sich die Frage stelle, ob – ebenso wie im Werkvertragsrecht – auch im Mietrecht „eine fiktive Schadensberechnung“ nicht mehr vorzunehmen sei (LG Hagen, Urteil vom 25.06.2021, Az. 1 S 1/21).

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Schadensersatzansprüche statt der Leistung im Mietrecht auch mit den für die Instandsetzung oder -haltung oder für den Rückbau der Mietsache erforderlichen aber (noch) nicht aufgewendeten („fiktiven“) Kosten bemessen werden (vgl. BGH, Urteile vom 31. März 2021 – XII ZR 42/20, NJW-RR 2021, 803 Rn. 15; vom 12. März 2014 – XII ZR 108/13, NZM 2014, 306 Rn. 31; vom 5. März 2014 – VIII ZR 205/13, NJW 2014, 1653 Rn. 15; vom 8. Januar 2014 – XII ZR 12/13, NJW 2014, 920 Rn. 26; vom 20. Oktober 2004 – VIII ZR 378/03, NZM 2005, 58 unter II 2 [zu § 326 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung]).

    Hieran ist auch nach der vom Berufungsgericht zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht herangezogenen geänderten Rechtsprechung des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs bezüglich des Werkvertragsrechts (BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 31 ff.) weiter festzuhalten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. April 2022 – VIII ZR 364/20, NJW-RR 2022, 1307 Rn. 8 ff.; vom 10. Mai 2022 – VIII ZR 277/20, NJW-RR 2022, 1460 Rn. 14 ff.; Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 82. Aufl., § 535 Rn. 50; aA Schmidt-Futterer/ Lehmann-Richter, Mietrecht, 15. Aufl., § 538 BGB Rn. 136). Denn die Erwägungen des VII. Zivilsenats beruhen allein auf den Besonderheiten des Werkvertragsrechts und sind – auch nach dessen Ansicht – auf andere Vertragstypen nicht übertragbar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Oktober 2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 78; vom 26. April 2022 – VIII ZR 364/20, aaO Rn. 9 mwN; vom 10. Mai 2022 – VIII ZR 277/20, aaO Rn. 15 mwN).

    Der BGH weiter: zwar gibt es – anders als im Kaufrecht (vgl. BGH, Urteile vom 10. November 2021 – VIII ZR 187/20, NJW 2022, 686 Rn. 95; vom 12. März 2021 – V ZR 33/19, BGHZ 229, 115 Rn. 11; Beschlüsse vom 16. November 2021 – VIII ZR 15/20, Rn. 14; vom 13. März 2020 – V ZR 33/19, ZIP 2020, 1073 Rn. 42) – im Mietrecht einen mit § 637 Abs. 3 BGB vergleichbaren Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die (beabsichtigte) Selbstvornahme. Denn nach der Rechtsprechung des Senats besteht im laufenden Mietverhältnis unter den Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB ein Vorschussanspruch des Mieters bei Mietmängeln (vgl. Senatsurteil vom 8. Juli 2020 – VIII ZR 163/18, BGHZ 226, 208 Rn. 14 mwN) und kann auch der Vermieter vom Mieter einen Vorschuss in Höhe der erforderlichen Renovierungskosten verlangen, wenn sich der Mieter mit der Durchführung der Schönheitsreparaturen in Verzug befindet (vgl. Senatsurteil vom 15. März 2006 – VIII ZR 123/05, NJW 2006, 1588 Rn. 12 mwN; Senatsbeschlüsse vom 26. April 2022 – VIII ZR 364/20, aaO Rn. 10; vom 10. Mai 2022 – VIII ZR 277/20, aaO Rn. 16). Solche Ansprüche stehen hier zum einen nur zum Teil in Rede. Zum anderen beziehen sich sämtliche Ansprüche auf ein beendetes Mietverhältnis (vgl. auch BGH, Urteil vom 31. März 2021 – XII ZR 42/20, aaO).

