Das OLG Schleswig hat mit Urteil vom 05.07.2023, Az. 12 U 116/22 entschieden, dass die bloße Mangelgefahr, also die Ungewissheit über die Risiken des Gebrauchs, reicht für die Annahme eines Mangels bereits ausreicht. Der Auftraggeber muss es nicht hinnehmen, dass mit der Verwendung eines für den vereinbarten Zwecks nicht gedachten Baumaterials die erhöhte Gefahr von Schäden einhergeht.
In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hatte der Auftragnehmer unter einem Aluminiumdach eine Membran verwendet, die Feuchtigkeit aufsaugt beziehungsweise speichert. Hierzu war ein Sachverständigengutachten eingeholt worden und der Sachverständige hatte in seiner Anhörung noch einmal ausgeführt, dass unter einem Aluminiumdach keine Membran verwendet werden darf, welche Feuchtigkeit aufsaugt beziehungsweise speichert. Es könne hier Kondensat entstehen, welches sowohl das Aluminium als auch das Holz schädigen könne. Zudem werde die montierte Folie durch die Hafte und die durch die Folie geklopften Nägel perforiert. Insofern würde Feuchtigkeit nicht nur auf der Folie ablaufen, sondern dringe auch durch die Folie. Zudem sei die Polyesterbeschichtung der Folie nur bis -10⁰ C und maximal +70⁰ C temperaturbeständig, während es unter einer Aluminiumeindeckung zu Temperaturen von bis zu +80⁰ C kommen könne. Insofern gehe die Polyesterbeschichtung irgendwann kaputt, auf der das Wasser ablaufen könne.
Diese Ausführungen des Sachverständigen waren für das Gericht nachvollziehbar und überzeugend. Insbesondere in Zusammenschau mit der Tatsache, dass es sich hier um eine Dachkonstruktion handelt, bei der eine Dampfsperre zur Geschossdecke nicht eingebaut wurde und somit von unten warme feuchte Luft eindringen kann im Zusammenhang mit der Tatsache, dass ein Metalldach sehr kalt werden kann, ist für das Gericht nachvollziehbar, dass aufgrund der Kombination eines erhöhten Anfalls feuchtwarmer Luft im Zusammenhang mit der kalten Dachoberfläche ein höher Anfall von Kondensat auf der direkt unter dem kalten Aluminiumdach aufgebrachten Membran zu erwarten ist. Wenn diese im hohen Umfang das Kondensat speichert, das nicht nur zwischen Folie und Metalleindeckung, sondern auch darunter anfallen kann, so läuft das Kondensat nicht, wie z.B. bei den Strukturmatten, schnell nach unten ab, sondern wird von dem Speichervlies aufgenommen, das nach den Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eine Wasseraufnahmefähigkeit von 1 Liter/m² hat. Der Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, dass dies ein erhöhtes Risiko der Schimmelbildung mit sich bringt.
Insofern war es für den Senat nicht erforderlich festzustellen, ob es zu entsprechenden Schädigungen bereits gekommen ist und hierfür eine Bauteilöffnung durchzuführen. Für die Annahme eines Mangels reicht die bloße Mangelgefahr, also wenn Ungewissheit über die Risiken des Gebrauchs besteht (siehe auch BGH, BauR 2003, 533; BauR 2006, 382). Der Auftraggeber muss insofern nicht hinnehmen, dass mit der Verwendung eines für diesen Zweck nicht gedachten Vlieses die erhöhte Gefahr von Feuchtigkeitsschäden an der Dacheindeckung oder am Dachaufbau einhergeht. Typischerweise entstehen solche Schäden erst langfristig. Allein die Ungewissheit darüber, ob es hier letztlich zu einer Schädigung kommen wird, rechtfertigt den Anspruch auf Beseitigung des Mangels seitens des Auftraggebers, so der Senat.