    Der vom Berufungsgericht angeführten Gefahr einer Überkompensation bei fiktiver Abrechnung im Mietrecht wird zum einen dadurch begegnet, dass der Geschädigte nur die zur Erfüllung der Leistungspflicht erforderlichen Kosten beanspruchen darf. Zum anderen ist zu beachten, dass der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung bildet (vgl. BGH, Urteile vom 8. Juli 2020 – VIII ZR 163/18, BGHZ 226, 208 Rn. 42; vom 17. Januar 2023 – VI ZR 203/22, WM 2023, 422 Rn. 50; Beschluss vom 26. April 2022 – VIII ZR 364/20, aaO Rn. 19).

    Soweit der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 57 ff.) auch hinsichtlich eines solchen Schadensersatzanspruchs neben der Leistung (§ 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB) eine fiktive Schadensbemessung verneint hat, ist dies auf andere Vertragstypen außerhalb des Werkvertragsrechts nicht übertragbar. Zudem ist der dieser Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Denn im Falle des dort in Rede stehenden Anspruchs gegen einen Architekten aus § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB aufgrund von Planungs- oder Überwachungsfehlern besteht – anders als hier – eine Ersetzungsbefugnis des Bestellers nicht (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17, aaO Rn. 58 f.), so der BGH.

    30. Mai 2023

    OLG Frankfurt zum nackten Vermieter als Mietminderungsgrund

    Filed under: Mietrecht — Schlagwörter: , , , , , , , , , , — ihrrecht @ 07:45

    Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 18.04.2023, Az. 2 U 43/22 ausgeführt, daß in dem Fall, in dem sich der Vermieter unbekleidet auf dem Grundstück sonnt, hierdurch die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache nicht beeinträchtigt wird, wenn keine gezielte Einwirkung beabsichtigt ist.

    Grundsätzlich sind ästhetische oder sittlich als anstößig empfundene Einwirkungen auf ein Grundstück keine, gegebenenfalls einen Abwehranspruch nach § 906 BGB auslösende, ideelle Einwirkung, denen der Eigentümer des Grundstücks mit einem Unterlassungsanspruch begegnen kann und die, falls sie den Tatbestand des § 906 BGB erfüllten, demzufolge auch als Beeinträchtigung des Gebrauchs der Mietsache im Sinne des § 536 Abs. 1 S. 1 BGB in Betracht kommen.

    Die Begrenzung der im § 906 BGB genannten Einwirkungen ist aus den vom Gesetz angeführten Beispielen und aus der Formulierung „ähnliche Einwirkungen“ zu entnehmen. Danach sind unter Einwirkungen zunächst nur sinnlich wahrnehmbare, wenn auch unwägbare Einwirkungen zu verstehen, die entweder auf das Grundstück und die dort befindlichen Sachen schädigend einwirken, oder auf dem Grundstück sich aufhaltende Personen derart belästigen, dass ihr gesundheitliches Wohlbefinden gestört oder ein körperliches Unbehagen bei ihnen hervorgerufen wird (so das Reichgericht für eine dem Hause der damaligen Klägerin zugewandten Seite eines Umkleideraums in einem Freibad (RG, Urt. v. 08.04.1911, Az.: V 328/10, RGZ 76, S. 130 ff. (131/132))

    Von diesem Begriff der Einwirkung geht der Senat mit dem BGH (vgl. BGH, Urt. v. 07.03.1969, V ZR 169/65, BGHZ 51, S. 396-400, Rn. 6) ebenfalls aus. Er entspricht der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG, Urt. v. 27.02.1902, Az.: V 403/01, RGZ 50, S. 225 ff. (228); RG, Urt. v. 09.04.1904, Az. V 15/04, RGZ 57, S. 239 f. (240); RG, Urt. v. 08.04.1911, Az.: V 328/10, RGZ 76, S. 130 ff (131/132) und einer in der Literatur verbreiteten Auffassung (vgl. z. B. Staudinger/Seufert, BGB 11. Aufl. § 906 Rn. 12 und Staudinger/Roth, BGB (2022), § 906, Rn. 130), MünchKomm/Brückner, BGB, 8. Aufl. 2020, Rn. 58). Danach liegt in der Regel eine Einwirkung nicht vor.

    Auch unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung des BGH zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelten Grundsätze, welches begrenzt ist auf den unantastbaren persönlichen Bereich des Einzelnen, der sich in die Gemeinschaft einzufügen und auf die Rechte und Interessen anderer Rücksicht zu nehmen hat (BGH, Urt. v. 18.03.1959, Az. IV ZR 182/58, BGHZ 30, S. 7 ff, (11)), verletzt ein nur das ästhetische Empfinden eines anderen verletzender Anblick, dessen Darbietung sich nicht gezielt gegen den andern richtet, dessen Persönlichkeitsrecht i.d.R. ebenfalls nicht und führen nicht zu einem Abwehrecht des Eigentümers (BGH, Urt. v. 15.05.1970, Az.: V ZR 20/68, BGHZ 54, S. 56 ff.). Ebenso wenig sind die Abwehrrechte des Eigentümers durch die Grundsätze zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht in der Weise erweitert worden, dass sie sich auch auf die Unterbindung eines solche Eindrücke verursachenden Verhaltens des Nachbarn erstreckten.

    So hatte das Reichsgericht bereits im Jahre 1904 in den „Belästigungen der Nachbarn durch das unzüchtige Treiben in einem Grundstücke keine Einwirkung im Sinne des § 906 BGB gefunden“ (so wörtlich: RG, Urt. v. 09.04.1904, Az. V 15/04, RGZ 57, S. 239 f. (240))

    Ausnahmen sind allerdings bei gezielten Einwirkungen denkbar, die sittenwidrigen und schädigenden Charakter haben. Errichtet jemand bspw. auf seinem Grundstück an der Grenze zum Nachbargrundstück einen Galgen, an dem er eine Puppe mit der Aufschrift „Ich bin ein Drecksack“ befestigt, so kann der Nachbar die Beseitigung dieser Anlage verlangen, wenn der Galgen aus der Sicht eines neutralen Beobachters mit erkennbarer Zielrichtung auf den Nachbarn gerichtet ist (so LG Limburg a. d. Lahn, Urt. v. 19.02.1986, Az. 3 S 262/85).

    Der Vermieter hatte anlässlich des Ortstermins, den die Stelle, an der er sich vollständig unbekleidet auf eine Liege gelegt hatte, im Hof markiert. Von der der Straße … abgewandten Rückseite des Hauses konnte man allerdings durch einen Blick aus dem Fenster diesen Ort nicht sehen. Von Nebenstraße aus war dieser Ort ebenfalls nicht einzusehen, weil ein hölzerner Unterstand dem Liegeplatz Sichtschutz gibt. Man musste das Fenster aufmachen und sich weit aus dem Fenster herausbeugen, um überhaupt eine sich dort befindliche Person und die Stelle in das Blickfeld zu bekommen, die hart an der Hausmauer lag. Hinzukommt, dass bei einem Fenster, das Blickfeld durch ein unter dem Fenster befindliches Vordach weiter eingeschränkt war. Auch aus den anderen Fenstern von der Rückseite des Hauses, konnte man den Ort nicht sehen.

    Damit scheidet ein eine gezielte Einwirkung aus. Eine Beeinträchtigung dadurch, dass man den gegebenenfalls nackt sonnenden Kläger im Hof oder im Garten nur dann sieht, wenn man sich weit aus dem Fenster herausbeugt, ist nicht gegeben und rechtfertigt auch keine Mietminderung, so das OLG.

    So weit im Termin streitig geworden ist, ob der Vermieter sich, falls er sich zum Sonnenbaden in den Hof begeben wollte, zu diesem Zweck unbekleidet und damit ein sich zufällig zu diesem Zeitpunkt auf der Treppe befindlichen Bewohner oder Besucher mit seiner Nacktheit konfrontierend durch das Treppenhaus gelaufen ist, ist dies nicht bewiesen. Der Vermieter hatte in seiner Anhörung glaubhaft bekundet, dass er, wenn er sich zum Sonnenbad nach draußen habe begeben wollen, hierbei stets einen Bademantel getragen, diesen erst unmittelbar vor der Sonnenliege ausgezogen und sich dann nackt auf die Liege gelegt habe. Oft habe dabei im Bereich der Liege auch noch einen Sonnenschirm gestanden.

    Damit ist nicht bewiesen, dass der Vermieter, um die Geschäftsführerin der Mieterin mit seiner Nacktheit zu konfrontieren, unbekleidet auf dem Grundstück herumgelaufen ist.

    Das Auftreten des Vermieters im Bademantel im Treppenhaus ist dem gegenüber nicht als entsprechende unzulässige und damit einen Mietmangel rechtfertigende Beeinträchtigung zu werten, so das OLG weiter.

    2. Mai 2023

    Zur Rückforderung von Mieten durch Mieter im Sozialleistungsbezug

    Jegliche Forderung eines Beziehers von Sozialleistungen aus einem Mietverhältnis, die während des Bezugs von Sozialleistungen fällig wird, geht nach § 33 Abs. 1 SGB II auf den zuständigen Leistungsträger über, soweit sie im Falle ihrer pünktlichen Erfüllung gemäß § 22 Abs. 3 SGB II den Leistungsbezug des Folgemonats gemindert hätte. Für einen im Leistungsbezug stehenden Mieter bedeutet dies, dass er Ansprüche auf Rückzahlung rechtsgrundlos geleisteter Miete – beispielsweise wegen unter Verstoß gegen die „Mietpreisbremse“ nach §§ 556d ff. BGB überhöhter Mietforderungen oder wegen Eintritt eines Mangels, der nach § 536 BGB zur Minderung der Miete führt – nur dann im eigenen Namen geltend machen kann, wenn ihm der Leistungsträger die Forderungen nach § 33 Abs. 4 SGB II rücküberträgt.

    Entsprechend hat das LG Berlin mit Urteil vom 19.04.202, Az. 64 S 190/21 (im Anschluss an LG Hamburg, Urteil vom 31.03.2022 – 333 S 17/21, und LG Hamburg, Urteil vom 31.05.2016 – 316 S 81/15, IMRRS 2016, 1287 = GE 2016, 917 ff.) die Klage eines Mieters auf anteilige Rückzahlung der im Zeitraum September 2018 bis Juni 2020 geleisteten Miete zurückgewiesen.

    Der Kläger machte geltend, die Miete sei sittenwidrig überhöht gewesen, er beruft sich außerdem auf einen Verstoß gegen die „Mietpreisbremse“ gemäß §§ 556d ff. BGB und meint, die Miete sei im Zeitraum 15. September 2019 bis 23. März 2020 wegen eines Wasserschadens vollständig auf null gemindert gewesen. Die Mietzahlungen für den Kläger und seinen damaligen Mitmieter wurden ganz überwiegend durch das zuständige Jobcenter erbracht; die Beklagte meinte deshalb, dass die geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht dem Kläger zustünden, sondern gemäß § 33 Abs. 1 SGB II auf das Jobcenter übergegangen seien.

    Das LG Berlin hat sich der Meinung der Beklagten angeschlossen, jedoch die Revision gegen das Urteil zum BGH zugelassen.

    24. November 2022

    BGH bestätigt: Schonfristregelung ist auf die ordentliche Kündigung nicht anwendbar!

    Der BGH hat mit Urteil vom 05.10.2022, Az. VIII ZR 307/21 noch einmal bestätigt, daß die Schonfristregelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB auf die ordentliche Kündigung nicht anwendbar ist.

    Ein innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB erfolgter Ausgleich des Mietrückstands beziehungsweise eine entsprechende Verpflichtung einer öffentlichen Stelle hat lediglich Folgen für die auf § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 BGB gestützte fristlose, nicht jedoch für eine aufgrund desselben Mietrückstands hilfsweise auf § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB gestützte ordentliche Kündigung (Bestätigung von Senatsurteil vom 13.10.2021 – VIII ZR 91/20, IMR 2022, 13).

    Diese (beschränkte) Wirkung des Nachholrechts des Mieters entspricht dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, so dass der an Gesetz und Recht gebundene Richter (Art. 20 Abs. 3 GG) diese Entscheidung nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und durch eine judikative Lösung ersetzen darf, die so im Gesetzgebungsverfahren (bisher) nicht erreichbar war, so der BGH (im Anschluss an BVerfGE 69, 315, 372; 82, 6, 12 f.; Bestätigung von Senatsurteil vom 13.10.2021 – VIII ZR 91/20, Rz. 87, IMRRS 2021, 1363 = NZM 2022, 49).

    9. November 2022

    LG München zum Anspruch des Mieters auf Zustimmung zur Installation einer Wallbox

    Filed under: Mietrecht — Schlagwörter: , , , , , , , , , — ihrrecht @ 13:35

    Der Mieter hat regelmäßig Anspruch auf eine Erlaubnis zur Installation einer Wallbox für das Laden eines Elektrofahrzeugs in der Garage.

    Moralische Vorbehalte des Vermieters gegenüber der Nutzung von Elektroautos vermögen eine Unzumutbarkeit der Erlaubniserteilung nicht zu rechtfertigen.

    Das Abstellen eines E-Autos in der Garage stellt einen vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache dar. Dagegen lässt sich nicht einwenden, E-Autos würden einer erhöhten Brandgefahr unterliegen.

    Hierauf hat das LG München I mit Urteil vom 25.05.2022, Az. 14 S 16374/21 hingewiesen.

    27. September 2022

    BGH zum Streitwert einer Klage auf ordnungsgemäße Nebenkostenabrechnung

    Begehrt ein Mieter mit dem Rechtsmittel eine Verurteilung des Vermieters zur Erteilung einer ordnungsgemäßen Nebenkostenabrechnung, bemisst sich der Wert des geltend gemachten Beschwerdegegenstands gemäß §§ 2, 3 ZPO nach dem Interesse des Mieters an einem sich möglicherweise aus der Abrechnung ergebenden Rückzahlungsanspruch. Da der Mieter jedoch nur einen vorbereitenden Anspruch auf Rechnungslegung und damit auf Auskunft geltend macht, ist lediglich ein Bruchteil des Zahlungsanspruchs in Ansatz zu bringen (vgl. BGH Beschluss vom 10. Januar 2017 – VIII ZR 98/16 – MDR 2017, 725 Rn. 19 mwN; vgl. auch Senatsbeschluss vom 16. Mai 2018 – XII ZB 80/18 – FamRZ 2018, 1169 Rn. 11 mwN – zu § 1379 BGB). Insoweit gilt für Mietverhältnisse über Gewerberäume derselbe Maßstab wie bei Wohnräumen.

    Der BGH hat nunmehr in seiner Entscheidung vom 24.08.2022, Az. XII ZB 548/20 unter Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze die Bemessung mit einem Viertel des Anspruchs des Rückzahlungsbetrages als nicht rechtsfehlerhaft bezeichnet.

    Im Übrigen sei das vom Berufungsgericht bei der Bemessung des Werts der Beschwer gemäß § 3 ZPO ausgeübte tatrichterliche Ermessen im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (Senatsbeschluss vom 13. November 2019 – XII ZB 382/19 – NJW-RR 2020, 136 Rn. 9 mwN). Dabei halte sich der Ansatz eines Bruchteiles von einem Zehntel bis zu einem Viertel des Leistungsanspruchs im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

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